Mannheim. Diskussionen, Workshops, Unternehmensevents, aber auch ein Wein-Tasting und ein Galaabend: Insgesamt 100 Formate haben Studierende der Universität Mannheim für das dreitägige Mannheim Forum unter dem Motto „Europa – Kontinent. Heimat. Staatenbündnis“ auf die Beine gestellt. Es geht bei der prominent besetzten Tagung um neue Perspektiven für Europa und um die Frage, wie sie Europa voranbringen können; das wollen rund 600 Studierende, die am Donnerstagabend zur Eröffnungsfeier im Rosengarten gekommen sind.
Auf der einen Seite ist Reisefreiheit wichtig, aber die Solidarität?
Thomas Puhl, Rektor der Universität Mannheim, blickte auf das „Doppelgesicht“ Europas, das sich während der Corona-Pandemie gezeigt habe: „Auf der einen Seite ist die Reisefreiheit total wichtig, aber die Solidarität? Wenn es hart auf hart kommt, dann gehen die Schlagbäume eben doch runter. Jeder behält seine Krankenhausbetten für sich, und man streitet sich noch, wer wo und zu welchem Preis die Masken einkaufen kann.“ Der Krieg in der Ukraine habe vieles in Europa verändert, sagt er weiter: Es gebe jetzt eine handfeste Solidarität; das Bewusstsein, dass Europa als liberale, rechtsstaatliche Demokratie eine Wertegemeinschaft ist; die Überzeugung, dass man für diese Werte einstehen und sie verteidigen muss; die Gefahr sei in vielen Staaten das schrittweise Aushöhlen der Demokratie, immer mit dem Ziel, eine bestehende Herrschaft hin zu einem autoritären Regime zu entwickeln.
Praktische und unmittelbare europäische Solidarität?
Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz betonte indes, die Stadt Mannheim betreibe ganz praktische, unmittelbare europäische Solidarität: mit der Unterstützung von Czernowitz in der Ukraine, Chisinau in der Republik Moldau und der polnischen Partnerstadt Bydgoszcz bei der Aufnahme von Geflüchteten. „Europa ist nicht Teil der Krise, sondern sie ist die Antwort“, sagte das Stadtoberhaupt.
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Der SPD-Wahlslogan von 2019, „Europa ist die Antwort“, sei wieder häufiger zu hören, sagte Katarina Barley, Vize-Präsidentin des Europäischen Parlaments. Denn heute könne niemand mehr leugnen, dass die großen aktuellen Krisen nicht mehr national zu lösen seien. „Das Tröstliche ist, dass Europa bisher aus jeder Krise gestärkt hervorgegangen ist“, sagte Barley. Als Beispiel führte sie die Maskenbeschaffung während der Corona-Pandemie an. Auch wenn sich Deutschland zunächst gegenüber Italien abgeschottet hatte, habe es nicht lange gedauert habe, bis sich Solidarität zu den Menschen in Norditalien eingestellt habe.
Das Tröstliche ist, dass Europa aus jeder Krise gestärkt hervorgegangen ist
Die EU-Vizepräsidentin warnte die Studierenden vor den zahlreichen inneren und äußeren Gefahren, die die Freiheit und Sicherheit der EU derzeit bedrohen, beispielsweise auch durch den EU-Mitgliedsstaat Ungarn. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán habe genau gewusst, wen man als erstes ausschalten müsse: die freie Presse. „Wenn es gelingt, Menschen von faktenbasierten Medien abzukoppeln, kann man machen, was man will.“ Sie forderte deshalb Engagement und Beteiligung von den Studierenden. Sie traue der Generation mehr als allen anderen zu, den Wert von Europa zu kennen und zu schätzen. Es werde im EU-Parlament viel diskutiert und gestritten. Das sei anstrengend und manchmal nervig. Aber: „Besser 100 Stunden geredet, als einmal geschossen. Das ist die Wahrheit. Und dafür gibt es auch die Europäische Union.“
In der folgenden Keynote gab Elke Benning-Rohnke, Geschäftsführende Gesellschafterin von Benning & Company, Impulse für bessere Karriere- und Lebensentscheidungen. Vor allem bei alten Rollenmustern von Mann und Frau sei es an der Zeit für Veränderung. Sie ermutigte die Studierenden dazu, alte Glaubenssätze in Frage zu stellen und ungewohnte Dinge einfach mal auszuprobieren. Die Unternehmerin, Aufsichtsrätin und Vize-Präsidentin von FidAR, einem bundesweiten Verein zur Förderung einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft, ermutigte die Zuhörerinnen und Zuhörer, ihre Schwächen zu vergessen und sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. „Ein Schwein klettert nicht auf einen Baum – auch wenn es noch so lange übt.“
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