Mannheim. Es ist schon die zweite Lauf-Veranstaltung, die in Mannheim innerhalb weniger Wochen abgesagt wird: Erst kürzlich hatten die Sandbox Warriors den für Pfingstsonntag geplanten Karlsternlauf gestrichen (wir berichteten), nun zieht auch der Schwimmverein Mannheim (SVM) die Reißleine: Wegen gestiegener Kosten für eine Genehmigung und der enormen Auflagen der Stadt Mannheim sagt der SVM den „Swim & Run“ ab – ein Traditionstermin, der am 18. September am Stollenwörthweiher stattfinden sollte. „Wie die Sandbox Warriors sind auch wir von den Auflagen überrascht worden“, erklärt der Vorsitzende des SVM, Martin Seitz.
Die Warriors hatten ihren Lauf abgesagt, nachdem sie kurz zuvor erfahren hatten, dass der Termin nicht mehr allein von der Stadt, sondern auch vom Forst genehmigt werden muss: Weil das Gelände, durch das der Lauf führt, nach einer Waldreform in einen Teil Stadtwald und einen weiteren Teil Forst Baden-Württemberg gesplittet wurde und nun zwei Mal Gebühren anfallen. Zudem sind Veranstalter für die Sicherung der Strecke im Wald verantwortlich – wegen der enormen Auflagen und Klimaschäden für die Warriors nicht machbar.
Als gemeinnütziger Verein fällt es uns schwer, diese finanzielle Last zu tragen
Wochenlang versuchte der SVM nach der Absage des Karlsternlaufs, Genaueres zu den rechtlichen Vorgaben zu erfahren: Doch der Verein habe „keinerlei schriftliche Aussage zur Auflage der Verkehrssicherungspflicht“ bekommen. „Auch ist nichts auf den Seiten der Stadt Mannheim zu finden“, sagt Seitz. „Als gemeinnütziger Verein fällt es uns schwer, diese finanzielle Last für einen einzigen Wettkampf zu tragen. Und so kurzfristig können wir das personell auch nicht stemmen.“
Fakt ist: Wer den Wald betritt, ob als Spaziergänger, Jogger oder Radfahrer, tut dies laut Bundes- und Landeswaldgesetz auf eigene Gefahr. „Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht eine Haftung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht im Wald und an Waldwegen grundsätzlich nicht für waldtypische Gefahren. Dies sind umfallende Bäume, abbrechende Äste etc.“, informiert die Pressestelle der Stadt Mannheim auf Anfrage.
- Die Stadt Mannheim ist von mehr als 1800 Hektar Wald umgeben. Im Norden liegt der Käfertaler Wald, im Westen grenzen der Waldpark und die Reißinsel am Rhein an Lindenhof und Neckarau. Der Dossenwald liegt im Süden am Stadtteil Rheinau.
- Von der Mannheimer Waldfläche gehören 68 Prozent der Stadt, 15 Prozent dem Land Baden-Württemberg und 17 Prozent der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau, der Deutschen Bahn sowie Privatpersonen.
- Wer im Wald spazieren oder joggen geht, darf sich frei bewegen –auch abseits der Wege. Der Waldbesuch geschieht jedoch immer auf eigene Gefahr, informiert die Stadt Mannheim auf ihrer Internetseite.
- Das Bundeswaldgesetz regelt in Paragraf 14, Absatz 1: „Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet. Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Walde ist nur auf Straßen und Wegen gestattet. Die Benutzung geschieht auf eigene Gefahr. Dies gilt insbesondere für waldtypische Gefahren.“ Absatz 2: „Die Länder regeln die Einzelheiten. Sie können das Betreten des Waldes aus wichtigem Grund, insbesondere des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung, zum Schutz der Waldbesucher oder zur Vermeidung erheblicher Schäden oder zur Wahrung anderer schutzwürdiger Interessen des Waldbesitzers, einschränken und andere Benutzungsarten ganz oder teilweise dem Betreten gleichstellen.“
- Landeswaldgesetz Baden-Württemberg, Paragraf 37, Absatz 1: „Jeder darf den Wald zum Zwecke der Erholung betreten. Das Betreten. . . erfolgt auf eigene Gefahr.“ In Absatz 2 wird geregelt: „Organisierte Veranstaltungen bedürfen der Genehmigung durch die Forstbehörde.“
Waldbesucher gingen auf eigene Gefahr in den Wald, „in eine Situation drohender Eigengefährdung“, obwohl sie die besonderen Umstände kennen, die „eine konkrete Gefahrenlage begründen“, setzen sie sich bewusst den waldtypischen Gefahren aus, erklärt die Stadt. Diese seien laut höchstrichterlicher Rechtsprechung „solche, die sich aus der Natur oder der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes unter Beachtung der jeweiligen Zweckbestimmung ergeben“.
Erfolge das Betreten des Waldes aus wirtschaftlichen, gewerblichen oder kommerziellen Zwecken, „ist eine privatrechtliche Gestattung der Waldbesitzerin oder des Waldbesitzers sowie eine forstrechtliche Genehmigung erforderlich“, so die Stadt. Abhängig von der Art der organisierten Veranstaltung bestehe eine Verkehrssicherungspflicht auch an temporären Veranstaltungsplätzen wie Verpflegungsstationen, Sammelplätzen oder Laufstrecken.
Wie die Sandbox Warriors sind auch wir von den Auflagen überrascht worden
Dass Veranstalter für die Sicherstellung der Eignung der Fläche und Wege sorgen müssen, ist nicht neu, jedoch wurden Auflagen und Hinweise „entsprechend der aktuellen Situation und Rechtsprechung präzisiert“, so die Stadt. Grund hierfür seien die „außergewöhnliche Trockenheit“ und „viele besonders heiße Tage der letzten Jahre“, durch die viele Baumarten unter Stress geraten, was gravierende Folgen haben könne. Wegen der langanhaltenden Dürre und zusätzlicher Baumkrankheiten sei im gesamten Bereich mit Gefährdungen zu rechnen, die sich je nach Wetterlage verstärken können.
Es wird wohl in Mannheim keinen anderen Sportverein so treffen
Trotzdem seien seit der veränderten Situation „bereits einige (auch vergleichbare) Veranstaltungen mit diesen präzisierten Auflagen beantragt, durchgeführt und die Verkehrssicherung durch den Veranstaltenden übernommen worden“, berichtet die Stadt. „Aber bisher konnte uns das Forstamt nicht sagen, welche Veranstaltungen das waren“, sagt Seitz. Auf eine Anfrage dieser Redaktion sagt auch die Pressestelle, dass sie „aus datenschutzrechtlichen Gründen“ nichts dazu sagen könnte. Eine weitere Nachfrage, ob es sich dabei um gemeinnützige Veranstalter oder beispielsweise ein Waldfest einer Firma gehandelt hat, bei der möglicherweise ein ganz anderer finanzieller Rahmen dahintersteht, beantwortete die Stadt so: „Es handelt sich bei den Veranstaltenden dieser Art von Sportveranstaltungen sowohl um Vereine, Organisationen als auch Firmen.“
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Für den SVM ist die Absage der beliebten Traditionsveranstaltung jedenfalls ein herber Schlag: „Es wird wohl in Mannheim keinen anderen Sportverein so treffen, denn sämtliche anderen Triathlon-Veranstaltungen oder Läufe, die wir kennen und recherchiert haben, finden alle in offenem Gelände statt. Es sind nur der Karlsternlauf und wir, die in den Mannheimer Forst gehen.“
Für das nächste Jahr will der Verein frühzeitig in die Verhandlungen mit den betreffenden Dienststellen der Stadt Mannheim treten, „um auszuloten, inwieweit unser ,Swim & Run’ wieder stattfinden kann“. Details zur Absage will der SV demnächst auf der Homepage bekanntgeben.
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