Mannheim. Die ersten gut 40 mobilen Raumluftfiltergeräte versehen in Mannheims Schulen bereits seit etwa Mitte September ihren Dienst - vornehmlich in Räumen, die nicht oder kaum gelüftet werden können. Aber das ist nur ein Bruchteil der mehr als 1500 Klassenzimmer in der Stadt. Dank eines Förderprogramms des Landes und einer ergänzenden Förderung durch die Stadt Mannheim sind inzwischen weitere 585 Geräte bestellt. Doch bis die vor Ort eintreffen, kann es noch eine ganze Weile dauern.
Wegen der Menge der Geräte und der dadurch zu erwartenden Gesamtkosten im mittleren siebenstelligen Bereich, so die Verwaltung auf Anfrage, sei eine europaweite Ausschreibung erforderlich. Die laufe derzeit, Ende der Angebotsabgabe sei am 22. November.
Danach müssten die Angebote gesichtet und geprüft und ein Anbieter ausgewählt werden. Nach einer Widerspruchsfrist von weiteren zehn Tagen „erfolgt dann umgehend der Auftrag im Dezember“, teilt die Verwaltung mit. Allerdings: „Über mögliche Lieferfristen können wir derzeit keine Auskunft geben.“ Man habe bei Herstellern möglicher Geräte Kapazitäten abgefragt. Aufgrund dessen sei geplant, „die Lieferung von ca. 150 Geräten pro Monat von Januar bis Ende April 2021 vertraglich vorzugeben. Ob dies schlussendlich gelingt, ist derzeit nicht abzuschätzen.“
13 Schulen sehen keinen Bedarf an Luftfiltern
Mit anderen Worten: Das erklärte Ziel des Gemeinderats, alle rund 700 Räume der ersten bis sechsten Klassen mit mobilen Luftfiltergeräten auszustatten, liegt noch relativ weit entfernt. Aber so viele der kompakten Anlagen werden ohnehin nicht gebraucht. Eine Abfrage an 71 Schulen habe ergeben, dass 13 von ihnen keinen Bedarf sähen, hatte Lutz Jahre, Leiter des städtischen Fachbereichs Bildung, in der Ausschusssitzung am 28. Oktober mitgeteilt. Deshalb benötige man nur 585 Geräte.
Diese Mitteilung löste damals unter den Ausschussmitgliedern einige Irritationen aus. Es sei „unbefriedigend“, dass der Gemeinderat sich für die Anschaffung stark mache und Gelder bereitstelle - „und dass es dann doch Schulen gibt, die sie nicht wollen“, kritisierte Stadträtin Heidrun Kämper (SPD). Es sei „nicht gut, dass ein Gemeinderatsbeschluss umgangen werden kann“.
Der Beschluss werde „nicht umgangen“, entgegnete Bildungsbürgermeister Dirk Grunert: „Damit können wir unzufrieden sein, es nicht nachvollziehen, aber am Ende ist es tatsächlich die Schulleitung, die für die Schule entscheidet.“
Ein großes Problem mit dieser Aussage hat Thorsten Papendick, der Vorsitzende des Mannheimer Gesamtelternbeirats (GEB). Seiner Ansicht nach ist es keine Angelegenheit des inneren Schulbetriebs - und damit allein von der Leitung zu regeln - ob Filter angeschafft werden.
Denn sie seien „ein absolut wichtiger Baustein“, um Kinder und Lehrkräfte vor Infektionen zu schützen - und damit auch deren Sache und Sache der Eltern. Die von der Stadt angebotenen Geräte „auszuschlagen, ist nicht nur eine Entscheidung für heute, sondern für die Zukunft“. Man verpasse damit „die Möglichkeit, Räume sicher auszustatten. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.“
Nun sind die Begründungen, mit denen Schulleitungen den Bedarf an mobilen Anlagen verneinen, unterschiedlich. Einige, so Lutz Jahre, hätten bereits effektive, fest installierte raumlufttechnische Anlagen. Andere sagten, sie könnten gut durchlüften, das reiche. Und wegen der Kürze der Zeit habe sich auch nicht jede Leitung mit der Schulgemeinschaft abgestimmt.
Eine der Bildungseinrichtungen, auf die die letzten beiden Punkte zutreffen, ist die Käfertal-Grundschule. Auch dort wird - wie wohl überall in diesen Zeiten - kontrovers diskutiert. „In der Klassenstufe 3 gab es überwiegend die Befürwortung für die Einführung von Luftfiltern“, teilt eine Mutter mit, die nicht namentlich genannt werden möchte. Auch sie äußert „Unverständnis“ über die Entscheidung der Schulleiterin - und darüber, dass zuvor weder Lehrer noch Eltern gefragt worden seien.
Lüften trotz Geräten
Rektorin Christine Riedl führt auf Anfrage des „MM“ mehrere Gründe ins Feld, warum sie keinen Bedarf für mobile Luftfilter sieht. Die meisten Zimmer seien groß, „mit hohen Decken, und in den meisten Klassenzimmern zwei Fensterfronten“. Lüften sei dadurch „mehr als ausreichend“ möglich. Außerdem müsse trotz der Geräte gelüftet werden. Und die Anlagen seien für die „meist sehr geräuschempfindlichen Kinder“ eine permanente Belastung.
Sie habe ihre Argumente gegen die Beschaffung dem Elternbeirat und dem Lehrerkollegium vorgetragen. Wenn die Stadt auf einer Anschaffung bestehe, „werde ich mich nicht dagegen wehren“. Aber ohnehin würden die Luftfilter „voraussichtlich erst im Frühjahr“ eintreffen und dann „gar nicht mehr gebraucht“.
Das Elternbeiratsteam der Schule teilte auf Anfrage mit, es sei die „Interessenvertretung der gesamten Elternschaft“ und vertrete in dieser Funktion „keine eigene Meinung“. Eine Umfrage zum Thema habe „eine eher geringe Beteiligungsquote“ gehabt und „ein geteiltes Meinungsbild“ ergeben.
Dass einige Eltern bei der Umfrage nicht geantwortet haben, findet die eingangs erwähnte Mutter schade. Aber es seien auch „nicht alle Klassen befragt worden. Und bei denen, die gefragt worden sind, haben sich viele für Luftfilter ausgesprochen.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Entscheidung gegen Luftfilter falsch