Politik

Linke Mannheim: „Menschen trieb Angst vor Rechtsruck um“

Eine Partei im Aufwind – Die Linke fährt sensationelle Ergebnisse bei der Bundestagswahl ein. Wie ist aktuell dazu die Gefühlslage bei der Mannheimer Linken?

Von 
Lea Seethaler
Lesedauer: 
Heidi Reichinnek (Mitte), Spitzenkandidatin Die Linke, Jan van Aken, Spitzenkandidat und Parteivorsitzender Die Linke, und Ines Schwerdtner (l), Parteivorsitzende Die Linke, im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin. © Julian Stratenschulte/dpa

Mannheim. Eine Partei im Aufwind – Die Linke fährt sensationelle Ergebnisse bei der Bundestagswahl ein. Wie ist die Gefühlslage bei der Mannheimer Linken danach? „Natürlich freuen wir uns riesig!“, sagt Kreissprecher Sven Metzmaier auf Anfrage der Redaktion. Und neben der Freude stehe bei der hiesigen Linken schon die zentrale wie motivierte Frage im Raum: „Wie bauen wir darauf unsere Arbeit auf?“ Metzmaier findet: „Die Ausgangslage ist dazu bestens geeignet. Mit der großen Zahl an Neumitgliedern werden wir viel sichtbarer und deutlicher als vor dem Wahlkampf an die Öffentlichkeit gehen.“

Was denkt Metzmaier, woran hat das gute Ergebnis gelegen? „In Haustürgesprächen und an Infoständen hörten wir sehr oft: ,Jetzt müssen wir handeln. Und sei es nur, an die Wahlurnen zu gehen.‘ Die Menschen trieb die Angst vor dem real existierenden Rechtsruck um“, sagt er. „Die Angst, keine Stimme einer starken linken Opposition mehr zu haben und die Angst, dass ihre Themen wie etwa Klimaschutz, mehr sozialer Wohnungsbau, unbezahlbar gewordene Mieten nicht mehr im Parlament debattiert werden“, präzisiert er. Im „linken Lager“ sei klar geworden, „dass SPD und Grüne trotz seiner Handreichung an die AfD in eine Regierung unter Kanzler Merz gehen würden“, so Metzmaier. „Damit ist offensichtlich für viele Menschen eine Grenze überschritten “, sagt der Industriemechaniker.

Linke Mannheim: „Neue Aktionsformen finden und Stadtteile in den Fokus rücken“

Die Linke Mannheim will jetzt die Arbeit eines gewachsenen Kreisverbands neu strukturieren. Und auch „neue Aktionsformen finden, um die Motivation unserer vielen neuen Mitglieder aufrechtzuerhalten“, sagt Metzmaier. Außerdem deren Vorstellungen und Ideen aufnehmen und stärker die einzelnen Stadtteile in den Fokus rücken, so Metzmaier. Und er will den Schwung mitnehmen für den Landtagswahlkampf 2026.

Sven Metzmaier, Industriemechaniker aus Mannheim und Kreissprecher der Mannheimer Linken. © Lea Seethaler

Was würde sich Metzmaier für die Linke auf Bundesebene wünschen? „Die Frage hört sich einfach an. Ist sie aber nicht“, sagt er. „Natürlich wünschen wir uns, dass wir so gestärkt im Bundestag in den nächsten Jahren eine größere Rolle spielen. Dass es uns gelingt, Themen wie Mieten, Wohnungsbau, Bildung, soziale Gerechtigkeit, Mindestlohnerhöhung, Migration und so weiter wieder auf die Agenda zu setzen.“ Außerdem wolle die Partei das Thema Klimarettung stärker mit der sozialen Frage verbinden und damit auch die Akzeptanz erhöhen. Fokus soll auf Themen liegen, die im Wahlkampf nahezu keine Rollen spielten und schon zuvor dafür keine ernsthaften Lösungen in Angriff genommen wurden.“ Und: „Wir rechnen auch mit mehr medialer Aufmerksamkeit. Unseren Teil werden wir mit Sicherheit dazu beitragen“, sagt Metzmaier.

Linke Mannheim bereits vor der Wahl über der 400-Mitglieder-Marke

Bereits vor der Bundestagswahl hatte die Linke so viele Neueintritte in Mannheim, dass sie im Moment die 400 Mitglieder-Marke überschritten haben. Laut Metzmaier gab es sogar Rekorde, an einem Tag zum Beispiel 17 Neueintritte. An „normalen“ Tagen seien es zwischen zwei und sieben.

Mehr zum Thema

Alle über Landesliste

Aus Mannheim schaffen es Cademartori, Koch und Akbulut in den Bundestag

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch und Steffen Mack
Mehr erfahren
Interview

Politikwissenschaftler Marc Debus im Interview: Hindernisse bei der Regierungsbildung

Veröffentlicht
Von
Walter Serif
Mehr erfahren
Bundestagswahl

Erstwähler in Mannheim: Zwischen Stolz, Vorfreude und Frustration

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren

Seit Anfang November hatte die Linke kurz vor der Wahl bereits 189 Neueintritte verzeichnet, davon allein im Januar 63 und bereits Mitte Februar 115. Austritte seitdem nur einen, sagt Metzmaier. „Die Neueintritte fügen sich ein in den bundes- und landesweiten Trend“, so der Mannheimer. Auch im Land gäbe es einen ähnlichen Trend. „Erfreulich hier: Zuwächse auch in eher ländlichen Gegenden und in kleineren Kreisverbänden“, so Metzmaier.

Bereits vor der Wahl bemerkte Metzmaier, dass es bei den Menschen, die gegen Klimawandel-Leugnung, Rechtsruck, AfD, Trump, Musk und Co. mit ihrem Eintritt ein Statement setzen wollen, besonders in der Altersgruppe zwischen 20 und 35 Jahren angehörten. Die Neueingetretenen hatten ein Durchschnittsalter von 26 Jahren. „Die Bewegung in dieser Altersgruppe lässt sich auch am Erstarken unserer Jugendgruppe ,Linksjugend solid‘ festmachen, wobei deren Mitglieder nicht zwangsläufig auch Mitglied der Partei sein müssen“, erklärt Metzmaier.

Auch Neumitglieder wurden laut ihm gleich in den Wahlkampf eingebunden: „Sie wurden besonders über unsere Aktionsgruppen für den Wahlkampf erreicht und über Social Media“, sagt er. Ansprachen erfolgten auch über Begrüßungsanschreiben und persönliche Kontakte. Es war „deutlich festzustellen, dass viele ganz bewusst jetzt eintreten und auch gleich aktiv werden wollen – und das passiert auch.“

Soziale Medien geben Schub – auch für die Linke

Die Stimmen der jungen Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl 2025 zeigen eine deutliche Polarisierung. Laut Wahlanalysen der Meinungsforschungsinstitute Infratest dimap und Forschungsgruppe Wahlen wurde die Linke bei Frauen unter 30 Jahren zur stärksten Kraft, während junge Männer überwiegend AfD wählten. „Das hat sehr viel mit Social Media, vor allem mit Tiktok zu tun“, erklärte kürzlich Psychologe und Generationenforscher Rüdiger Maas.

Er betonte, dass über die Hälfte der jungen Wähler soziale Medien als Hauptinformationsquelle nutzten. Gerade Heidi Reichinnek und Gregor Gysi von der Linken hätten dort gerade gegen die AfD, die seit der Europawahl auf TikTok stark war, in den vergangenen Monaten stark aufgeholt und hohe Reichweiten erzielt – Reichinnek besonders durch ihre charismatische und eingängige Art, ihre Inhalte zu verbreiten.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke