Mannheim. Bei der Kommunalwahl vor zwei Wochen konnten die Mannheimerinnen und Mannheimer Kandidierende aus 13 Listen auswählen. Deren kompletten Programme kann jedoch kein Mensch alle kennen.
Vermutlich haben auch deshalb mehr als 10 000 Interessierte den Wahlhelfer genutzt, den die Technische Universität Darmstadt gemeinsam mit dem „Mannheimer Morgen“ und der Online-Plattform Voto konzipiert hat. Nun liegt die Auswertung vor. Ein Überblick.
Wie viele Menschen haben den Wahlhelfer genutzt?
Genau 11 752. Das ist zwar weniger als bei der Kommunalwahl davor, wo fast 16 000 Nutzerinnen und Nutzer das Online-Tool zum Vergleich der eigenen politischen Einstellung mit denen der Parteien und Gruppierungen aufgerufen haben. „Trotzdem ist das ein toller Erfolg“, sagt Thilo Dieing, der im Team des Darmstädter Politikprofessors Christian Stecker den Wahlhelfer mitentwickelt hat. Denn gezählt werden lediglich Personen, die alle 33 Thesen bewertet und nicht zwischendurch abgebrochen haben. Würde man diese ebenfalls in die Auswertung einbeziehen, sagt Dieing, „könnte man gut das Gleiche noch mal drauf rechnen“.

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Warum haben dieses Jahr weniger Menschen den Wahlhelfer benutzt als bei der letzten Kommunalwahl?
„Wahrscheinlich liegt das zum Teil auch an den Geschehnissen vor der Wahl“, sagt Dieing mit Blick auf die Bluttat am Mannheimer Marktplatz, bei der ein Polizist getötet worden ist. Diese schreckliche Tat und die folgenden Debatten darum hätten den medialen Fokus etwas von der Kommunalwahl weg verschoben.
Wer hat den Wahlhelfer genutzt?
„Die Nutzer sind – wie immer bei Wahlhilfen – anders zusammengesetzt als die gesamte Wahlbevölkerung“, sagt Dieing. Damit sind auch die Auswertungsergebnisse nicht repräsentativ. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen: Die Nutzer sind jünger, verfügen im Schnitt über eine umfangreichere formale Bildung und sind politisch interessierter.

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Was bedeutet das konkret?
Bei der Geschlechterverteilung gibt es keine besonderen Auffälligkeiten: 49,1 Prozent der Teilnehmenden waren weiblich, genau gleich viele waren männlich. 1,8 Prozent stuften sich als divers ein. Bei der Alterspyramide finden sich viele Nutzerinnen und Nutzer zwischen 16 und 35 Jahren. Die höchsten Ausschläge sind jedoch bei der Altersgruppe zwischen Mitte 50 und Mitte 60 festzustellen. Ab etwa 70 Jahren sinkt die Kurve steil bergab. Damit liegt das Durchschnittsalter bei 45,6 Jahren. Bei der Bildung sind Personen mit höheren Abschlüssen klar überrepräsentiert: Rund 70 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer haben das Abitur beziehungsweise die Hochschulreife.
Welche Themen waren den Teilnehmern besonders wichtig?
Infrastruktur für Radverkehr, autofreie Zonen, Projekte gegen Rechtsextremismus und der öffentliche Nahverkehr lagen den Nutzenden besonders am Herzen: Das zeigt sich daran, dass die dazugehörigen Thesen häufiger als alle anderen als besonders wichtig markiert worden sind. Rund ein Viertel aller Doppelgewichtungen entfallen auf diese vier der 33 Themenbereiche. Am seltensten sind die Aussagen zu Gewerbesteuer, Sparen, europäische Integration und Kommunalwahlsystem als besonders wichtig eingestuft worden.

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Ist das überall ähnlich?
„Das ist typisch“, sagt Thilo Dieing. Auch in anderen Städten, in denen es ähnliche Wahlhelfer gab, seien Themen wie Radverkehr, Infrastruktur oder Zustand der Brücken als besonders relevant eingestuft worden. „Das zeigt, wo der Schuh bei allen Kommunen drückt.“
Welche Themen haben stark polarisiert?
Zur Waffenverbotszone in der Innenstadt gab es am häufigsten entweder komplette Zustimmung oder komplette Ablehnung. Aber auch bei Projekten gegen Rechtsextremismus oder beim Wahlalter zur Kommunalwahl haben die Teilnehmenden auffällig häufig stark zugestimmt oder stark abgelehnt. Am wenigsten polarisiert haben die Thesen zur europäischen Integration, zur Gewerbesteuer und zum Sparen.
Welche Unterschiede zeigten sich bei der Parteizugehörigkeit?
Die Bewertung der Thesen haben die Macher des Wahlhelfers mit der anonymisierten Umfrage zur Wahlabsicht verglichen. So wird ersichtlich, wie die Anhänger verschiedener Parteien durchschnittlich zu den Aussagen stehen. Diese Erkenntnisse sollten jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. Denn zum einen ist die Stichprobe nicht repräsentativ. Und zum anderen liegen für einige Parteien nur geringe Fallzahlen vor, was die Aussagekraft einschränkt.
Was fällt dabei auf?
Parteianhänger der AfD lehnen diese Aussagen besonders stark ab: Es ist wichtig, dass in allen offiziellen Dokumenten in Mannheim gendergerechte Sprache benutzt wird; Mannheim sollte zusätzliche Geflüchtete aufnehmen; hier lebende Nicht-EU-Ausländer sollten das Kommunalwahlrecht erhalten. Anhänger der Linken stimmen diesen Aussagen stark zu: Mannheim sollte verstärkt Projekte gegen Rechtsextremismus fördern; in Mannheim sollten mehr Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen ausgewiesen werden; die Stadt sollte mit Steuergeldern den öffentlichen Nahverkehr billiger machen.
Wie fällt das Fazit aus?
„Ich habe mich gefreut, dass die Mehrheit gesagt hat, dass der Wahlhelfer hilfreich war“, sagt Thilo Dieing. „Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass wir etwas zur politischen Bildung beigetragen haben.“
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