Mannheim. Gespannt blicken die politisch Interessierten in Deutschland derzeit auf die SPD. Denn vom Votum ihrer Mitglieder hängt es ab, ob die Bundesrepublik bald eine neue Regierung hat – oder ob die Karten neu gemischt werden müssen. Bis nächsten Dienstag können die Genossinnen und Genossen noch abstimmen. Manche rechnen mit einem knappen Ergebnis, auch weil viele Jusos den zwischen CDU/CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag ablehnen. Ganz anders sähe es dagegen wohl aus, wenn man Mannheims CDU-Mitglieder befragen würde: Bei der christdemokratischen Basis in der Stadt findet das Arbeitsprogramm der designierten neuen Koalition überwiegend Zuspruch, wie eine nicht-repräsentative Umfrage zeigt.
„Da sind viele Konjunktive drin“
„Es ist besser ausgefallen, als ich ursprünglich befürchtet hatte“, sagt beispielsweise Michael Mayer aus Käfertal. Beim Start der Koalitionsverhandlungen habe er sich schon gedacht: „Mal sehen, wie viel CDU übrigbleibt“, erzählt der Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Nord-Ost, zu dem neben Käfertal auch der Waldhof, der Luzenberg und die Gartenstadt gehören. Mit dem präsentierten Ergebnis sei er aber durchaus zufrieden, sagt er. Zumal er um die Verantwortung und die Größe der Herausforderungen weiß: „Das ist eine Mammutaufgabe.“
Eine gewisse Skepsis will der 63-Jährige, der seit 24 Jahren Bezirksbeirat ist und in Käfertal eine Allianz-Agentur betreibt, dennoch nicht verbergen: „Es steht viel Interessantes im Koalitionsvertrag drin, aber es muss auch umgesetzt werden.“ Elementar sind für ihn die Themen Bürokratieabbau und Digitalisierung. Was sich dazu in dem 146 Seiten starken Werk finde, „klingt gut“, sagt Mayer. „Aber es muss auch umgesetzt werden: Da sind viele Konjunktive drin.“ Einiges ist für seinen Geschmack zu offen formuliert: „Es ist mir zu wenig Konkretes drin.“ Insbesondere beim Bürokratieabbau hätte er sich drei, vier konkrete Maßnahmen gewünscht.
Ausdrücklich lobt er im Gegensatz dazu etwa jedoch, dass die Anschaffung von E-Autos wieder gefördert werden soll: „Ich habe nie richtig verstanden, dass da gekürzt worden ist.“ Kein Wunder also, dass er – würde er denn gefragt werden – der Vereinbarung zustimmen würde. Und er glaubt auch, dass sich bei den Sozialdemokraten letztlich mehr Befürworter als Gegner finden werden. Schließlich sei es jetzt wichtig, dass Deutschland wieder vorankomme: „Ich glaube, dass das auch die Mehrheit in der SPD so sieht.“
Unverständnis über Verteilung der Ministerien
Martin Kandzior sieht es auf jeden Fall so. Der CDU-Sprecher im Bezirksbeirat Seckenheim, der seit Januar auch dem Ortsverband Seckenheim-Friedrichsfeld vorsteht, sagt über den Koalitionsvertrag: „Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden damit. Er trägt doch noch eine konservative Handschrift.“
Einige Dinge passen dem 36-Jährigen, der als Key Account Manager beim amerikanischen Logistikunternehmen UPS für Großkunden zuständig ist, aber nicht so ganz. „Dass die SPD mit 16,4 Prozent der Zweitstimmen sieben Ministerien bekommt, stößt an der Basis auf Unverständnis“, sagt er. Auch sind ihm einige Formulierungen etwas zu schwammig - etwa bei der Steuerpolitik der designierten künftigen Bundesregierung. Dass die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger auf 2026 verschoben worden ist und unter Finanzierungsvorbehalt stehen, „hat ein Geschmäckle“.
Etwas anderes findet er dagegen besonders gut, erklärt er: „Nach der folgenschweren Entscheidung von Angela Merkel wird nun ein neuer Kurs in der Migrationspolitik eingeschlagen.“ Kritisch sieht auch er allerdings die aktuell heiß debattierte und im Koalitionsvertrag vage angedeutete Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro: „Da muss während der Legislaturperiode sicher noch gesprochen und nachverhandelt werden.“ Kandzior zeigt sich jedoch überzeugt, dass das den drei Parteien, die künftig die Bundespolitik bestimmen sollen, schon gelingen wird. „Ich hoffe und denke, dass wir eine Arbeitskoalition geschaffen haben, die Deutschland nach vorne bringt.“
„Punkte zur inneren Sicherheit kann man nur unterstützen“
Ähnlich sieht es auch einer seiner Parteifreunde aus dem Norden der Stadt. Jürgen Wolf sitzt nicht nur für die CDU im Bezirksbeirat Sandhofen, sondern tritt bei der Landtagswahl im nächsten Jahr auch als Ersatzkandidat für Lennart Christ an. „Ich würde den Koalitionsvertrag mittragen“, sagt er. „Ich halte ihn für eine sinnvolle Sache zum Wohle unseres Landes.“
Am besten gefielen ihm die Kapitel zur künftigen Wirtschafts- und zur Migrationspolitik, sagt der Rechtsanwalt, der auch Vorsitzender der Bürgervereinigung Sandhofen ist. „Die wirtschaftlichen Vorhaben tragen deutlich konservative Züge.“ Auch im zweiten Komplex steckt aus seiner Sicht genügend CDU-Programmatik drin: „Die Punkte zur inneren Sicherheit kann man nur unterstützen.“ Wichtig ist Wolf das, weil „diese beiden Themen von der letzten Regierung vernachlässigt worden sind“.
Skeptisch zeigt der 62-Jährige sich hinsichtlich der Beibehaltung der Mietpreisbremse: „Das ist ein zweischneidiges Schwert.“ Einerseits verstehe er schon, dass der starke Anstieg der Mieten für viele Bürgerinnen und Bürger ein Problem sei. „Aber wenn man zu stark in den Markt eingreift, vermieten viele ihre Wohnungen aus Lustlosigkeit gar nicht mehr.“ Er kenne solche Fälle aus Sandhofen. „Da hätte die CDU vielleicht ein bisschen mehr aufpassen müssen.“
So lautet sein Fazit, dass der Koalitionsvertrag „auch eine deutlich sozialdemokratische Handschrift“ trägt. Darum erwartet er, dass die Mehrheit der Genossinnen und Genossen ihm zustimmen wird. Ob die SPD-Mitglieder das ebenso sehen, zeigt sich nächste Woche.
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