Stadtgeschichte

Keine Beschädigungen: Positive Bilanz der Toscano-Ausstellung in Mannheim

60.000 bis 70.000 Menschen haben die Bilder der KZ-Opfer am Wasserturm gesehen. Warum es bedenken gab und was die Stadt jetzt sagt.

Von 
Peter W. Ragge
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Die großformatigen Fotos der Ausstellung „Gegen das Vergessen“ des Mannheimer Fotografen und Filmemachers Luigi Toscano sind nun wieder abgebaut. © Michael Ruffler

Mannheim. Nur eine aufziehende Gewitterfront machte mal Probleme. Deshalb wurde die Ausstellung „Gegen das Vergessen“ mit großformatigen Porträts von Verfolgten des NS-Regimes am Wasserturm für einen Abend kurz ab- und gleich wieder aufgebaut. Doch sonst ist sie jetzt ohne Probleme oder Beschädigungen nach 24 Tagen zu Ende gegangen. Schätzungsweise 60.000 bis 70.000 Menschen haben die Fotoserie während dieses Zeitraums nach Angaben der Stadt gesehen.

Intern war im Rathaus durchaus von einem Wagnis die Rede, als die Entscheidung fiel, die Ausstellung am Wasserturm zu zeigen. Ob Wien, Leipzig oder Herrenberg - oft waren die großformatigen Aufnahmen von KZ-Opfern des Mannheimer Fotografen und Filmemachers Luici Toscano in anderen Städten geschändet worden, in Wien sogar mehrfach. Und wegen der großen Fläche sowie der Kosten hatte die Stadt nicht ständig einen Sicherheitsdienst engagiert, sondern nur die Polizei gebeten, bei regelmäßigen Streifenfahrten ein Auge auf die 60 jeweils 2,25 Meter großen Porträtfotografien am Friedrichsplatz zu werfen. Weitere acht Porträts standen vor dem Marchivum.

Kulturdebattte um Ausstellung am Mannheimer Wasserturm

Nicht unumstritten war die Platzierung an einem so prominenten Platz wie dem Wasserturm nicht nur wegen befürchteter Zwischenfälle. Die Stelle wird sonst nie für Ausstellungen freigegeben, sondern ist nur für ganz wenige Großveranstaltungen zugelassen.

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„Es war richtig, die Ausstellung an absoluter zentraler Stelle am Wasserturm, dem Wahrzeichen Mannheims, zu zeigen“, meinte jetzt Kulturbürgermeister Thorsten Riehle, der das Projekt initiiert hatte. Er sei vielfach vor Ort gewesen. „Ich konnte beobachten, wie Passanten innehalten, um sich mit den Erfahrungen der Holocaust-Überlebenden auseinanderzusetzen. Durch den freien Zugang im öffentlichen Raum erreichten die Porträts die Menschen unmittelbar und niederschwellig – unabhängig von Alter, Herkunft oder Sprache“, erklärt Riehle.

Auch in Mannheim: Erinnerungskultur als Fundament einer wehrhaften Demokratie

Oberbürgermeister Christian Specht hatte der Ausstellung an prominentem Ort sofort zugestimmt und sie auch mehrfach selbst Gästen gezeigt. Luigi Toscano habe „ein wertvolles und lebendiges Denkmal der Erinnerungskultur geschaffen“ , dankte er nun in einer Bilanz der Stadt allen, die es ermöglichten, die - so Specht - „bewegenden Porträts in Mannheim zu sehen“. Der Tod von Margot Friedländer am 9. Mai, deren Porträt am Wasserturm zu sehen war und an dem einige Bürger sofort Blumen niederlegten, habe „uns unmittelbar vor Augen geführt, dass das Ausstellungsprojekt wichtiger denn je ist“, da es immer weniger Zeitzeugen gebe. „Daher ist es umso wichtiger, anhand ihrer persönlichen Geschichten den Blick zurück zu wagen, um daraus Lehren für heute abzuleiten – für eine friedliche Gesellschaft und eine wehrhafte Demokratie“, so der Oberbürgermeister.

Specht und Riehle dankten auch dem Moll-Gymnasium Mannheim, das die Schulpatenschaft für die Ausstellung übernommen hatte. Rund 20 Schülerscouts der Oberstufe führten in zwölf Führungen über 200 Besucher durch die Ausstellung.

Künstler Luigi Toscano äußerte sich „sehr berührt von der enormen Resonanz“. „Die Tatsache, dass es so friedlich war, ist ein großartiges Zeichen für unsere vielfältige Stadt Mannheim. Das ist einfach Heimat für mich“, freute er sich.

Redaktion Chefreporter

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