Mannheim. Nur zweieinhalb Minuten dauert es, dann sind die Polizeibeamten vor Ort, um einzugreifen. Losgeschickt hat sie ein Beamter, der im Lagezentrum des Polizeipräsidiums Mannheim live mitverfolgt, was gerade in der Mannheimer Innenstadt passiert. Sein Job: sofort Alarm zu schlagen, wenn sich auf den Monitoren etwas Ungewöhnliches abspielt.
„Uns ist es egal, wer da über den Platz läuft. Wir wollen Bedrohung erkennen und schnell eingreifen“, erklärt Polizeipräsident Thomas Köber den Sinn hinter der Videoüberwachung, die seit knapp vier Monaten wieder in Mannheim läuft. Seit der Einführung hat es laut Polizei 163 Einsätze gegeben, davon 94 bei Straftaten. In 14 Fällen sei ein Verfahren eingeleitet worden. Gefilmt wird bislang auf dem Paradeplatz, Bahnhofsvorplatz und dem Alten Meßplatz. Die Kameras an der Breiten Straße und am Marktplatz werden zurzeit noch scharf gestellt.
Intelligente Algorithmen
Schon die Einführung der „intelligenten Videoüberwachung“ war nicht nur in Mannheim ein Ereignis – sondern europaweit. Damit zähle die Mannheimer Polizei in Sachen Digitalisierung bundesweit zu Avantgarde, wie Innenminister Thomas Strobl bei der Vorstellung damals erklärte. Mittlerweile würden sich auch andere Städte bundesweit für das Konzept interessieren, so Köber.
Dass diese „intelligente Überwachung“ zukunftsträchtig ist, davon sind sowohl Sicherheitsdezernent Christian Specht als auch Polizeipräsident Köber überzeugt. Bis zum Sommer 2019 sollen installierte Algorithmen auf allen Kameras selbstständig Vorfälle erkennen und melden. Das Auswertungsprogramm, von Computerexperten am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt, ist bereits auf einigen Kameras in der Innenstadt eingerichtet und lernt, wann es anschlagen muss. Das intelligente Programm soll später die Beamten beim Beobachten entlasten. Bis dahin werten sechs Polizisten fast rund um die Uhr die Bilder von 45 Kameras aus. „Die Algorithmen stellen keine Straftaten fest, das tun nur unsere Beamten“, erklärt Köber. Auch versichert er: Die Bilder selbst werden nur 72 Stunden gespeichert und danach gelöscht. Eine biometrische Gesichtserkennung gebe es nicht. Trotzdem hat sich bei der Suche nach vermissten Kindern und Senioren die Überwachung bewährt: In zwölf Fällen gelang es Beamten dadurch, die Vermissten wiederzufinden. Aber auch Straftaten wie Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung konnten aufgeklärt werden. Insgesamt sei die Straßenkriminalität leicht gesunken, wobei die Polizei mehr Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vermeldet.
„Eigentlich haben wir mit einem Anstieg gerechnet, weil dadurch mehr Fälle sichtbar werden“, erklärt auch Sicherheitsdezernent Specht. Sein Ziel: langfristig die Überwachung im Hintergrund zu gewährleisten, um Brennpunkte nicht wieder aufflammen zu lassen. Ob auch der Plankenkopf in Zukunft überwacht wird, steht noch nicht fest. Schon einmal gab es eine Videoüberwachung, die 2007 beendet wurde, weil die Kriminalitätszahlen dadurch gesunken waren.
Auch die Mehrheit der Mannheimer unterstützt das Projekt: Beim „MM“-Bürgerbarometer Anfang Dezember sagen 85 Prozent der Befragten, sie fänden die Überwachung gut. „Die Videoüberwachung funktioniert nur, wenn alle wissen, dass es sie gibt“, sagt Polizeipräsident Köber, der mit der Wirkung zufrieden ist. Am 5. April wollen Polizei und Stadt mit Innenminister Strobel das Sicherheitskonzept Vertretern von mehr als 80 Städten vorstellen.
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