Auszeichnung - Ehrenmedaille der Jüdischen Gemeinde an Roland Hartung verliehen / Kämpfer gegen Antisemitismus und für die Ansiedlung der Synagoge in F 3

Jüdisches Leben zurück ins Herz der Stadt gebracht

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Peter W. Ragge
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Roland Hartung erhält von Rita Althausen, der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Mannheim, die Ehrenmedaille. © Michael Ruffler

Mannheim. Als Kind musste er den Todesmarsch der Häftlinge aus dem KZ Mauthausen ansehen – das hat ihn geprägt. „Reine Erinnerungslyrik“, wie er jetzt wieder sagte, war Roland Hartung daher immer zu wenig: „Entweder man tut etwas oder es bleibt leeres Gerede.“ Und da er viel tat, um jüdisches Leben mitten in der Stadt zu ermöglichen und jüdische Opfer des Nationalsozialismus dem Vergessen zu entreißen, wurde Hartung jetzt mit der Ehrenmedaille der Jüdischen Gemeinde ausgezeichnet.

„Endlich ist es soweit“, begrüßte Rita Althausen, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, die Gäste, denn wegen der Corona-Pandemie hatte die Verleihung der 2008 gestifteten und seither nur selten vergebenen Ehrenmedaille mehrfach verschoben werden müssen. Sie erinnerte daran, dass es in Mannheim einst die größte jüdische Gemeinde in Baden gab, bis sie durch das menschenverachtende System des Nationalsozialismus fast ausgelöscht wurde. Hartung habe als CDU-Stadtrat und Fraktionsvorsitzender von 1965 bis 1988 aber entscheidende Weichen gestellt, dass das 1987 eingeweihte Jüdische Gemeindezentrum in F 3 entstehen konnte und damit wieder jüdisches Leben im Herzen der Stadt möglich geworden sei, dankte ihm Rita Althausen.

Zudem hob sie Hartungs „ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein“ und „akribische Recherchen“ zu Paul Eppstein hervor, dem von den Nationalsozialisten umgebrachten ersten Leiter der Mannheimer Abendakademie, dessen wissenschaftliches Werk Hartung ausfindig machte und aufarbeitete.

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Peter W. Ragge
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Geschichtsbewusstsein, gepaart mit christlicher Grundorientierung, nannte auch der Laudator als eine der wichtigsten Eigenschaften von Hartung. Dazu hatte die Jüdische Gemeinde einen früheren Wegbegleiter von Hartung gewonnen: Sven-Joachim Otto, ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender in Mannheim, der aber seit 16 Jahren bei Düsseldorf lebt und arbeitet.

Erfolg für einen „Dickkopf“

Er bezeichnete Hartung als „einen ganz besonderen Mannheimer“, den Kampfgeist ebenso wie unerschöpfliche Schaffenskraft und Dankbarkeit für das in seinem Leben erreichte auszeichne. Und erreicht habe Hartung viel, verweist Sven-Joachim Otto auf das „segensreiche Wirken“ von Hartung in der Kommunalpolitik. Doch das hatte zuvor in seinem Grußwort bereits Erster Bürgermeister Christian Specht gewürdigt, der Hartungs Weg vom Bezirksbeirat Käfertal über den Gemeinderat bis an die MVV-Spitze nachzeichnete. Ohne Hartung, so Specht, „wäre die Entwicklung unserer Stadt anders verlaufen“. „Kein anderer hat das Vermögen der Stadt mehr gemehrt als er“, erinnerte Specht an Hartungs Weitsicht, der zum Börsengang der MVV führte.

Dafür stellte Otto in seiner sehr persönlichen Laudatio den Kampf von Hartung gegen Antisemitismus, für eine Rückkehr jüdischer Kultur und Religion in die Mitte der Stadt sowie die Erforschung der Nazi-Verbrechen in den Mittelpunkt. Solche Momente des Innehaltens seien wichtig, „weil so etwas Schreckliches nie wieder passieren darf“, mahnte Otto. Hartung bezeichnete Antisemitismus als „geistige Krankheit“. Dass es ihm mit seinem, wie er sagte, „Dickkopf“ gelungen sei, dass die Stadt das einstige Parkplatzgrundstück F 3 für eine neue Synagoge verwende, sei rückblickend eines seiner wichtigsten Projekte gewesen.

Redaktion Chefreporter

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