Marktplatz-Attentat

Jahrestag Messerattentat: Pax Europa sagt geplante Mahnwache in Mannheim ab

Die Gruppe, deren Stand am 31. Mai auf dem Mannheimer Marktplatz von einem Attentäter angegriffen worden ist, wollte am Jahrestag dort gedenken. Doch dazu kommt es nicht.

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Sebastian Koch
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Die Stadt Mannheim will am 31. Mai mit einer Gedenkveranstaltung an Rouven Laur erinnern. Der Polizist wurde bei dem Attentat auf dem Marktplatz vor einem Jahr getötet. © picture alliance/dpa

Mannheim. Die Bürgerbewegung Pax Europa hat ihre Pläne verworfen, am 31. Mai, den Jahrestag des Marktplatz-Attentats, eine Mahnwache auf dem Marktplatz in Mannheim durchzuführen. Man könne nachvollziehen, „dass sich viele Polizisten in Mannheim und Umgebung an diesem Tag ausschließlich auf das Gedenken an Rouven Laur konzentrieren möchten und sie eine zusätzliche Gedenkveranstaltung, auch wenn sie still verläuft, als Störung empfinden könnten“, teilte der Bundesgeschäftsführer der Gruppe, Gerhard Kizina, am Mittwoch dem „Mannheimer Morgen“ mit. Zudem könne man verstehen, dass die Begleitung und Sicherung der Mahnwache für Polizisten „eine starke emotionale Belastung sein könnte, da ihre Gedanken bei den schrecklichen Geschehnissen vom 31. Mai des vergangenen Jahres wären“, hieß es weiter.

Diese Punkte habe der Bundesvorstand am Dienstagabend diskutiert. „Wir kamen zu der Überzeugung, dass es mit Rücksicht auf die Polizisten besser ist, unsere Veranstaltung abzusagen.“ Stattdessen sollen sich Mitglieder der Gruppe, die in Mannheim gedenken möchten, „unauffällig in die trauende Menschenmenge einreihen“, die an der zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt am Nachmittag teilnimmt. Pax Europa plant eine eigene Gedenkveranstaltung am 31. Mai in Köln.

Pax Europa weist Kritik von Polizeigewerkschaften zurück

Laut Kizina hat Pax die Mahnwache angemeldet, ohne zu wissen, dass vonseiten der Stadt bereits eine Gedenkfeier organisiert wird. „Wir wollten auch daran erinnern, dass fünf weitere Opfer dieses Messer-Attentates teils schwer verletzt wurden. Keinesfalls wollten wir bei diesem Anlass auf die ideologischen Hintergründe dieses Anschlags sowie vieler anderer Gewalttaten eingehen“, erklärt der Geschäftsführer. Dennoch habe man die Mahnwache unter den Bibelspruch „Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien“ (Lukas 19, 37-40) gestellt. „Damit wollten wir still ausdrücken, dass es aus unserer Sicht enorm wichtig ist, den Grund der vielen Probleme anzusprechen, anstatt zu verschweigen, zu vertuschen und zu beschönigen, wie es leider viel zu oft getan wird“, kritisiert Kizina.

Nach Bekanntwerden der Pläne hatten vor allem Polizeigewerkschaften die Anmeldung der Mahnwache teilweise scharf kritisiert. So monierte Ralf Kusterer, der stellvertretender Bundesvorsitzende und der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, in den „Stuttgarter Nachrichten“, Pax würde aus der Trauer „politisches Kapital“ schlagen wollen und bezeichnete die Pläne als „ehrlos und verabscheuungswürdig“ : „Es widert mich an, wie das Gedenken an unseren geschätzten Kollegen hier missbraucht wird.“ Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Mannheim, Thomas Mohr, hatte die Pläne gegenüber unserer Redaktion mit „großer Sorge“ gesehen. „Jede Instrumentalisierung dieses Tages für politische oder ideologische Zwecke – egal aus welcher Richtung – lehnen wir entschieden ab.“

Man hätte für „sachliche Kritik“ von Polizeigewerkschaften „absolut Verständnis gehabt“, erklärt Kizina und weist die Unterstellung, mit der Mahnwache politisch Kapital schlagen zu wollen, ebenso „entschieden zurück“ wie den Vorwurf, „ehrlos und verabscheuungswürdig“ gehandelt zu haben. Auch die Berichterstattung dieser Redaktion, die Pax Europa unter anderem „fehlenden Anstand“ oder „Kalkül“ vorgeworfen hatte, wies der Geschäftsführer zurück.

Bereits im Zusammenhang mit dem Attentat am 31. Mai war auch Kritik daran lautgeworden, dass Pax Europa den Infostand auf dem Mannheimer Marktplatz organisiert hatte. Um den Platz herum leben viele Muslime – Pax Europa selbst kritisiert auf ihren Kundgebungen den politischen Islam scharf. „Warum wir den gut besuchten Marktplatz in Mannheim meiden sollten, nur weil hier viele Muslime leben und arbeiten, erschließt sich uns absolut nicht“, sagte Kizina. Das wirke „wie Aufgabe und Resignation“, als ob man sich mit Muslimen nicht kritisch austauschen könne.

Die Gruppe drückt der Familie sowie Freunden und Kollegen von Rouven Laur ihr „tief empfundenes Beileid“ aus . Zudem bedankt sich Kizina bei allen Beamten, Sanitätern und dem medizinischen Personal, „die durch ihren Einsatz am 31. Mai des vergangenen Jahres dazu beigetragen haben, dass der Anschlag nicht noch schlimmere Folgen als ohnehin nach sich zog“.

Die Stadtverwaltung ruft am Jahrestag ab 15 Uhr mit einer Gedenkveranstaltung zu Toleranz und Zusammenhalt auf. Das Landespolizeiorchester soll spielen, zudem soll ein Gedenkstein für den nur 29 Jahre alt gewordenen Polizisten enthüllt werden. Als Gast wird unter anderem Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) erwartet.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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