Kritik an Preismodell

"Jahreskarte Hund" im Verkehrsverbund Rhein-Neckar mit am teuersten

Seinen Hund in Bus oder Bahn mitzunehmen, kann für Vielfahrer in Mannheim und Umgebung teuer werden. Für eine Jahreskarte verlangt der Verkehrsverbund Rhein-Neckar mit am meisten in Deutschland

Von 
Steffen Mack
Lesedauer: 
Für Hunde ist in Bus oder Bahn (wie auf diesem Foto aus Berlin) im Normalfall ein Kinderticket erforderlich. An günstigen Dauer-Angeboten fehlt es. © Arno Burgi/dpa

Mannheim. 66 unterschiedliche Tickets hat der Verkehrsverbund Rhein-Neckar im Angebot. Eines heißt drollig „Jahreskarte Hund“. Mit 804 Euro zählt es zu den teuersten beim VRN. Darüber ärgert sich Marc Le Large sehr. Er hat in Mannheim einen Bachelor in Cyber Security gemacht und studiert mittlerweile Mobilitätsmanagement in Karlsruhe. Dort kann man mit Zeitkarten Hunde gratis mitnehmen.

Im Zuge seiner Masterarbeit hat sich Le Large näher mit der Thematik befasst. Und herausgefunden, dass der VRN und seine „Jahreskarte Hund“ mit an der Spitze des Preissegments liegen. In den meisten Verbünden - 45 von 83 - könnten Hunde kostenlos mitfahren, wenn Herrchen oder Frauchen Zeitkarten hätten. Umgerechnet auf die Einwohnerzahlen, profitierten davon rund zwei Drittel der Bevölkerung. Zusätzliche Fahrtickets brauche man vor allem in ländlichen Regionen, sagt Le Large dem „Mannheimer Morgen“.

Der Student hat selbst einen Hund. Er nennt die 804 Euro, die er hier für seinen Mischling bezahlen müsste, „eine Frechheit“. Mit dem Deutschlandticket könne man für 588 Euro im Jahr flexibel durchs ganze Land fahren. „Und nur im VRN soll der Hund fast 40 Prozent mehr kosten.“ Kinder-Jahrestickets seien im baden-württembergischen Jugendtarif mit 365 Euro viel günstiger.

Kommentar Die "Jahreskarte Hund" im VRN ist völlig überteuert!

Veröffentlicht
Kommentar von
Steffen Mack
Mehr erfahren

Ob die 804 Euro pro Jahr vertretbar sind, wird offenbar auch innerhalb des Verkehrsverbund unterschiedlich beurteilt. So teilt Sprecherin Anita Faltermann mit: „Die generell unentgeltliche Mitnahme für alle Hunde oder eine Preisreduzierung der Jahreskarte Hund wurde bereits mehrfach beraten.“ Allerdings habe sie bisher bei den jährlichen Tarifanpassungen noch nicht beschlossen werden können. Begründung: „Da es auch Fahrgäste gibt, die Vorbehalte gegenüber Hunden haben oder sogar Angst vor ihnen“, bemühe man sich um einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen.

Hunde in Transportboxen können kostenlos mitfahren

Die Sprecherin erklärt auch, die Jahreskarte Hund werde nur selten gekauft - was indes eher nicht für den Preis spricht. Faltermann argumentiert aber: „Dies zeigt, dass der Bedarf an einem solchen Ticket begrenzt ist. Hundebesitzer können jederzeit unsere alternativen Angebote nutzen.“ Das wäre etwa, für den Vierbeiner jeweils Kinderfahrscheine zu kaufen oder Mitnahmeregeln wie beim Jobticket aufzugreifen.

Tipps vom Tierschutzbund

  • Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutzbund empfiehlt, Hunde nur langsam an das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu gewöhnen.
  • Bei beengtem Platz sei es sinnvoll, den Hund zwischen oder hinter die Beine zu nehmen. Konflikte mit anderen Reisenden seien zu vermeiden, indem diese etwa über richtiges Verhalten aufgeklärt würden, so die Tierschutzexpertin.
  • In bestimmten Situationen sei es womöglich sinnvoll, dem Hund einen Maulkorb aufzusetzen. Doch der dürfe auf keinen Fall so eng sitzen, dass der Vierbeiner nicht mehr hecheln oder trinken könne. 

Generell gratis mitfahren dürfen selbst „Schoßhunde“ nicht, sondern nur speziell ausgebildete Führhunde, etwa für Blinde. Aber auch alle in Tiertransportboxen Untergebrachten, so die Sprecherin. Auf die Frage, ob das für jede Größe gelte, erklärt sie, es müsse sich um handelsübliche Boxen handeln, die sicher und tiergerecht seien. Le Large hatte einmal seinen Mischling - Schulterhöhe 30 Zentimeter - in einer Faltbox dabei. Die habe ein Schaffner für ungeeignet befunden, berichtet er.

Der angehende Master in Mobilitätsmanagement findet es unsinnig, dass Hunde in Transportboxen kostenlos sind. Diese hätten für alle Nachteile: Sie beanspruchten viel mehr Platz, die Besitzer müssten sie mitschleppen und die Vierbeiner würden gestresst. „Aber logisch scheint das gesamte System ja sowieso nicht zu sein.“

Nadia Wattad vom Deutschen Tierschutzbund meint: „Es wäre hier auf jeden Fall sinnvoll, wenn klar geregelt ist, dass ein Hund in der Box ausgestreckt liegen, stehen und sich drehen können muss.“ Selbst dann würden längere Fahrten sogar für kleinere Tiere unangenehm. Die Verkehrsbetriebe sollten Plätze schaffen, auf denen auch größere Hunden stehen, sitzen oder liegen könnten. Idealerweise nicht in Familienbereichen, „in denen es durch Hektik und Platzmangel schnell zu unerwünschten Situationen kommen kann“. Dort seien auch die Halter gefordert, gegenzusteuern.

Mehr zum Thema

Verkehr

Warum Mannheim über die Parkplätze auf Spinelli streitet

Veröffentlicht
Von
Martin Geiger
Mehr erfahren
Ermittlungen

Tote Frau in Mannheim gefunden - derzeit keine Verbindung zu Lampertheimer Fall

Veröffentlicht
Von
unseren Reportern
Mehr erfahren

Im VRN dürfen Hunde selbst mit eigenem Fahrschein laut Faltermann nicht auf einen Sitzplatz. Dies gelte in den Bahnen und Bussen des Verbunds grundsätzlich für alle Tiere. Zudem seien Leinen vorgeschrieben. Wer andere gefährden könne, müsse auch einen Maulkorb tragen.

Dass es keine generelle Maulkorb-Pflicht gibt, lobt Wattad vom Tierschutzbund. Doch sie kritisiert: „Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, dass alle Hunde kostenfrei reisen dürften.“ Damit Halter zum Sparen ihre Vierbeiner nicht in Transportboxen zwängten oder das Auto nähmen, was aus Nachhaltigkeitsgründen bedauerlich sei.

13 Prozent der Südwest-Haushalte haben laut Statistik einen Hund

Le Large wiederum verweist darauf, dass immer mehr Menschen einen Hund hätten, in Baden-Württemberg statistisch 13 Prozent aller Haushalte. Wenn man den Öffentlichen Nahverkehr fördern wolle, brauche es für sie günstigere Angebote. Jedes Mal einen extra Kinderfahrschein zu benötigen, gehe ganz schön ins Geld. Er plädiere nicht für eine Gratismitnahme, aber für faire Modelle wie in Dresden, wo man sein Deutschlandticket mit einem Zuschlag von zehn Euro im Monat auf den Hund erweitern könne.

Dass sich andere Fahrgäste womöglich an den Tieren stören, rechtfertigt nach Meinung Le Larges den hohen Preis nicht. Es gebe ja auch die Möglichkeit, Hunde lediglich in bestimmten Bereichen zu erlauben, etwa vorne und hinten. Er erlebe auch nur sehr selten („vielleicht in jedem 20. Fall“), dass jemand Angst vor seinem Mischling habe. Dann nehme er die Leine selbstverständlich ganz kurz. Generell sei in der Bahn ja oft gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich. So habe im ICE kürzlich jemand unmittelbar neben ihm eine Windel gewechselt. „Das fand ich auch nicht nur schön.“

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke