Drei Tage nachdem Andreas Breunig, stellvertretender Schulleiter des Lessing-Gymnasiums, mit 17 Teilnehmern vom alljährlichen Schüleraustausch in Israel zurückgekehrt war, verwehrte der Staat im Nahen Osten auch Touristen aus Deutschland die Einreise. Westjordanland und Bethlehem wurden für einen Monat abgeriegelt, Bildungseinrichtungen geschlossen, Hotelübernachtungen storniert und Zusammenkünfte verboten. Die rasanten Entwicklungen der Corona-Krise erlebten Breunig und die Schüler aus der Sicht eines Landes, das auf die Infektionsgefahr „sehr schnell und sehr klar reagiert hatte“, so Breunig.
Seit 2007 besteht der Austausch zwischen dem Lessing-Gymnasium und dem Leo Baeck Education Center (auf Deutsch: Erziehungszentrum) in Haifa, der israelischen Partnerstadt Mannheims. Zwei Mal im Jahr sollen durch den Schüleraustausch die Begegnung und das deutsch-israelische Verhältnis gestärkt werden. „Die Teilnehmer aus den neunten, zehnten und elften Klassenstufen übernachten bei ihren Austauschfamilien und sollen so den Alltag der jeweils anderen Kultur kennenlernen“, erzählt Breunig. Im Dezember waren die Jugendlichen des Leo-Baeck-Erziehungszentrums zu Gast in der Quadratestadt.
Plötzlich im Bewusstsein der Leute
In den ersten Jahren des Austauschprogramms habe Breunig noch viel Werbung und Aufklärungsarbeit leisten müssen – „vor allem was die Sicherheit im Land und das Essen angeht“, sagt er. „Dazu werde ich mittlerweile gar nicht mehr gefragt.“ Auch, dass einmal im Jahr Israeli an die Mannheimer Schule kommen, sei nun selbstverständlich. „Wenn man jemanden kennt, der jüdisch ist, ist man auch weniger anfällig für dumpfe und antisemitische Sprüche“, findet Breunig. Ihm sei in den vergangenen Jahren kein einziger antisemitischer Fall am Lessing-Gymnasium bekannt. Als Breunig und die Schüler am 23. Februar in Israel landeten, war das neuartige Virus noch kein dominierendes Gesprächsthema. „Dann hieß es plötzlich, dass man Passagiere eines Flugzeuges aus Südkorea in Tel Aviv nicht ins Land gelassen hatte“, erzählt er. Der Grund: 18 Mitglieder einer koreanischen Reisegruppe in Israel waren zuvor positiv auf das Coronavirus getestet worden. „Damit war es plötzlich im Bewusstsein der Leute“, so Breunig. „Sollen wir euch Nudeln mitgeben“ hätten israelische Schüler gefragt, als in den Medien über Hamsterkäufe in Deutschland berichtet wurde. „Am Anfang haben sowohl wir als auch unsere israelischen Freunde die Maßnahmen im Land als übertrieben angesehen. Im Nachhinein war alles richtig“, findet Breunig.
Wie es mit dem Israel-Austausch am Lessing-Gymnasium weitergeht, ist unklar. „Von Reisebuchungen für das laufende sowie für das kommende Schuljahr ist bis auf weiteres abzusehen“, schreibt das Kultusministerium Baden-Württemberg auf seiner Internetseite. „Ich hoffe, dass die Israeli im Dezember wieder zu uns kommen können, beginne aber zu realisieren, dass der Austausch nicht weitergehen wird“, sagt Breunig.
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