Mannheim. Eine Stunde Ablenkung, eine Sprecherstimme in der Heimatsprache und eine Reise ganz weit weg von Gedanken an Krieg, Zerstörung und die Angehörigen in der Ukraine: Das bietet die Astronomie-Show „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“.
Sie wird im Planetarium Mannheim noch mindestens bis 7. September mittwochs um 18 Uhr gezeigt und ist gratis für Kinder ab zehn Jahren und ihre Angehörigen. Eine Stunde geht es in der virtuellen Reise um reale ferngesteuerte Raumsonden und fiktive Expeditionen zu den Planeten Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto mit ihren Monden sowie einem Kometen.
Am Mittwoch gab es zum Schluss lauten Beifall der Gäste, einige sagten auch beim Vorführer „Danke!“ – auf Deutsch. Der Wissenschaftliche und Technische Leiter des Planetariums, Mathias Jäger, erklärt gegenüber dem „MM“, dass bisher rund 800 Besucher aus der Ukraine bei mehreren Vorstellungen im 220 Sitzplätze großen Kuppelsaal saßen. Als Werbung für die Gratis-Shows gab es nur eine Nachricht des Planetariums im Internet, danach verbreitete sich die Botschaft schnell.
Auch politischer Aspekt
Die Astronomie-Show „Planeten – Expedition ins Sonnensystem“ ist eine Produktion der Planetarien Münster, Bochum, Mannheim und weiterer deutscher Planetarien. Laut Jäger gab es eine Anfrage des Noosphere Planetariums in Dnipro in der Ukraine nach einer Version für das Land. Das Planetarium Bochum arrangierte eine Übersetzung des gesprochenen Textes, und die Mannheimer übernahmen die Tonmischung.
Die Show gab es also sowieso schon auf Ukrainisch. „Für die Kinder ist es wichtig, auch mal etwas in der eigenen Sprache zu hören“, meint Jäger. Für ihn hat die Vorführung auch einen politischen Aspekt: „Bemannte Raumfahrt funktioniert nur international, und das Universum wird friedlich erkundet.“ Wenn man in der Hinsicht etwas erreichen wolle, müsse die Menschheit zusammenstehen. Die Sowjetunion sei bei der Raumfahrt sehr aktiv gewesen, Russland aber deutlich weniger.
Auf die Frage, wieso es nicht für andere Geflüchtete Vorführungen in ihrer Sprache gibt, erklärt Jäger, dass die Planetarien im Verbund sich dies zwar überlegt hätten, „aber wir können die Show nicht in zehn Sprachen anbieten“.
Technisch aufwendiger als Kino
Die Ukrainer seien dagegen eine homogene Gruppe, die auch gut untereinander vernetzt sei. Falls die Nachfrage weiter hoch sei, werden auch nach dem 7. September Vorstellungen auf Ukrainisch angeboten.
Ziel des Planetariums sei vor allem, Schüler für Naturwissenschaften zu begeistern. Klassen füllen nämlich normalerweise den Saal. Für Jäger wäre es toll, wenn bei Schülern nach der Vorstellung der Berufswunsch Chemiker, Astronom oder Physiker entstehen würde: „Wenn nach einer Vorstellung nur einer einen entsprechenden gymnasialen Schwerpunkt wählt, haben wir schon gewonnen.“
Der gebürtige Österreicher spricht bei einigen Vorführungen selbst live, danach können ihn die Schüler alles Mögliche fragen: vom Urknall bis zur Temperatur der Uranus-Ringe. Technisch sei, so Jäger, eine Filmvorführung in einem Planetarium deutlich aufwendiger als im Kino: Es gebe neun Projektoren, die die halbrunde Decke beleuchten, viel mehr Lautsprecher, und im Saal sitzt ein Vorführer.
Für die Ukrainer hat dieser sich sogar eine kurze Begrüßung in deren Sprache angeeignet. Die Kosten pro Vorführung schätzt der Chef des Planetariums auf mehrere hundert Euro für Personal und Verschleiß an Geräten.
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