Krieg - Auf dem Toulonplatz drücken Hunderte Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine aus / Oberbürgermeister Kurz mahnt Hilfe an

Hunderte Menschen in Mannheim zeigen Solidarität mit Ukraine

Von 
Sebastian Koch
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Hunderte Menschen haben sich am Freitagabend auf dem Toulonplatz versammelt, um gegen den russischen Krieg in der Ukraine zu protestieren. © Thomas Tröster

Andreas Kaprocki ist es nicht gewohnt, vor so vielen Menschen zu sprechen. „Aber ich fürchte, ich werde in der nächsten Zeit viele Gelegenheiten dazu haben“, sagt er auf dem Toulonplatz vor dem in den Farben der ukrainischen Flagge angestrahlten Zeughaus. „Die Unterstützung und die Empathie, die uns hier in Deutschland entgegenschlägt, war nicht zwangsläufig zu erwarten, wenn man bedenkt, wie die letzten Jahre für uns Ukrainer verlaufen sind“, erklärt das Vorstandsmitglied ukrainischer Organisationen in Deutschland und der stellvertretende Vorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft Rhein-Neckar vor Hunderten Zuhörerinnen und Zuhörern, die dem Aufruf der Grünen-Stadträte Chris Rihm und Gerhard Fontagnier gefolgt sind und ihre Solidarität mit der Ukraine ausdrücken.

Kurz: „Das muss jetzt geschehen“

Kaprocki mahnt, vor allem wohl in Richtung Bundesregierung und Politik: „Es ist nicht angebracht, mitfühlend an der Seite der Ukraine zu stehen und sein Bedauern zu äußern.“ Stattdessen brauche es „mehr als nur solidarische Worte“, sagt Kaprocki und bittet etwa um „militärische Hilfe“ sowie finanzielle und humanitäre Unterstützung. „Wir fordern den Ausschluss Russlands vom Swift-System“, ruft er ins Mikrofon – und erntet viel Applaus, vor allem von zahlreichen Ukrainerinnen und Ukrainern, die sich auf dem Platz versammelt haben und immer wieder lautstark ihren Protesten Gehör verschaffen.

Oberbürgermeister Peter Kurz ruft zur Hilfe für die ukrainischen Städte auf. © Pressefotoagentur Thomas Tröste

Aber auch Russen und Russinnen sind gekommen. Unter ihnen Larissa Bogacheva, eine in Heidelberg lebende russische Friedensaktivistin. In Moskau geboren, ist sie als Tochter eines Ukrainers unter anderem in Kiew aufgewachsen. Wohl auch deshalb verspüre Bogacheva „endlosen Schmerz“. Emotional berichtet sie von Gesprächen mit russischen und ukrainischen Freunden und Verwandten. „Meine Eltern leben in Russland und sagen, sie sind Geiseln von Putins Russland“, erklärt sie. „Ich schäme mich für Putins Russland und alle Russen, die Putin unterstützen. Ich möchte das ukrainische und auch das syrische Volk für die Verbrechen von Putins Russland um Verzeihung bitten und weiß, dass es gar keine Entschuldigung geben kann“, sagt Bogacheva, die sich als Friedensaktivistin auch im Syrien-Krieg engagiert und in ihrer Rede immer wieder auf Russlands Unterstützung für den dortigen Diktator Assad eingeht. Zuvor hatte Kaprocki die in Deutschland lebenden Russinnen und Russen dazu aufgefordert, sich deutlich von der russischen Regierung zu distanzieren. „Das wäre ein bemerkenswertes Statement.“

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Im Laufe der Veranstaltung erklärt auch Oberbürgermeister Peter Kurz seine Solidarität mit der Ukraine. „Auf Befehl eines Präsidenten, der Recht, Demokratie, Freiheit und Wahrheit mit Füßen tritt“, habe das größte Land Europas das zweitgrößte überfallen. „Der Angriff ist ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, der sofort beendet werden muss“, sagt Kurz und spricht von „Bildern, die für uns vor ein paar Tagen noch unvorstellbar waren“. Es müsse nun „mit nicht-militärischen Mitteln“ gelingen, dass der Preis für den Überfall für die Regierung unter Putin zu hoch werde. „Insbesondere muss die indirekte Finanzierung des Kriegs enden.“

Man wolle als Stadt helfen, erklärt Kurz, der am Mittag an einer Sitzung mit Bürgermeistern aus allen Teilen der Ukraine teilgenommen habe. Oleksij Kaspruk, Bürgermeister von Czernowitz, habe eine Liste mit Materialien gesandt, die gebraucht werden, erklärt Kurz – etwa Generatoren, Zelte, Matratzen und Schlafsäcke. Mannheim pflegt mit der im Südwesten der Ukraine gelegenen Stadt, in der 240 000 Menschen leben, eine Kooperationspartnerschaft.

„Ich bitte die Bundesregierung und unsere Bundestagsabgeordneten, uns dabei zu unterstützen, die Materialien an die Grenze zur Ukraine zu bringen. Ich denke, das muss jetzt geschehen“, sagt Kurz. „Wir wollen die Solidarität konkret werden lassen, die unsere Partnerstädte zurecht von uns erwarten.“

Weitere Kundgebungen und Aktionen

Aufgrund der veränderten politischen Lage hat das Friedensbündnis Mannheim seinen Aufruf zur Kundgebung am Samstag, 15 Uhr, auf den Kapuzinerplanken angepasst. Die Veranstaltung laufe nun unter dem Motto „Die Waffen nieder – nein zum Krieg“, teilte das Friedensbündnis am Freitag mit. Man verurteile die militärische und völkerrechtswidrige Aggression Russlands gegen die Ukraine. „Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung. Die Mitschuld des Westens, besonders der USA und der Nato, rechtfertigen keinesfalls diese militärische Aggression“. Das Bündnis fordere einen „umfassenden Waffenstillstand, den Rückzug aller Truppen und ein Zurück an den Verhandlungstisch“. Sanktionen würden die Zivilbevölkerung treffen und seien deshalb der falsche Weg, so das Friedensbündnis.

Alle katholischen Kirchen in der Innenstadt haben Fürbitten und Gebete bei ihren Veranstaltungen am Wochenende angekündigt. seko

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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