Kundgebung

Hunderte Demonstranten bei Antikriegsdemo in Mannheim

Auf dem Paradeplatz demonstrierten rund 250 Menschen gegen Krieg und für Frieden und Abrüstung. Warum Gewerkschaften, Naturfreunde und die Friedensbewegung zu dieser Veranstaltung aufgerufen hatten

Von 
Sebastian Koch und Bernhard Haas
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Auf dem Paradeplatz demonstrierten rund 250 Menschen gegen Krieg und für Frieden und Abrüstung. © Michael Ruffler

Mannheim. Eine der Tücken eines lang anhaltenden Kriegs ist - sofern man nicht direkt betroffen ist - der Alltag. Immer mehr übernimmt dieser auch die Wahrnehmung des Ukraine-Kriegs. War der Krieg anfangs auch in Mannheim Auslöser großer Friedenskundgebungen, gehören diese inzwischen überwiegend der Vergangenheit an.

Dass die Waffen aber auch in Europa immer noch nicht schweigen, dass für den Frieden eingestanden werden muss, haben am Freitagabend schätzungsweise 250 Menschen auf dem Paradeplatz demonstriert. Aufgerufen zum Antikriegstag in Mannheim hatte unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund Nordbaden sowie die Kirchen. Die Waffen sollen schweigen, die Diplomatie für Frieden, Respekt und Toleranz sorgen, sind die zwar erwartbaren, aber dennoch nicht minder wichtigen Forderungen.

Gewerkschaften setzen sich für Frieden und Abrüstung ein

„Wer soll denn seine Stimme erheben gegen Krieg? Wenn nicht wir, wer dann?“, so der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Rhein-Neckar, Ralf Heller, im Gespräch mit dieser Redaktion. Jeder Krieg, egal gegen wen, sei ein Angriff auf die Menschlichkeit. „Mit all unserer gewerkschaftlichen Kraft setzten wir uns ein für Frieden, Rüstungskontrolle und Abrüstung, für die Achtung der Menschenrechte und für mehr soziale Gerechtigkeit“, so Heller weiter.

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Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine forderte er den Rückzug der russischen Truppen. Die territoriale Integrität der Ukraine müsse wieder hergestellt werden. Allerdings war er der Meinung, dass der Krieg nicht durch mehr Waffen seitens der Europäer oder anderer Länder entschieden werden könne.

Bei diesem Abnutzungskrieg könne es nur Verlierer geben, so Michael Müller, der Bundesvorsitzende der Naturfreunde. Stattdessen müssten Länder wie China, Brasilien oder Indien in die Lage versetzt werden, eine Vermittlerrolle einzunehmen. „Wir müssen über Frieden in Europa miteinander reden“, forderte er. Die Ukraine könne diesen Zermürbungskrieg nicht gewinnen. Russland sei ein viel zu großes und mächtiges Land, als dass dieser Fall eintreten werde. Außerdem gebe es viel zu viele Tote auf beiden Seiten, so Müller. Er sehe die derzeitige Auseinandersetzung als die gefährlichste Eskalation seit dem Zweiten Weltkrieg. Durch weiteres Aufrüsten könne das nicht gestoppt werden. Stattdessen müssten die Gelder in andere Bereiche fließen.

DGB-Chef Heller will harte Sanktionen statt neuen Waffensystemen

Neue Waffensysteme dürften nicht durch Schließung von Krankenhäusern oder dem Verzicht von Investitionen in die Zukunft finanziert werden, unterstrich auch Heller. Es brauche harte internationale Sanktionen, um einen Frieden durchzusetzen. Nur elf Prozent der Weltbevölkerung würde sich an diesen Sanktionen beteiligen, so der Vorsitzende der Naturfreunde. Auch in der Flüchtlingspolitik dürfe es kein Zwei-Klassen-System geben. Der aus Not aus Afrika Geflüchtete müsse gleich wie die aus der Ukraine geflüchtete Mutter mit Kindern behandelt werden. Da dürfe man sich nicht nach hinten lehnen und meinen, es regele sich von selbst, warnte Heller.

Die weiteren Beiträge forderten die Bekämpfung des Klimawandels (Ulli Süss von den Naturfreunden). Nur durch eine sozial gerechte Gestaltung der Wirtschaft und durch das Bereitstellen ausreichender öffentlicher Mittel könne das gelingen. Auch die Bereitstellung nachhaltig erzeugter Lebensmittel trage zum Frieden bei. Daher sei es richtig gewesen, das Pressegespräch auf das Gelände der Buga zu legen. Hier käme der Nachhaltigkeitsgedanke besonders zum Tragen, meinte Karin Jerg von der Fachgruppe Frieden in Bewegung der Naturfreunde.

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Viele Kooperationspartner seien aufgefordert, dies zu unterstützen. Nie dürfe das zu einem Krieg gegen die Natur führen. Der könne nicht gewonnen werden. Aus diesem Grunde hätten rund 2500 Wandernde den rund 1100 Kilometer weiten Weg von Straßburg bis ins ehemalige KZ Theresienstadt angetreten, um für globale Abrüstung, eine neue Entspannungspolitik, das Verbot von Rüstungsexporten und für den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag zu demonstrieren.

„Der schreckliche Angriffskrieg auf die Ukraine darf nicht aus einer Feldherrenperspektive betrachtet werden. Denn dort sterben Menschen. Krieg ist immer ein Verbrechen. Deshalb müssen wir alles tun, um ihn zu stoppen“, mahnte Michael Müller zum Abschluss.

Antikriegstag hat lange Tradition für die Arbeiterbewegung

Der Antikriegstag reicht zurück bis zur Haager Friedenskonferenz im Jahre 1898 und hat vor allem in der Arbeiterbewegung eine hohe Bedeutung. Damals trafen sich auf Anregung des russischen Zaren Nikolaus II. und der niederländischen Königin Wilhelmina viele Vertreter von Regierungen, um der Abrüstung einen Raum zu geben und Grundsätze für die friedliche Regelung internationaler Konflikte zu entwickeln. Der Anlass dieser Entwicklung hin zu den Konferenzen war das Ergebnis einer pazifistischen Bewegung im 19. Jahrhundert, die mit der Aufklärung begonnen hatte. Die Konferenzen waren der erste Versuch der Staatengemeinschaft, den Krieg als Institution abzuschaffen. Man wollte den Waffengang verbieten und stattdessen den Rechtsweg verbindlich vorschreiben. Die Realität scheint mit dem Ukraine-Krieg anders auszusehen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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