Sommer

Hitzige Debatte um Hitzeschutz in Mannheimer Kitas

Sind die Kitas ausreichend auf den heißen Sommer vorbereitet? Gibt es Schatten und kühle Räume? Oftmals nicht. Wie und wann lässt sich die Situation verbessern? Die Betroffenen vermissen detaillierte Antworten darauf

Von 
Bertram Bähr
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Große Bäume, die Schatten spenden – und Sonnensegel, die ausgefahren werden können: Im städtischen Kinderhaus Käfertal können sich Kinder im Freien auch bei großer Hitze gut schützen. Aber bei vielen anderen Einrichtungen sieht es schlechter aus. © Bertram Bähr

Mannheim. Mehrfach ist das Thermometer in den vergangenen Tagen über 30 Grad geklettert. Aber bereits mitten im Winter, am 12. Dezember 2022, hat die SPD eine Anfrage an die Verwaltung gestellt: Wie ist es um den Hitzeschutz in Kitas bestellt? An welchen Kitas besteht vorrangiger Handlungsbedarf? Gibt es genügend Schattenspender wie Sonnensegel, Sonnenschirme oder Bäume? Wie werden Neubauten ausgestattet, um der zunehmenden Hitze Rechnung zu tragen?

Viele Kitas sind baulich nicht für die steigenden Temperaturen im Sommer gerüstet.

„Viele Kitas sind baulich nicht für die steigenden Temperaturen im Sommer gerüstet“, hielt die Fraktion damals fest. Und weiter: „Deshalb ist es in Vorbereitung auf den Sommer wichtig, jetzt alle nötigen Schritte in Bezug auf den Hitzeschutz zu planen, um die Sicherheit in Kitas garantieren zu können.“

Mitte Mai legte die SPD noch einmal nach – mit einem Antrag, der in die gleiche Richtung zielt. Und der lag jetzt, beim jüngsten Bildungs- und Jugendhilfeausschuss, auf dem Tisch der Verwaltung. Thorsten Walther vom städtischen Fachbereich Tageseinrichtungen für Kinder konnte zumindest einen Teil der Fragen beantworten, etwa die nach Ventilatoren. Sie würden „entsprechend dem Bedarf zur Verfügung gestellt“ – auch wenn sie „keine Kühlung in den Räumlichkeiten“, sondern lediglich „eine Verwirbelung der Luft“ bewirkten. Oder die Frage nach Getränken. Es gebe „jederzeit unbegrenzt Tee oder Wasser“. Und die „Erzieherinnen achten darauf, dass die Kinder stets genügend Flüssigkeit zu sich nehmen“.

Keine weiteren Details zu Schattenspendern und Klimaanlagen

Bei den eigentlichen Knackpunkten jedoch, der Frage nach Schattenspendern oder Klimaanlagen, nach vorrangigem Handlungsbedarf oder Plänen zur Umsetzung, nannte Walther keinerlei Details. Nur so viel: „Da eine Vielzahl der Einrichtungen noch nicht auf längere Hitzeperioden vorbereitet sind, ist es von großer Bedeutung für Kinder und Beschäftigte, dass diese Maßnahmen zum Hitzeschutz zeitnah und konsequent durchgeführt werden.“ Dafür sei aber nicht das Bildungs-, sondern das Baudezernat zuständig. Deshalb könne man dazu nichts sagen.

Da platzte Melanie Seidenglanz, der SPD-Sprecherin für Kinder und Jugend, der Kragen. Das „Ping-Pong“ zwischen verschiedenen Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung könne man „ewig hin und her spielen, aber das hilft ja keinem einzigen Kind und keinem einzigen Mitarbeiter“. Mit Bedacht habe die SPD ihre Anfrage im Winter gestellt, aber jetzt sei Juni – ein „unheimlich heißer Juni“: „Viele Eltern sprechen uns vor Ort an, dass es sehr schwierig ist.“ Da sei der Verweis auf ein anderes Dezernat „ein bisschen wenig“.

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Seidenglanz forderte eine detaillierte Auflistung dazu, welche Einrichtungen hitzetechnisch begutachtet wurden, was darauf folge und welche Maßnahmen in Planung seien: „Gerade die Kleinsten und auch die Mitarbeiter sollten es doch wert sein, dass wir da ein bisschen stärker den Fokus darauf legen und auch wirklich Maßnahmen ergreifen.“

Hitzeaktionsplan seit Oktober 2021

Nun gibt es seit Oktober 2021 einen 135 Seiten starken Hitzeaktionsplan. Darin stehen allerlei „übergreifende“ und noch mehr „zielgruppenspezifische“ Arbeitsaufträge, die umgesetzt werden müssten. Schließlich, so die Verwaltung, gehe es darum, „insbesondere diejenigen hitzevulnerablen, hilflosen Gruppen zu schützen, welche sich bei Hitze nicht selbst schützen können“.

Zu diesen besonders verletzlichen Gruppen gehören laut Aktionsplan ausdrücklich die Kita-Kinder. Der Hitzeaktionsplan hält dazu fest, es müssten „viele städtische Kindertageseinrichtungen für Hitzedämmung nachgerüstet werden“. Aber „nur bei circa 23 Prozent“ seien „die Hitzeschutzmaßnahmen abgeschlossen“.

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Eindreiviertel Jahre später, vor einer guten Woche, stellten die Bürgermeister Dirk Grunert und Diana Pretzell beim „Hitze-Aktionstag“ auf der Buga die ersten umgesetzten Maßnahmen vor. Dazu zählen eine Internetseite mit Hitzetipps, eine Karte mit kühlen Orten, diverse weitere Hinweise und eine Broschüre, in der unter anderem nachzulesen ist, wie man sich schützen kann. Ansonsten gab es noch ein paar Absichtserklärungen – etwa den Hinweis von Pretzell, man müsse sich „dem Thema stellen“.

Grundsätzliche Veränderung der Verantwortlichkeiten

Solche Aussagen bringen auch das Blut von Stadtrat Reinhold Götz (SPD) in Wallung. Das machte er im Ausschuss sehr deutlich: „Wenn bei uns Kita-Leitungen oder Eltern anrufen und sagen, wir können im Sommer nicht rausgehen, weil wir keine Bäume haben, weil teilweise versiegelt ist, weil keine Sonnenschirme da sind und so weiter – dann sagen wir, das Problem ist uns bekannt, wir müssen die Maßnahmen intensivieren. Diese Antwort ist mehr als unbefriedigend.“

Er verstehe „den Frust absolut“, räumte Dirk Grunert ein – und fügte hinzu: „Wir sind genauso gefrustet.“ Das Bildungsdezernat strebe eine grundsätzliche Änderung der Verantwortlichkeiten an. Ebenso wie beim Schulbau soll nach den Vorstellungen Grunerts auch bei Kindertagesstätten künftig die städtische Gesellschaft BBS – und damit sein Dezernat – zuständig sein. Diese „grundsätzliche Änderung“ strebe man an, „weil wir unzufrieden sind, wie es mit dem gebäudlichen Zustand unserer Kitas aussieht und wie wir in den letzten Jahren mit dem Thema Hitzeschutz vorangekommen sind“.

Wobei „Sonnenschirme und ein bisschen Fassadenbegrünung“ längst nicht genug seien, meinte Ralf Kittel vom Gesamtelternbeirat. Im Kinderhaus Seckenheim-Süd beispielsweise habe erst eine Klimaanlage Besserung gebracht, nachdem es mehrere Jahre lang „im zweiten Stockwerk in den Sommermonaten über 40 Grad waren“.

Andrea Gerth als Sprecherin der kleinen freien Träger schlug vor, für alle Betreuungseinrichtungen – städtische und andere – Standards festzulegen, „die in den Kitas vorhanden sein müssen und die dann auch möglichst rasch umgesetzt werden“.

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