Sicherheit

Hessischer Innenminister informiert sich bei Mannheimer Polizei

Seit 2018 läuft in Mannheim das Projekt intelligenter Videoschutz. Dies ließ sich Roman Poseck jetzt von seinem baden-württembergischen Amtskollegen Thomas Strobl erklären.

Von 
Simone Kiß
Lesedauer: 
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (vorne) zeigt seinem hessischen Amtskollegen Roman Poseck (re. daneben) im Führungs- und Lagezentrum der Polizei, wie der intelligente Videoschutz funktioniert. © Christoph Blüthner

Mannheim.Mannheim ist sehr weit und vorbildhaft für uns. Das hier ist die Zukunft.“ Der hessische Innenminister Roman Poseck spart nicht mit Lob für das Mannheimer Modellprojekt des intelligenten Videoschutzes. Gemeinsam mit Mitgliedern des Arbeitskreises Innenpolitik der hessischen CDU-Landtagsfraktion ist er in die Quadratestadt gekommen, um sich vom baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl und Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer den mit Künstlicher Intelligenz (KI) arbeitenden Videoschutz erklären zu lassen.

Seit 2018 läuft das deutschlandweit einzigartige Projekt am Polizeipräsidium Mannheim bereits, bei dem eine Software per Videoüberwachung die Bewegungen der Menschen auf der Straße analysiert – und zum Beispiel bei Schlägen oder Tritten frühzeitig auf mögliche Straftaten aufmerksam macht. „Ich wusste, dass vor meiner Haustür viel Gutes passiert und dass wir von den Erfahrungen im Musterländle profitieren können“, erklärt Alexander Bauer, Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis Bergstraße West, weshalb er seine Kollegen nach Mannheim geführt hat.

Projekt wegen Corona bis Ende 2026 verlängert

Als „nationalen Leuchtturm und totales Erfolgsprojekt“ bezeichnet Thomas Strobl das Modell. Man bringe hier Hochtechnologie und das Mega-Thema Sicherheit zusammen. Ursprünglich hätte die Pilotphase bereits Ende 2023 abgeschlossen sein sollen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde sie dann aber bis Dezember 2026 verlängert. „Zu wenig Traffic“ im öffentlichen Raum sei das Problem gewesen, erklärt Strobl. Das System habe in dieser Zeit zu wenig trainieren und lernen können.

Mehr zum Thema

Marktplatz-Prozess

Wie Polizisten das Attentat auf dem Mannheimer Marktplatz erlebt haben

Veröffentlicht
Von
Sebastian Koch
Mehr erfahren
Soziales

Ungewollt schwanger: Hilfe bekommen in Mannheim schwierig?

Veröffentlicht
Von
Lea Seethaler
Mehr erfahren
Blaulicht

Wegen Bettensteuer: Frau attackiert Hotelangestellte in Mannheim

Veröffentlicht
Von
Raphael Zellner
Mehr erfahren

Auch dass der Videoschutz durch transparente Aufklärung eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern genieße, berichtet der baden-württembergische Innenminister den Gästen aus Hessen. Repräsentativen Umfragen zufolge bewerteten rund 80 Prozent der Mannheimer Bevölkerung den intelligenten Videoschutz mit „gut“, knapp 60 Prozent fühlten sich dadurch sicherer. „Wir wollen nicht überwachen, wir wollen schützen“, erklärt André Ensenberger, der die Geschäftsstelle Videoschutz beim Polizeipräsidium Mannheim betreut. In erster Linie dienten die Kameras der Sicherheit der Menschen, erst danach spiele auch die Strafverfolgung eine Rolle.

Insgesamt befinden sich im Mannheimer Innenstadtgebiet an den Kriminalitätsschwerpunkten 70 Kameras. 59 davon sind feststehend, 11 lassen sich steuern und um 360 Grad drehen. Alle statischen Kameras sollen bis Ende dieses Jahres mit KI funktionieren, 40 können es bereits heute. Im Jahr 2026 soll die Software dann optimiert werden.

Die beiden Innenminister Thomas Strobl (li.) und Roman Poseck (re.) im Gespräch mit der Mannheimer Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer. © Christoph Blüthner

Entwickelt hat das System das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung in Karlsruhe. Bei der algorithmenbasierten Bildauswertung sollen die Programme Muster von strafrechtlich relevanten Bewegungen erkennen. Dafür wurden in den vergangenen Jahren solche Bewegungen, zu denen etwa schlagen oder treten zählen, antrainiert. Bildlich wird ein elektronisches Skelett über die jeweilige Person gelegt. Wird durch diese skelettbasierte Aktivitätserkennung ein gefahrenträchtiges Verhaltensmuster erkannt, alarmiert das System den Videosachbearbeitenden im Führungs- und Lagezentrum. Dieser muss sich die Szene dann anschauen und prüfen, um welchen Sachverhalt es sich genau handelt. Denn KI unterscheidet beispielsweise nicht, ob jemand zum Schlag ausholt oder ob sich zwei Jugendliche mit der Ghettofaust begrüßen.

Der KI-basierte Videoschutz in Mannheim sei durch fortlaufende Integration der neuesten softwaretechnischen Entwicklungen „State of the Art“, berichtet André Ensenberger und fügt hinzu: „Es gibt niemanden, der auf diesem Gebiet weiter ist als wir.“ Dazu zählt auch das Erreichen des Meilensteins „schwarzer Monitor“. Denn während bei der konventionellen Videoüberwachung ein permanentes Live-Monitoring stattfindet, läuft die intelligente Version sozusagen im Hintergrund. Der Monitor im Führungs- und Lagezentrum der Polizei bleibt schwarz und springt erst dann an, wenn die KI ein verdächtiges Verhaltensmuster erkennt. „Ein Gewinn für den Datenschutz“, so Thomas Strobl. Denn durch die Technik, also das elektronische Skelett, werde die Szene auch entpersonalisiert.

Nach Evaluation sollen auch die Kameras in Heidelberg eingebunden werden

Als Herausforderungen für den intelligenten Videoschutz zählt Polizeivizepräsident Renato Gigliotti unter anderem Sichtverdeckungen wie beispielsweise die Straßenbahnen in der Innenstadt oder auch manchmal schwierige Witterungs- oder Lichtverhältnisse auf. Aber auch der politische Wille, diesen neuen Weg einzuschlagen, müsse vorhanden sein. „Mannheim hat immer hinter diesem Projekt gestanden. Seit Jahren gibt es eine stabile politische Unterstützung dafür“, freut sich Strobl und fügt hinzu: „Das ist ein Glücksfall, keine Selbstverständlichkeit. Das wusste ich immer zu schätzen.“

Eine rund dreimonatige Evaluationsphase schließt sich dem Pilotprojekt Ende 2026 an. Danach soll der intelligente Videoschutz so aufgestellt sein, dass er in die Breite gehen kann. Geplant ist dann auch eine Einbeziehung der 21 Kameras in Heidelberg. Und eine Erweiterung des Systems, das dann auch Waffen und Messer erkennen soll.

Redaktion Reporterin Team Mannheim

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke