Die Premiere ist schiefgegangen. Erstmals hatte die Stadt im Februar 2021 ihr Vorkaufsrecht ausgeübt, um ein Grundstück in Neuhermsheim für bezahlbaren Wohnraum zu erstehen. Doch nun hat das Karlsruher Verwaltungsgericht dies für unrechtmäßig befunden. Darauf macht der Eigentümerverband Haus und Grund aufmerksam, dem die Grundstücksverkäuferin angehört. Die Rede ist von einem „krachenden Scheitern“ der Kommune.
Projektentwickler wehrt sich erfolgreich
Zunächst hatte ein Projektentwickler das knapp 1400 Quadratmeter große Grundstück in der Ernst-Barlach-Allee gekauft. Für 1200 Euro pro Quadratmeter, ein recht hoher Preis. Da schon lange ein Bebauungsplan vorlag, galt die in Mannheim 2018 eingeführte Sozialquote für bezahlbaren Wohnraum hier nicht. Weil der Käufer zu einer freiwilligen Befolgung nicht bereit war, griff die Stadt ein und erstand die Immobilie für 1,7 Millionen Euro.
Dagegen hat sich der Projektentwickler nun erfolgreich gewehrt. Laut Haus und Grund - das Urteil liegt nur den Prozessbeteiligten vor - entschied das Verwaltungsgericht, das Vorgehen der Stadt sei nicht durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt. Das städtebauliche Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hätte demnach auch unter Mitwirkung der bauwilligen Grundstückseigentümerin erreicht werden können. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei also nicht nötig gewesen, die entsprechende Entscheidung des Gemeinderats mithin ermessensfehlerhaft.
Zudem habe dieser die berechtigten Interessen der Eigentümerin ebenso wie die Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend diskutiert, geschweige denn berücksichtigt. In dem Gremium war allerdings kontrovers diskutiert worden, ob die Stadt tatsächlich als Käufer in den freien Wohnungsmarkt eingreifen sollte. Grüne, SPD und Linke stimmten dafür, CDU, Mannheimer Liste, FDP und AfD dagegen.
Stadt prüft Rechtsmittel
Seitens der Stadtspitze wollte sich am Dienstag auf Anfrage niemand zu dem Urteil äußern. Nach Angaben von Baudezernatssprecherin Corinna Hiss wird geprüft, dagegen Rechtsmittel einzulegen. Die erste Instanz habe eine Berufung vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen.
Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hatte Oberbürgermeister Peter Kurz bereits auf erwartbaren Rechtsstreit hingewiesen. Da das Thema viele Kommunen betreffe, sei hier womöglich der Gesetzgeber mit einer Neuregelung gefordert.
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