Mannheim. Die Sitzung beginnt mit einer Schweigeminute. Stehend gedenkt der Hauptausschuss der Amokfahrt auf den Planken, bei der am Fasnachtsmontag zwei Menschen getötet und 14 verletzt wurden. Danach geht es nach rein formalen Beschlüssen zum wichtigsten Punkt auf der Tagesordnung. „Wir schlagen Ihnen vor, dass wir in Anlehnung an die Vorlage im letzten Jahr zwei Erlebniswochenenden einrichten“, sagt Christian Specht.
Da war der CDU-Oberbürgermeister mit den beiden verkaufsoffenen Sonntagen noch an der damaligen linken Mehrheit gescheitert. Diesmal gibt es am Ende eine klare 8:4-Mehrheit für zwei Termine, den traditionellen am 5. Oktober und einen weiteren schon am 29. Juni. An diesem versuche die Verwaltung, Busse und Bahnen kostenlos zu machen, kündigt das Stadtoberhaupt an. Dafür seien noch Mittel aus einem Modellprogramm da, bei dem Mannheim mitgemacht hat.
Riehle zu verkaufsoffenen Sonntagen in Mannheim: „Kein Allheilmittel, aber ein belebendes Element“
Specht hat vor der Abstimmung ausdrücklich um eine breite Mehrheit geworben. Auch um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass Mannheim „keine sichere Stadt mehr“ sei. Die Erlebniswochenenden sollten mit vielfältigen Aktivitäten die dauerhafte Attraktivität der Mannheimer Innenstadt unterstreichen. Dazu dienten zudem weitere Projekte wie FutuRaum. Thorsten Riehle berichtet von gutem Austausch mit allen Beteiligten. Zwar seien „verkaufsoffene Sonntage kein Allheilmittel“, so der SPD-Wirtschaftsdezernent von der SPD. Aber durchaus ein belebendes Element, auch zur Stabilisierung.
Wären alle bei ihren Haltungen aus dem Vorjahr geblieben, hätte es im Hauptausschuss ein Patt gegeben. Darin haben Grüne (drei), SPD (zwei) und LTK (einer) genauso viele Sitze wie CDU, AfD (beide zwei), FDP und Mannheimer Liste (je einen). Doch auch Grünen-Fraktionsvize Chris Rihm und seine SPD-Kollegin Heidrun Deborah Kämper votieren für die beiden Termine. Die finale Abstimmung am nächsten Dienstag im Gemeinderat ist jetzt nur noch Formsache.
Das Ergebnis lässt sich schon bei der Stellungnahme von Reinhold Götz erahnen. Die SPD-Fraktion sei uneins, berichtet der Vorsitzende. Die einen lehnten einen zweiten verkaufsoffenen Sonntag ebenso wie Gewerkschaften und Kirchen weiter ab. Weil jedoch immer mehr Städte im Umland darauf setzten, wollten die anderen nun auch die Mannheimer Innenstadt stärken. Dabei handelt es sich laut Götz um die Mehrheit. Er selbst gehöre zur Minderheit. Doch lobt der Fraktionschef eine „Lernfähigkeit der Stadtverwaltung“, die diesmal früher das Gespräch mit den Gewerkschaften gesucht habe. Allerdings müssten die beiden Termine nun die Obergrenze sein. Einen dritten – wie ausnahmsweise bei der Bundesgartenschau – oder gar einen vierten werde die SPD auf keinen Fall mittragen.
Grüne: In 50 Jahren autofreie Planken hat sich nicht mehr viel getan
Götz‘ Grünen-Kollegin Nina Wellenreuther sagt, in ihrer Fraktion gingen die Meinungen ähnlich auseinander. Einig seien sie sich jedoch darin, dass es zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt noch ganz anderer, langfristiger Schritte bedürfe. Auch zur Verkehrsberuhigung. Am 29. Juni würden jetzt ja 50 Jahre autofreie Planken gefeiert, „aber seither hat sich da nicht mehr viel getan“.
Ins gleiche Horn stößt der Linke Dennis Ulas, dessen Fraktion als einzige beim geschlossenen Nein bleibt. „Mannheim hat einiges zu bieten, aber dafür braucht es unseres Erachtens keine zwei verkaufsoffenen Sonntage.“ Zudem hätten sie rechtliche Bedenken, ob beim Juni-Termin das Einkaufen nicht wichtiger sei als der Anlass mit dem Motto „Hier spielt die Musik“. Der Stadtrat kritisiert auch eine Aussage in der Beschlussvorlage, die Beschäftigten bekämen für den Zusatzeinsatz einhundert-prozentige Zulagen. Die erhielten allein diejenigen mit Tarifbindung. Das seien heute kaum noch mehr als 20 Prozent.
Dagegen bedauert Holger Schmid, schon voriges Jahr wären zwei verkaufsoffene Sonntage ein wichtiges Zeichen in die Region gewesen. Der Einzelhandel sei nicht nur mit Corona „durch eine Katastrophe gegangen“, sagt der Fraktionschef der Mannheimer Liste. Sein CDU-Kollege Claudius Kranz lobt die Kirchen für ihre nach seinem Empfinden „sehr, sehr vorsichtig formulierte“ Ablehnung. Das Wohl der Innenstadt sei auch ihnen wichtig. Und bei zwei Terminen im Jahr handele es sich nicht um einen gravierenden Eingriff in die Sonntagsruhe.
Mannheimer Bezirksbeirätin verweist auch auf zusätzlichen Verkehrslärm
Birgit Reinemund zeigt sich erfreut über die sich abzeichnende breite Zustimmung des Gemeinderats. Den Beschluss nennt die FDP-Fraktionschefin „absolut richtig, um mehr Gäste mit Kaufkraft in die Stadt zu locken“. Davon profitierten neben Handel und Gastronomie auch die Kulturschaffenden. AfD-Kollege Jörg Finkler dankt Specht für den verwendeten Begriff „Erlebniswochenende“. Der gefalle ihm viel besser als „verkaufsoffene Sonntage“. Auch wenn die dazugehörten.
Für den Bezirksbeirat Innenstadt/Jungbusch berichtet Jutta Schroth, das Gremium sei ebenfalls gespalten. Durch den werktäglichen Autoverkehr fühlten sich viele Anwohner erheblich belastet. „Die Aussicht, dass sich das am Wochenende wiederholt, bewirkt nicht nur Freude.“ Die Grünen-Bezirksbeirätin begrüßt daher die Aussicht auf kostenlose Nahverkehrsmittel am 29. Juni. Doch sähen viele auswärtige Besucher leider den öffentlichen Raum als natürlichen Autostellplatz an. Die Stadt müsse verstärkt appellieren, an verkaufsoffenen Sonntagen die Parkhäuser anzusteuern
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