Mannheim. In Rauch gehüllt ist der Marktplatz am Donnerstagmittag nicht. Der Betrieb in den vielen türkischen Restaurants könnte jedoch anderes vermuten lassen. Auch das Holzkohlegrill-Restaurant Lale ist zu diesem Zeitpunkt gut besucht. Seinen zehnjährigen Geburtstag feiert das Lokal in diesem Jahr, sagt Inhaber Yilmaz Akilmak im Gespräch mit dieser Redaktion. Zum Jubiläum hätte er sich aber gerne bessere Nachrichten gewünscht. Man merkt Akilmak, der gerade noch mit dem Anwalt in der Sache telefoniert hat, an, wie ihn die erfolgreiche Beschwerde der Stadt Mannheim bezüglich der Grillrauchbelästigungen beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg beschäftigt.
Mit dem Beschluss des VGH vom Dienstag müssen drei Restaurants, die ihre Speisen mit einem Holzkohlegrill zubereiten, den Rauchausstoß drastisch reduzieren. Innerhalb von sechs Monaten um ganze 90 Prozent. Ansonsten will die Stadtverwaltung Zwangsgelder verhängen. Indirekt sind von der Entscheidung aber alle 13 Holzkohlegrill-Lokale rund um den Marktplatz betroffen, berichtet Akilmak. Die Stadtverwaltung werde „die Mittel des Immissionsschutzrechts konsequent einsetzen“, hatte deren Sprecher Kevin Ittemann angekündigt.
Verstehen kann Akilmak das strikte Vorgehen der Stadt nicht. „Wir sind alle bereit, Filteranlagen einzubauen“, hebt der Gastronom hervor und sagt: „Dass wir den Marktplatz an manchen Tagen wirklich belasten, das stört uns auch.“ Allerdings hinterfragt er das Handeln der Stadt: „Was uns überrascht hat, ist, wie die auf diese 90 Prozent gekommen sind.“ Seine Kollegen und er hätten sich da ein wenig mehr Kompromissbereitschaft gewünscht. Auch 60, 70, 80 Prozent weniger Rauch- und Geruchsbelästigung sei schon dienlich.
Lale-Inhaber Yilmaz Akilmak: „Die wollen von uns einen Mercedes. Es gibt aber auch VW“
Zumal die Marke von 90 Prozent zu erreichen in Akilmaks Augen eh utopisch sei. Derzeit soll das dem Vernehmen nach nur eine Anlage auf dem Markt schaffen. Rund 100 000 Euro koste diese in der Anschaffung, hinzu kommen monatlich etwa 3000 Euro an Servicegebühren, wie er erläutert. Nicht gerade wenig sei das. „Die wollen von uns einen Mercedes. Es gibt aber auch VW“, spricht der Gastronom in Bildern. „Niemand kann sich hier die 100 000 Euro leisten“, wird er konkreter: „Und keiner will jeden Monat eine Fremdfirma in seinem Restaurant haben und dann 3000 Euro verlieren.“
Akilmak stellt zudem die Zuverlässigkeit der Anlage infrage. Sicher, ob diese überhaupt 90 Prozent schafft, ist er sich nicht. Diese Zahl bestehe nur auf dem Papier, sagt er. Schließlich sei die Anlage in Deutschland noch in keinem Restaurant verbaut und somit nicht erprobt. Ein Inhaber eines Restaurants am Marktplatz habe bei der Firma jedoch ein Probegrillen durchgeführt. „Die haben eine Vorführanlage in der Halle“, schildert der Gastronom. „Dann haben die gegrillt. Nach zehn Minuten stand die Anlage still.“
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Dass die Anlage nicht wirklich geprüft sei, hält Akilmak für das größte Problem. Mit einem 500 Gramm schweren Stück Steakfleisch komme die Anlage vielleicht zurecht. „Aber bei unseren Fleischsorten kommt sehr viel Belastung zusammen.“ Auch die Größe des Grills werde ein Problem darstellen. „Wir haben einen drei Meter langen Grill. Wenn wir die voll belasten, dann wird die Anlage das Ganze nicht packen“, ist sich Akilmak sicher.
Der Inhaber des Lale sieht wegen der vertrackten Situation die Zukunft von Holzkohlegrill-Restaurants in Mannheim generell in Gefahr. Viele Gastronomen seien nicht bereit, auf Gas- oder Elektrogrills umzuschwenken, sagt er. Es sei geschmacklich nicht dasselbe, außerdem gebe es ebenso bei gasbetriebenen Anlagen Diskussionen in der Stadt. Auch sei der Kostenfaktor bei Gas und Strom nicht zu unterschätzen. Einen Umzug des Restaurants an einen anderen Standort schließt Akilmak ebenfalls aus. Die einzige Alternative sei, das Angebot umzustellen und auf Gegrilltes zu verzichten, denkt er.
„Fast alle wollen dann das Konzept ändern“, sagt Akilmak, der sich dabei auf Gespräche mit Kollegen bezieht. Dabei sei jedoch mit enormen finanziellen Einbußen zu rechnen. „Gegrilltes macht bei unserem Gesamtumsatz ungefähr 40 Prozent aus.“ Das könne - wenn überhaupt - nur durch ein neues Konzept aufgefangen werden. Dennoch könnten rund 50 Prozent der Gäste wegbleiben, schätzt er. „Und dann weiß ich nicht, wie wir das Ganze wirtschaftlich betreiben können.“ Von den vielen Mitarbeitern, die in den Restaurants am Marktplatz arbeiten und die deswegen vielleicht ihren Job verlieren könnten, will er gar nicht erst groß reden.
Mit einem Aus der Holkohlegrills würde sich die Stadt auch ein Stück weit ins eigene Fleisch schneiden, meint Akilmak: „Wir haben viele Gäste, die kommen teilweise aus 200, 300 Kilometer hierher, um zu essen. Und diese Leute bleiben dann auch dem Handel in der Innenstadt fern.“ Zudem merkt er an, dass das Problem in gewisser Weise auch hausgemacht ist. Schließlich habe es die Stadt in all der Zeit zugelassen, dass die Grillrestaurants am Marktplatz in dieser Häufigkeit aufschlugen. Dass das Probleme mit sich bringen könnte, hätte abgewogen werden können. Immerhin schwele der Konflikt um den Grillrauch nun schon rund 15 Jahre.
Restaurant Lale am Mannheimer Marktplatz einst großes Vorbild
Nach all der Zeit fühlt sich Akilmak nun von der Stadt allein gelassen. Schließlich diente das Lale vor gar nicht allzu langer Zeit als Vorbild. Vor etwa fünf Jahren hatte das Lokal aus eigener Initiative eine Filteranlage einbauen lassen. 30 000 Euro habe diese gekostet. Um etwa 70 Prozent hätten sich die Belästigungen reduziert. „Wir haben so viel investiert, wir wollten hier was Gutes tun“, betont Akilmak. „Die Stadt hat gesagt, das ist ein Musterunternehmen, wir haben das Problem gelöst.“
Die Zeiten sind aber wohl vorbei. Auch die Filteranlage steht nicht mehr. „Letztes Jahr mussten wir die Anlage abbauen. Die haben gesagt, dass die Anlage keine Bauzulassung nach der technischen Norm hat“, erläutert Akilmak. Also war es das mit der eigentlich gut gemeinten Lösung. In Baden-Württemberg brauche es für jede Anlage eine Einzelzulassung, die genehmigt werden müsse. Das hatte seine Anlage nicht.
Gerne würde er aber wieder eine Filteranlage haben, betont Akilmak und fordert, dass die Stadt sich auch auf die Inhaber der Lokale zubewegt. Er legt seine letzte Hoffnung nun in das Hauptsacheverfahren am Verwaltungsgericht Karlsruhe. Das soll nach dem Beschluss am VGH aufgenommen werden. Am Freitagabend wollen sich die Inhaber der 13 betroffenen Lokale mit ihrem Anwalt zusammensetzen. Ihr Rechtsbeistand sehe gute Chancen. Das VGH-Urteil weise juristische Schwächen auf, habe der Anwalt laut Akilmak am Telefon berichtet.
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