Mannheim. Obwohl er seit mehr als zehn Jahren kein Raucher mehr ist, sagt der Mannheimer Vadim K. (Name von der Redaktion geändert): „Manchmal packt’s mich richtig. Wenn ich einen Kaffee trinke, dann will ich einfach eine Zigarette dazu.“ Doch trotz Verlangen hat er durchgehalten. Und nicht mehr geraucht, seit er damals am Jahresende 2009 sagte: Das war’s jetzt mit dem Glimmstängel. Doch das gelingt nicht allen.
Und so ist mit dem Rauchen aufzuhören wohl einer der bekanntesten guten Vorsätze. Wer das im neuen Jahr angehen möchte, kann am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim nun wieder an einer wissenschaftlichen Studie zur Raucherentwöhnung teilnehmen. Das teilte das ZI in einer Presseinformation mit. Ganz im Dienst der Wissenschaft einen Versuch für die eigene Gesundheit starten sozusagen.
Schachkenntnis nicht notwendig
Die Studie untersucht, ob Rauch- und Alkoholkonsum durch ein sogenanntes schachbasiertes Training vermindert werden kann. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten zwischen 18 und 65 Jahren alt sein, noch regelmäßig rauchen, nicht schwanger sein und aufgrund von MRT-Untersuchungen keine Metallteile im Körper aufweisen. Außerdem sollten sie keine Epilepsie oder Platzangst haben.
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden einmal die Woche für anderthalb Stunden an einer Raucherentwöhnung teilnehmen. Einige Teilnehmer erhalten zusätzlich zweimal die Woche für jeweils anderthalb Stunden ein schachbasiertes kognitives Training. Kenntnisse im Schachspiel sind nicht notwendig, heißt es weiter vom ZI. Die Workshops finden zu festen Zeiten statt. Die einzelnen MRT-Termine können flexibel vereinbart werden. Zu Beginn und Ende der Studie finden MRT-Messungen statt. Dazu müssen Fragebögen ausgefüllt werden.
150 Euro Aufwandsentschädigung
Neben einer Aufwandsentschädigung von 150 Euro erhalten alle Teilnehmenden eine sechswöchige Raucherentwöhnung. „Die Kosten hierfür in Höhe von 150 Euro werden bei einer Mindestanzahl wahrgenommener Sitzungen zurückgezahlt“, so das ZI. Wer Interesse an der Studie hat, kann sich unter der E-Mail rauchstopp@zi-mannheim.de oder unter der Telefonnummer 0621/ 1703 6367 melden.
Abhängigkeit ist nach wie vor ein großes Problem: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hatte stets angegeben, man habe hierbei neben Kokain den auch besonders den Genuss von Tabak im Visier – und dabei vor allem diejenigen, die mit dem Rauchen aufhören wollen. Rauchen und Alkohol richteten mit Abstand die größten Gesundheitsschäden an. Auch wenn der Konsum insgesamt zurückgehe.
Im Kampf gegen den Krebs will auch die EU-Kommission die Raucherquote drastisch drücken und deshalb Tabak weiter reglementieren und teurer machen. Bis 2040 soll der Anteil der Raucher in der Europäischen Union von heute 25 Prozent auf unter fünf Prozent sinken. Diese Strategie ist Teil eines europäischen Plans gegen den Krebs.
Der Anteil der Raucher in Deutschland steigt indes wieder. Er liegt derzeit bei den Menschen über 14 Jahren bei fast 31 Prozent, wie aus der repräsentativen Langzeitstudie „Deutsche Befragung zum Rauchverhalten“ (Debra) hervorgeht. Ende 2019 - vor Corona - lag der Anteil der Raucherinnen und Raucher in der Bevölkerung ab 14 Jahren demnach noch bei etwa 27 Prozent.
Rückfall durch Corona-Stress?
„Ob Corona-Stress oder allgemeine Auswirkungen der Pandemie da jetzt hineinspielen, ist ein bisschen spekulativ, kann aber sein“, sagte kürzlich der Epidemiologe Daniel Kotz der Deutschen Presse Agentur. Er leitet an der Uni-Klinik Düsseldorf am Centre for Health and Society den Sucht-Forschungsschwerpunkt.
Wahrscheinlich sei aber, dass 2021 mehr frische Ex-Raucher rückfällig geworden seien. Denkbar sei etwa auch, dass Leute im Homeoffice ungehemmter zur Zigarette greifen als im normalen Büro, so Kotz. Schon während des ersten Lockdowns hatten Forscher des Mannheimer ZI und der Uniklinik Nürnberg nach einer von ihnen gestarteten Befragung darauf hingewiesen, dass die stressige Pandemie das Suchtverhalten, etwa bei Alkohol- oder Tabak, fördern kann.
Auch schon vor Corona habe man aber eine rückläufige Motivation in Deutschland beobachten können, mit dem Rauchen aufzuhören, sagt Epidemiologe Kotz. Auch die sogenannte Rauchstoppversuchsrate sei rückläufig. Allerdings gebe es einen klaren Trend bei Jugendlichen, gar nicht erst anzufangen, so Kotz weiter.
Raucherparadies Bundesrepublik?
Deutschland kann ob seines Raucheranteils und vergleichsweise niedriger Preise für Zigaretten indes nach wie vor als Raucherparadies und Tabakland bezeichnet werden. In Nachbarländern wie der Schweiz, in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark sind Zigaretten teurer. Allerdings sind sie in vielen EU-Ländern auch billiger, darunter Österreich, Spanien, Italien, Polen und Tschechien. In Deutschland steigt die Steuer für eine Packung mit 20 Zigaretten 2022 um durchschnittlich 10 Cent. Damit gibt es am 1. Januar erstmals seit 2015 wieder eine Tabaksteuererhöhung in Deutschland. 2023 werden weitere 10 Cent aufgeschlagen, in den Jahren 2025 und 2026 kommen noch einmal jeweils 15 Cent pro Packung hinzu.
Ob die Steuererhöhung die Menschen vom Glimmstängel fernhält, wird sich zeigen. Vadim K. jedenfalls ist froh, mit dem Rauchen aufgehört zu haben, sagt er. Denn auch wenn ihm die Zigarette manchmal fehlt - er ist glücklich, vom Tabak losgekommen zu sein. Und sein Körper und seine Gesundheit danken es ihm. (mit dpa)
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-goodbye-glimmstaengel-mannheimer-zi-sucht-wieder-raucher-die-aufhoeren-wollen-_arid,1897985.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.demailto:rauchstopp@zi-mannheim.de