Versammlungen

Glimpfliches Aufeinandertreffen von Nahost-Demos in Mannheim

Am Paradeplatz in Mannheim sind sich am Samstag pro-palästinensische und pro-israelische Versammlungen begegnet. Das Aufeinandertreffen ist teilweise hektisch. Eine Israel-Fahne wird gestohlen

Von 
Sebastian Koch
Lesedauer: 
Am Paradeplatz trafen die pro-palästinensische und die pro-israelische Versammlung am Samstag zweimal aufeinander. Die Polizei trennte beide Gruppen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die weltpolitische Gemengelage rund um den Paradeplatz ist am späten Samstagnachmittag besonders: Während auf der zum Stadthaus gelegenen Seite noch etwa 15 Menschen mit Fahnen ihre Solidarität mit Israel ausdrücken, finden sich auf der gegenüberliegenden Seite erste Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen, um mit Ukraine-Fahnen an den zweiten Jahrestag des russischen Überfalls zu erinnern. Bis zum Marktplatz stellen sie sich auf - und treffen an der Ecke zur Fressgasse auf den Aufzug pro-palästinensischer Gruppen, die vor allem mit palästinensischen Fahnen gegen die Bombardierung Gazas demonstrieren. Mehrere Journalisten sowie zahlreiche Kräfte der Polizei begleiten das in diesem Ausmaß doch eher ungewöhnliche Aufeinandertreffen so vieler weltpolitischer Interessen in den Quadraten.

Kommentar Im Nahost-Konflikt wird der Ton auch in Mannheim rauer

Veröffentlicht
Kommentar von
Sebastian Koch
Mehr erfahren

Bereits am frühen Nachmittag treffen sich Hunderte Menschen auf dem Alten Meßplatz, um - so lautet der Aufruf unter anderem von Free Palestine und Zaytouna Rhein-Neckar-Kreis - einen Stopp von „Besatzung“ und „Genozid“ in Gaza zu fordern. Die Demonstration reiht sich in mehrere Versammlungen in südwestdeutschen Städten an diesem Samstag ein.

Mehr zum Thema

Protest

Rund 600 Menschen demonstrieren in Edingen-Neckarhausen für eine offene Gesellschaft

Veröffentlicht
Von
Anna-Lena Stauder
Mehr erfahren

Auf dem Alten Meßplatz üben Veranstalter und Redner teils scharfe Kritik an deutschen und westlichen Medien, an der deutschen Nahost-Politik und an einer Doppelmoral des Westens bei ungleichen Sanktionen gegen Russland und gegen Israel. Während dem Demozug - dem sich schätzungsweise zwischen 1500 und 2000 Menschen anschließen - sind viele aus der Vergangenheit bekannte Parolen zu hören. Ein erstes Aufeinandertreffen mit einer teilweise zeitgleich am Paradeplatz stattfindenden Kundgebung für Solidarität mit Israel verläuft friedlich.

Chris Rihm: „Haben uns nicht sicher gefühlt“

Die Polizei ist mit vielen Kräften im Einsatz. Der pro-palästinensische Zug bleibt außerdem auf der geplanten Route und passiert den Platz auf der Kaufhof-Seite.

Auf der dem Stadthaus zugewandten Seite demonstrieren schätzungsweise 150 Menschen, um auf Initiative unter anderem von Deutsch-Israelischer Gesellschaft Rhein-Neckar (DIG) und Jüdischer Gemeinde ihre Solidarität mit Israel auszudrücken. Der Vorsitzende der DIG, Chris Rihm, kritisiert, die Polizei hätte die Kundgebung nur während dem Vorbeilaufen der Gegendemonstration geschützt. „Viele haben sich hier heute nicht sicher gefühlt“, sagt Rihm, der für die Grünen auch im Gemeinderat sitzt. „Es hat Beleidigungen von vorbeilaufenden Passanten und aus Autos heraus gegeben. Wir sind bislang davon ausgegangen, dass unsere Kundgebungen besser geschützt werden.“

Die Polizei war mit starken Kräften im Einsatz. © Christoph Blüthner

Unter den pro-israelischen Demonstranten sind Vertreterinnen und Vertreter des Gemeinderats und mehrerer Parteien. So erklärt etwa der Vorsitzende der Mannheimer CDU, Christian Hötting, es sei der deutschen Politik und dem „ganz überwiegenden Teil unserer Stadtgesellschaft“ klar, dass „das Selbstverteidigungsrecht Israels unantastbar“ sei.

Zuvor hatte der künftige Dezernent für Wirtschaft, Soziales, Arbeit und Kultur, Thorsten Riehle (SPD), vor einer gesellschaftlich stärker werdenden Tendenz gewarnt, Israel für Leiden und Sterben in Gaza verantwortlich zu machen. „Die Hamas nutzt den Moment, um Menschen gegeneinander aufzuwiegeln“, erklärt Riehle und verurteilt die zunehmende „Feindseligkeit gegenüber jüdischen Menschen in unserer Stadt“. Der Sozialdemokrat bezeichnet die Situation der Zivilisten im Gazastreifen als „dramatisch“. Es sei ein Krieg, der in Gaza auf den Schultern der Zivilbevölkerung geführt wird. „Die Hamas kann diesen Krieg sofort beenden, wenn sie die Waffen niederlegt und das eigene Volk schützt“, ist Riehle überzeugt.

Israel-feindliche Parolen zu hören

Als der zahlenmäßig deutlich überlegene Palästina-Aufzug den Paradeplatz auf der Kaufhof-Seite passiert, zeigen Israel-Demonstranten Bilder der noch entführten Geiseln der Terrororganisation Hamas. In ihrem Aufruf gedenken die Organisatoren der Opfer der „grausamen Terrorangriffe“ der Hamas des 7. Oktober und explizit der „unschuldigen zivilen Opfer im Gazastreifen“. Aus dem pro-palästinensischen Aufzug sind Sprechchöre zu hören, die an das Leid der Bevölkerung in Gaza erinnern und Israels Politik kritisieren.

Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp



Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt

Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen

Als etwa eine Stunde später die pro-palästinensische Demonstration von der Breiten Straße aus über den Paradeplatz zum Ehrenhof zieht, trennen die Gruppen auf Höhe des Stadthauses für ein paar Minuten sehr viel weniger Meter als zuvor. Noch immer sind etwa 15 pro-israelische Demonstranten auf dem Paradeplatz. Aus dem vorbeilaufenden Aufzug sind israel-feindliche Parolen zu hören, Teilnehmer der Israel-Kundgebung werden gefilmt. Die Demonstranten schweigen überwiegend, während sie israelische Fahnen hochhalten. Die sichtlich um einen friedlichen Verlauf bemühten Ordner des palästinensischen Zugs haben in den etwa fünf Minuten viel zu tun, um einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Israel-Gruppe fernzuhalten.

Israel-Fahne gestohlen

Zu einem direkten Kontakt zwischen beiden Gruppen kommt es letztlich aber nicht. Neben Ordnern stellt sich auch eine Polizeikette zwischen die beiden. Dennoch gelingt es einem jungen Mann, eine Israel-Fahne zu stehlen und davonzurennen. Von der Kunststraße aus kommend, war die israelische Gruppe im Rücken der Polizisten nicht geschützt. Die Polizei teilt später mit, dass der Verdächtige vorläufig festgenommen worden ist. Ob der Mann zuvor der Palästina-Demonstration angehörte, ist noch nicht bekannt.

Die pro-palästinensische Demonstration endet im Ehrenhof. Während den Demos kam es zu Beeinträchtigungen im Verkehr.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke