Mannheim. Ein „öffentliches Zeichen setzen“ wollen sie, wie Stadtdekan Karl Jung sagt, für den Frieden, für den Glauben, für die Gemeinschaft. Aber ehe er das sagt, muss er sich einer ganz profanen Aufgabe widmen. „Alle Gläser bitte wegräumen, Leute“, sagt er über das Mikrofon zu den vielen Helfern des großen Fronleichnamsfests auf dem Marktplatz, nachdem es plötzlich klirrt und Scherben neben dem Altar liegen. Mehrere kräftige Windstöße fegen das Glas einer Kerze zu Boden - und nicht nur das.
„Der Wind, der Wind“, seufzt auch Enzo Mariconda. Er hat mit vielen Ehrenamtlichen das Podest vor der Marktplatzkirche aufgebaut, den roten Teppich über den Marktplatz gelegt, dazu überall Sonnenblumen, Callapflanzen und Rosenblätter drapiert - aber der Wind weht manches davon. „Italiener rennen wie die Hasen“, beschreibt er lachend die Hektik der Helfer, trotz Wind so lange wie möglich das optisch schöne Bild zu bewahren.
Aber zumindest kann der Wind kein aus Blumen gestaltetes Bild von Kelch und Hostie zerstören, wie es Mariconda früher oft in liebevoller Kleinarbeit auslegte. Dafür liegt nun auf dem Boden das vergrößerte Ölgemälde von Farid Georges, das er 2014 kurz vor seiner Flucht aus Syrien gemalt hat. Es zeigt Jesu beim Abendmahl mit Jüngern, aber auch anderen, ganz vielfältigen Personen.
Und dass die Kirche vielfältig sein kann und will, das möchte sie auch zu Fronleichnam zeigen. Das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“, wie es seit dem II. Vatikanischen Konzil heißt, wird seit 1264 in der heutigen Form gefeiert und erinnert an das letzte Abendmahl von Jesus, der für Katholiken in der Eucharistiefeier durch Brot und Wein gegenwärtig wird. Mit Rücksicht auf die Corona-Pandemie, die ja nach wie vor nicht vorbei ist, fällt die Prozession indes kürzer und kleiner aus. „Im nächsten Jahr wollen wir aber wieder eine richtig große Prozession machen“, kündigt Jung an.
Fürbitten in vielen Sprachen
Nun streuen nur drei kleine Kinder Rosenblätter auf den roten Teppich und bereiten so dem Festzug über den Marktplatz den Weg. Chargierte der katholischen Studentenverbindung „Churpfalz“, Ministranten sowie die Priester Theo Hipp und Oliver Wintzek geben Dekan Jung, der die Monstranz trägt, das Geleit, während das Bläserensemble „Splendid Brass“ spielt. Vertreter aller sechs Pfarrgemeinden der Seelsorgeeinheit Johannes XXIII. sind gekommen, dazu Mitglieder der spanischen, polnischen, kroatischen und slowenischen Gemeinden. Sie wollten „gemeinsam zeigen, dass für alle Menschen auf der Welt da sind“, wie Jung sagt. „Gebet für Mannheim“ nennt er die Feier. Und auch wenn einige der Fürbitten in der Muttersprache formuliert sind, so macht doch zum Beispiel die Spanische Mission auch auf Deutsch deutlich, dass Jesus Christus für alle da sei, man sich Verständigung über sämtliche Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg wünsche - und Frieden für alle.
Der Friede spielt ebenso in den Fürbitten der sechs Gemeindeteams eine wichtige Rolle. Die Abordnung aus Neuostheim beschwört zudem die Ökumene und die Akzeptanz der Glaubensvielfalt - dient ihre Kirche St. Pius doch inzwischen als Ökumenekirche. Die Sorgen von Kindern und Familien, von geflüchteten Menschen, die Chancen durch die Vielfalt der Kulturen spielen eine wichtige Rolle, Jesus wird als Friedensfürst angerufen und darum gebetet, dass Menschen, die sich wegen der Corona-Pandemie zurückgezogen haben, wieder den Weg in die Gemeinschaft zurückfinden.
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Zwischen all den engagierten katholischen Laien tritt auch einer der Priester ans Mikrofon. Oliver Wintzek spricht als Vertreter der Liebfrauengemeinde und formuliert ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, dass die Kirche sich auch Menschen mit unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und Sexualität öffnen müsse, „die immer noch Diskriminierung erleben“, wie er beklagt und unter Hinweis auf „menschliche Borniertheit“ kritisiert.
In einigen Stadtteilen gab es auch wieder, erstmals nach zwei Jahren Corona-Pause, kleinere Prozessionen. In Feudenheim dagegen war „positive Echo 2020 auch in diesem Jahr Ansporn und Motivation“, so Hilde Koch als Sprecherin des Gemeindeteams, wieder neue Wege zu gehen. Ehrenamtliche aus den Reihen der Caritas, der Katholischen Frauengemeinschaft Teresa von Avila (kfd), der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), vom Kinderhaus St. Peter und Paul und der Arbeitskreise Kindergottesdienst sowie Mission, Entwicklung, Frieden gestalteten Blumenteppiche im öffentlichen Raum auf dem Vorplatz der Pfarrkirche St. Peter und Paul sowie vor dem Hauptaltar, auf dem Rathausplatz und am Haupteingang des Feudenheimer Friedhofs sowie am Kinderhaus St. Peter und Paul in der Scharnhorststraße sowie am Theodor-Fliedner-Haus in der Theodor-Strom-Straße 100 - damit jeder selbst die Stationen ablaufen konnte, ohne Prozession.
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