Verbund mit Heidelberger Uniklinik

Freude über Klinikum-Lösung im Mannheimer Gemeinderat

Erneut muss die Stadt Mannheim rund 50 Millionen Euro ins Mannheimer Klinikum stecken, um die dieses und nächstes Jahr zu erwartenden Verluste auszugleichen. Warum das dem Gemeinderat diesmal so leicht fällt wie nie

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Steffen Mack
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Nach sehr schattigen Jahren nunmehr sonnige Perspektiven? Das Klinikum mit seinem Haupteingang am Neckarufer. © Christoph Blüthner

Mannheim. Radelt man am Klinikum vorbei, ist wieder alles wie immer. Keine Spur mehr von den Testcontainern, alle Eingänge am Neckar sind uneingeschränkt und ohne Kontrollen geöffnet, man kann auch ohne Maske rein. Zweieinhalb Kilometer weiter im Stadthaus ist es am Dienstagnachmittag ebenfalls, wie es schon vor Corona war. Um die Defizite im laufenden Betrieb aufzufangen, muss der Gemeinderat gewaltige Summen ins Krankenhaus stecken: für 2023 und 2024 zusammen 50,8 Millionen Euro. Doch das fällt den Mitgliedern diesmal spürbar leichter. Nicht nur, weil es zuletzt deutlich mehr Geld war. Sondern auch wegen des Hauptpunktes auf der später einstimmig angenommenen Beschlussvorlage: einem Verbund mit der Heidelberger Uniklinik.

Mehrfacher Dank an Kurz

Oberbürgermeister Peter Kurz spricht von einer der strategisch bedeutendsten Vorlagen in den vergangenen Jahren. Aber nicht nur, weil das Klinikum finanziell abgesichert werden solle. Sondern vor allem wegen der immensen Chancen, den der Ausbau des ohnehin schon starken Gesundheitsclusters in der Region fürs ganze Land biete.

Die Krankenhäuser und ihre Allianz

  • Die Landesregierung hat am 21. März einen Verbund des Mannheimer Klinikums mit der Heidelberger Uniklinik beschlossen. Langfristig hoffen die beiden Krankenhäuser aber unverändert auf einen Zusammenschluss.
  • Zusammen hätten sie nach offiziellem Stand fast 4000 Betten (rund 2600 in Heidelberg, ungefähr 1350 in Mannheim). Damit wären sie größer als die Berliner Charité (an mehreren Standorten insgesamt fast 3300 Betten) und die Nummer 1 in Deutschland.
  • Um die Klinika wurde eine „Health + Life Science Alliance“ gegründet, zu der auch die Uni Heidelberg, das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim sowie aus Heidelberg das Deutsche Krebsforschungszentrum, das Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung und das Europäische Molekularbiologie-Laboratorium gehören. 

Kurz lobt die Beteiligten für ihre große Einigkeit bei den 2020 gestarteten Fusionsbemühungen. Nun habe man mit dem vom Land beschlossenen Verbundmodell „ein erstes wichtiges Ergebnis“ erzielt.

Dafür dankt Thorsten Riehle, Fraktionschef und Oberbürgermeister-Kandidat der SPD, seinem Parteifreund Kurz „auch ganz persönlich“. Es sei noch ein weiter Weg, ist er sich bewusst, doch gebe es jetzt „sehr, sehr gute Signale“. Vor allem müsse endlich mit dem Großbauprojekt „Neue Mitte“ begonnen werden, ohne dass sich die wirtschaftliche Lage des Klinikums nicht verbessern lasse.

Grünen-Kandidat Raymond Fojkar dankt Kurz ebenfalls. Aber nur für die Bewältigung der Animositäten zwischen den Akteuren in beiden Städten. Den Umgang mit dem Land kritisiert er: „Wir waren sehr gut darin, in den letzten Monaten und Jahren mit dem Finger auf Stuttgart zu zeigen.“ Da sei der große Druck, unter dem die grün-schwarze Koalition gegenüber anderen großen Krankenhaus-Standorten stehe, zu wenig berücksichtigt worden. Zumal die Probleme des Klinikums nicht nur eine Folge des Hygieneskandals 2014/15, sondern auch eines langen Investitionsstaus seien.

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Der dritte OB-Kandidat im Ratssaal, Christian Specht, sagt nichts. Er ist ja auch als Erster Bürgermeister da. Dafür äußern sich die Unterstützer des Christdemokraten: Achim Weizel, Fraktionschef der Mannheimer Liste, dankt ebenfalls Kurz, bezieht auch die Klinikum-Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes und Freddy Bergmann mit ein. Das nun gewählte Mutter/Tochter-Modell mit der Heidelberger Uniklinik - sie steigt als Mehrheitsgesellschafterin ein - sei zwar „kein Zusammengehen auf Augenhöhe“. Aber darunter werde die medizinische Versorgung nicht leiden. Es gelte aber auch, einen Personal-Abbau zu verhindern.

Weizels FDP-Kollegin Birgit Reinemund spricht von einem „guten Anfang“, auch wenn in den anstehenden Verhandlungen noch sehr vieles geklärt werden müsse. Sie erinnert neben dem Hygieneskandal auch an ein weiteres hausgemachtes Problem: das Desaster mit dem südhessischen Klinikverbund. Für die CDU äußert Katharina Funck „große Erleichterung“ über die gefundene Lösung. Sie dankt neben den lokal Verantwortlichen um Kurz auch ihren Parteifreunden in Stuttgart.

60-zu-40-Modell

Über Finanzielles wird so gut wie gar nicht gesprochen. Dabei dürfte es sich um einen ausdrücklichen Wunsch der Stadtspitze handeln: Die Vereinbarung mit Landesvertretern muss nächsten Dienstag erst noch vom Kabinett beschlossen werden. Sie sieht für Mannheim nicht schlecht aus: Insgesamt wird in diesem und im nächsten Jahr im Klinikum ein Minus von insgesamt 127 Millionen Euro erwartet. Davon sollen nur die rund 50 Millionen an der Stadt hängenbleiben, der Rest soll vom Land kommen.

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In den vergangenen fünf Jahren hat die Kommune bereits gewaltige Summen ins Klinikum gesteckt. Insgesamt flossen mehr als 180 Millionen Euro an Zuschüssen für Investitionen in den laufenden Betrieb. Zudem wurde ein 60-Millionen-Darlehen aus dem Jahr 2016, für das der Gemeinderat gebürgt hatte, nach und nach getilgt.

Auch vom Land gab es immer wieder Geld. So werden in der Beschlussvorlage Überbrückungshilfen von 12,4 Millionen Euro in 2021 und von 15,4 Millionen in 2022 genannt. Aber jetzt stehen ja für zwei Jahre zusammen sogar 76,2 Millionen im Raum. So sieht es jedenfalls das von Regierungsvertretern mit der Stadt verabredete 60-zu-40-Modell vor. Noch muss es, wie gesagt, ja erst beschlossen worden.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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