Kriminalität

Frauenleiche an Mannheimer Pferderennbahn: So lief der erste Prozesstag

Im Oktober 2024 wurde eine tote Frau am Turfweg in Mannheim gefunden. Zum Prozessauftakt vor dem Mannheimer Landgericht schwiegen die beiden Angeklagten. Dafür wurden Informationen über das 51 Jahre alte Opfer bekannt.

Von 
Simone Kiß
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Die Angeklagte Jessica K.-G. zum Prozessauftakt vor dem Mannheimer Landgericht mit ihren Verteidigern Constantin Schiffer (l.) und Pascal Sobotta. © Simone Kiß

Mannheim. Es sind grausame Details, die am ersten Prozesstag zum Fund der Frauenleiche in der Nähe der Mannheimer Pferderennbahn im vergangenen Oktober bekannt werden: Die Angeklagte Jessica K.-G. soll den „geschwächten und unterernährten Zustand“ des 51-jährigen Opfers, das zuletzt bei einer Größe von 1,63 Meter nur noch 42 Kilogramm gewogen habe, ausgenutzt haben, um sie zu töten oder ihren Tod zumindest billigend in Kauf zu nehmen, so Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann in der Anklage.

Der Besucherandrang vor Saal 1 des Mannheimer Landgerichts ist groß, die Sicherheitsvorkehrungen sind umfangreich. Der Fall hatte nicht zuletzt wegen vorangegangener Tötungsdelikte in der Region zunächst für eine starke Verunsicherung in der Bevölkerung und auch für überregionale Aufmerksamkeit gesorgt.

Opfer über Wochen gedemütigt, beleidigt und geschlagen

Auf einem Kaugummi kauend sitzt die 38-Jährige, die wegen Totschlags angeklagt ist, zwischen ihren Verteidigern Constantin Schiffer und Pascal Sobotta und hört zu, was ihr zur Last gelegt wird. So soll sie im vergangenen Jahr ihr späteres Opfer, mit dem sie seit Jahren befreundet war, in ihrer Wohnung auf der Hochstätt aufgenommen haben. Wie im Laufe des Prozesstages noch bekannt wird, lief gegen die 51-Jährige eine Räumungsklage. Zu ihrer Wohnung in der Neckarstadt hatte sie darum keinen Zutritt mehr. Im Verlauf des Zusammenlebens soll Jessica K.-G. ihre Freundin laut Anklage zunehmend demütigend und beleidigend behandelt, sie als Dienstmädchen zum Putzen und Einkaufen benutzt haben. Es soll auch immer wieder zu Schlägen gekommen sein, bei denen die 51-Jährige schmerzhafte Hämatome davontrug.

Am späten Abend des 12. Oktober oder am frühen Morgen des nächsten Tages habe die Angeklagte dann vermutlich im Verlauf eines Streits dem Opfer mit einer 500 Gramm schweren Metallvase auf den Kopf geschlagen und sei anschließend mehrmals auf die unterernährte, schwache Frau, die am Boden lag, draufgesprungen oder habe sich auf sie fallen lassen. Dadurch sei es zu schweren inneren Verletzungen gekommen, an denen die 51-Jährige noch in der Wohnung verstarb. Um die Tat zu vertuschen, habe Jessica K.-G. ihren Freund Haci A. angerufen. Gemeinsam sollen sie die Leiche gewaschen, frisch angezogen und mit einem Fahrzeug in ein etwa 1,7 Kilometer weit entferntes Waldstück nahe der Pferderennbahn transportiert haben. Dort hätten sie das Opfer dann in einem Gebüsch abgelegt. Auch die Wohnung sollen die beiden noch gereinigt haben.

Der wegen des Versuchs der Strafvereitelung mitangeklagte Haci A.: Er soll der Angeklagten geholfen haben, die Tat zu vertuschen. © Simone Kiß

Zur Sache will die Angeklagte, die drei Töchter im Alter von 21, 20 und 18 Jahren hat, keine Angaben machen. Sie berichtet zunächst nur von ihrer Kindheit in Landau. Dort sei sie mit drei Halbschwestern und ihrer Mutter aufgewachsen. Ihren Vater habe sie nicht gekannt. Nach ihrem Hauptschulabschluss beginnt sie eine Ausbildung im Einzelhandel, die sie dann aber abbricht. Ihre Ehe scheitert, wodurch sie sich schuldig gefühlt habe, da ihre Kinder nun wie sie selbst nicht in einem intakten Elternhaus aufwachsen würden.

An dieser Stelle bricht die 38-Jährige ab und lässt ihren Verteidiger Constantin Schiffer die Angaben zu ihrer Person weiterverlesen. Er berichtet von einer „toxischen Beziehung“ zu einem Mann, der sie auch körperlich misshandelt und ins Drogenmilieu gezogen habe. Ecstasy, Amphetamin, Marihuana – endlich habe sie mal wieder Glücksgefühle verspürt. Ohne Drogen habe in den Monaten vor der Tat nichts mehr funktioniert: „Wenn ich aufgestanden bin, habe ich eine Nase gezogen, dann war alles gut.“ Den Entzug in der Justizvollzugsanstalt bezeichnet Jessica K.-G. als „extremen Horror“.

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Wie sie diesen Drogenkonsum finanziert hat, will der Vorsitzende Richter Gerd Rackwitz von der 38-Jährigen wissen, die angegeben hat, gelegentlich als Bedienung gearbeitet und in den letzten rund zwei Jahren von Bürgergeld gelebt zu haben. „Freunde, zum Teil eigenes Geld – und ich hatte gute Preise“, so die Antwort. Ob sie auch Schulden hat? „Bestimmt“, sagt die Angeklagte. Auf Nachfrage beziffert sie diese auf rund 20.000 bis 25.000 Euro.

Polizist identifiziert Frauenleiche nach vorangegangenem Einsatz

Auch der wegen versuchter Strafvereitelung angeklagte Haci A. möchte sich zur Sache nicht äußern, macht lediglich einige persönliche Angaben. So sei der heute 37-Jährige im Alter von vier Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Hier sei er zur Schule gegangen und habe eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker gemacht. Zuletzt habe er als Schlosser und nebenbei als Türsteher gearbeitet. Er sei verheiratet und habe vier Kinder im Alter von vier, acht, elf und zwölf Jahren. Die Frage, ob auch er Drogen genommen habe, weist Lars Middendorf, einer seiner drei Verteidiger, zurück.

Als ersten Zeugen vernimmt das Gericht den Polizisten, der mit einem Kollegen am Turfweg eintraf, nachdem ein Jagdpächter und eine Spaziergängerin die Leiche entdeckt hatten. Er gibt an, das Opfer gleich wiedererkannt zu haben – von einem Einsatz, der etwa eineinhalb Wochen vor der Tat stattgefunden hatte. Ein Supermarkt-Besitzer habe damals Rettungswagen und Polizei gerufen, weil die 51-Jährige stundenlang einen übervollen Einkaufswagen durch den Laden geschoben und einen sehr schlechten körperlichen und auch verwirrten Eindruck gemacht habe, berichtet der Polizist. Man habe die Frau dann in die Wohnung auf der Hochstätt zurückgebracht.

Der Prozess wird am 22. Juli fortgesetzt.

Redaktion Reporterin Team Mannheim

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