Lichterloh züngeln die Flammen durch mehrere Stockwerke - und das mitten im Jungbusch. Am Freitag hat ein Großbrand in einem leerstehenden Gewerbegebäude des Kauffmannmühlen-Areals in der Hafenstraße die Mannheimer Einsatzkräfte in Atem gehalten. Die Feuerwehr rückt am frühen Nachmittag mit mehreren Löschfahrzeugen an, die Polizei sperrt das Gebiet zwischen Helling- und Kurt-Schuhmacher-Straße weiträumig ab.
Weil das Feuer sich auf weitere Stockwerke bis zum Dachstuhl ausbreitet und Gebäudeteile immer wieder hinabstürzen, ruft die Polizei Menschen dazu auf, den Gefahrenbereich zu verlassen. Dann werden laut Polizei bis zu 150 Leute aus umliegenden Häusern evakuiert. Der Grund: Durch Funkenflug besteht die Gefahr, dass umliegende Gebäude in Brand geraten. Betroffen sind auch Häuser in der Hafenstraße, der Böckstraße sowie der Werftstraße.
Löschen nur von außen
Aber auch die Bekämpfung des Brandes im Gebäude selbst gestaltet sich extrem schwierig. „Wir können das Feuer nicht von innen löschen, weil das Gebäude massiv einsturzgefährdet ist“, sagt der zuständige Einsatzleiter im Lagezentrum der Feuerwehr, Simon Berger. Insgesamt 90 Feuerwehrkräfte sind daher mit Drehleitern von außen bei der Arbeit. Der Brand drohe, sich auf andere Häuser auszuweiten. „Es kommt immer wieder zu sogenannten Flugfeuern, die wir sehr schnell löschen müssen.“
Bei dem brennenden Gebäude handelt es sich um das Anwesen an der Ecke Hafenstraße/Böckstraße - es ist die frühere Mühle des Kauffmanmühlen-Areals, das von der Jahrhundertwende stammt. Rund um das Gebäude war kürzlich ein Zaun aufgebaut worden - zum Schutz vor Steinen, die von der Fassade fallen könnten. Im Hinterhof, im früheren Kantinengebäude der Mühle, befinden sich die Räume des Künstlerhauses Zeitraumexit, die von dem Feuer nicht betroffen sind. Das gilt auch für das aufwendig sanierte frühere Silogebäude der Mühle auf der anderen Seite der Hafenstraße, in dem sich Wohnungen befinden.
Nach stundenlangen Löscharbeiten befürchtet die Feuerwehr, dass eine hohe Giebelwand des brennenden Gebäudes einstürzt. Auch daher sei die Evakuierung der umliegenden Häuser notwendig.
Die Rauchsäule des Brands ist meilenweit zu sehen - und der Rauch selbst sogar noch auf der anderen Uferseite in der Neckarstadt deutlich spürbar und sichtbar. Vom Fahrradfahrer über den Spaziergänger bis zur Hundebesitzerin: Auf der Neckarwiese und am Wegesrand in der Neckarstadt-West versammeln sich Schaulustige, die erstaunt beobachten, was da gerade auf der anderen Seite passiert. Der starke Wind treibt den beißenden Rauch von der brennenden Kauffmannmühle immer wieder in ihre Richtung. Und auch auf der Jungbuschbrücke staut sich der Verkehr.
Immer wieder ertönen Martinshörner von Polizeiwagen, die versuchen, sich durch den Verkehr zu quälen. Auch über die anderen Brücken rasen die Einsatzkräfte in den Jungbusch, strömen von allen Seiten aus der Stadt zum Großbrand.
Direkt am Wasser halten die Flammen, die nur wenige Meter entfernt im Dachstuhl der Mühle wüten, den Kranfahrer nicht davon ab, weiter Schiffe mit Containern zu beladen. Gleichzeitig wagen sich Feuerwehrleute über eine große Leiter ans Zentrum des Brands heran, lassen Wassermassen auf den Dachstuhl regnen. Gleich zwei Mal schießen Stichflammen aus dem rauchenden Dach hervor, verdunkelt sich der Himmel durch den schwarzen Rauch. Auch Polizeipräsident Siegfried Kollmar, Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Sicherheitsdezernent Christian Specht (CDU) sind zum Einsatzort gekommen, um sich ein Bild zu machen.
Für die evakuierten Jungbuschbewohner richtet die Stadt eine Anlaufstelle in der Jungbuschhalle samt Übernachtungsmöglichkeit ein, auch das Gemeinschaftszentrum öffnet für seine Türen. Sie können voraussichtlich die ganze Nacht über nicht in ihre Wohnungen zurück. Das sagt Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht am Abend an der Einsatzstelle. Die Feuerwehr spricht von zwei verletzten Personen.
Klage über Gaffer
Zwar sind die Straßen sowie Häuser in der direkten Umgebung betroffen. Der Betrieb in den Restaurants etwa in der Beilstraße, aber läuft erst einmal weiter. „Wir haben schon geöffnet und Reservierungen. Ob die Gäste trotzdem kommen, wissen wir aber nicht“, sagt Inhaberin Chrysi Vlasakidou.
Am Anfang war hier sehr viel Unvernunft im Spiel, weil die Leute aufgrund ihrer Sensationslust versucht haben, ranzukommen, um zu schauen, was los ist.
Ein paar Meter entfernt, am Brandort, ist die größte Herausforderung die Stabilität des Gebäudes. „Wir kommen gut voran mit der Brandbekämpfung, aber wir wissen nicht, wie groß die Einsturzgefahr des Hauses ist“, so Specht. Daher seien das Technische Hilfswerk (THW) und Statiker vor Ort.
Nach Angaben von Polizeipräsident Kollmar ist eine großräumige Absperrung rund um den Brandort nötig - wegen der zahlreichen Schaulustigen: „Am Anfang war hier sehr viel Unvernunft im Spiel, weil die Leute aufgrund ihrer Sensationslust versucht haben, ranzukommen, um zu schauen, was los ist. Wir haben sehr viele Kräfte benötigt, um alle weg zu bekommen und großräumig abzusperren, damit keiner mehr gefährdet ist.“
Das ausgebrannte Gebäude gehört dem Investor Reinhard Suhl, der auch das frühere Mühlen-Silo auf der anderen Seite der Hafenstraße saniert hat. Er habe von seinem Architekten von dem Feuer erfahren, eine halbe Stunde davor sei er selbst noch in dem Gebäude gewesen, erzählt Suhl dieser Redaktion. Suhl wollte das Gebäude sanieren, Wohnungen sollten darin entstehen, die Baugenehmigung liege bereits vor, berichtet er. Das Gebäude sei versichert, aber es habe natürlich auch einen baugeschichtlichen Wert. „Wir hoffen, dass wir die Fassade erhalten können.“ (mit dpa)