Mannheim. Sie haben „lange mit sich gehadert“, gestand Chris Rihm. „Kann man in diesen schweren Zeiten feiern, nach dem unvorstellbaren Grauen des Hamas-Terrors?“, fragte sich der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Rhein-Neckar/Mannheim. Aber dann hat sich der Verein doch durchgerungen, das 75-jährige Bestehen des States Israel und sein eigenes 30-jähriges Bestehen zu feiern. Doch genau dadurch ist vom stilvollen Abend „ein starkes Signal ausgegangen“, fand Rihms Stellvertreter Christian Soeder.
„Wir wollen ein Zeichen der Normalität in nicht normalen Zeiten setzen“, begründete Rihm, warum der schon lange vor dem Überfall der Hamas geplante Festakt trotz Krieg und Leid nicht abgesagt wurde: „Ein Zeichen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen,“ sagte Rihm. „Wir feiern gerade in diesen dunklen Stunden die mutige Widerstandskraft der Israelis“, so Victor Marki, ein weiterer Stellvertreter.
Schüleraustausch nach Haifa
Gerade in einer Zeit, in der Terroristen „mit einer unfassbaren Brutalität“ das Ziel der Auslöschung des Staates Israel verfolgten, Bürger Israels „in Angst und Schrecken leben“, auch in vielen anderen Ländern Antisemitismus und Judenhass zunehmen würden, wolle man „ein sichtbares Zeichen der Unterstützung setzen“, bekräftigte Rihm, denn man dürfe „jegliche Form des Antisemitismus nicht dulden“. „Nie wieder ist jetzt“, rief der Stadtrat der Grünen aus und „Am Israel Chai“ (Das Volk Israel lebt)!
Seine Liebe zum Heiligen Land entstand, als er an einem deutsch-israelischen Schüleraustausch teilnahm. Den hatte 1984 die Lehrerin Margot Neuberg mit dem Gymnasium Kiryat Haim in Haifa initiiert. „Ein ausgezeichnetes Engagement“, erinnerte daran nun Rita Althausen, ehemalige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde und jetzt stellvertretende Vorsitzende der regionalen Deutsch-Israelischen Gesellschaft.
„Ein leuchtendes Beispiel“
In 39 Jahren haben an diesem Schüleraustausch, der sich längst über das Tulla- und das Elisabeth-Gymnasium, welche die Pionierarbeit leisteten, auf einige andere Gymnasien erstreckt, rund 1400 Jugendliche beider Länder teilgenommen. Wie gut er sich entwickelt hat und wie viele emotionale Momente und Verbindungen dadurch entstanden sind, verdeutlichten in einer von Steffen Antes – der einst auch daran teilnahm – geleiteten Diskussion die vier Lehrer Anouk Bourrat-Moll, Sandra Roos, Klaus Riebel und Andreas Breunig.
Zugleich ist der Austausch zur Keimzelle der Städtepartnerschaft Mannheim-Haifa sowie der dann vom damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Siegfried Vergin gegründeten DIG geworden. Inzwischen ist sie „ein leuchtendes Beispiel und bundesweit eine der aktivsten“, lobte Yoram Ehrlich vom Präsidium der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Er äußerte „tiefe Anerkennung für das unermüdliche Engagement“ der Mannheimer.
Sehr persönliche Worte des Dankes für die „wertvolle Arbeit“ der DIG formulierte Heidrun Deborah Kämper, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde. „Sie ist keine Schönwetterorganisation“, würdigte Kämper besonders Rihm, dass er gerade in den zurückliegenden Wochen „mit großer Energie und entschlossener Tatkraft“ mehrere Mahnwachen organisiert habe. Israel und die Jüdische Gemeinde bräuchten solche Freunde, „und das war vielleicht noch nie so sehr notwendig in den vergangenen 30 Jahren wie jetzt“.
Dank für Solidarität
Das verdeutlichte auch Kasa Bainesay-Harbor, Vize-Generalkonsulin von Israel, in ihrem ebenso emotionalen wie deutlichen Festvortrag. Sie dankte den Aktiven der DIG „für alles, was sie für uns getan haben und in Zukunft für uns tun“. Die Aktionen und Kundgebungen der Solidarität in Deutschland würden sehr wohl dankbar in Israel wahrgenommen, so die Vize-Generalkonsulin.
Wer jetzt Israel unterstütze, unterstütze letztlich die westlichen Werte von Demokratie und Frieden – denn genau dafür kämpften die israelischen Soldaten derzeit, betonte die Diplomatin. Dabei wüssten die Terroristen („Leben, auch von Zivilisten, zählen für sie nicht“) genau, dass Israel eine Demokratie sei, die sich westlichen Werten verbunden fühle, weshalb man eigentlich keine Krankenhäuser und Schulen angreifen würde. Aber die Hamas setze bewusst auf gefälschte Bilder in sozialen Netzwerken sowie Tunnel unter Schulen und Krankenhäuser als Zentralen des Terrors, weshalb die israelischen Soldaten nur die Wahl hätten, die Terror-Tunnel zu zerstören, um so letztlich die Menschen zu schützen.
Diana Pretzell sitzt in Zug fest, Riehle übernimmt
Natürlich sei es erlaubt, Israels Politik zu kritisieren, sagte sie. Aber das dürfe nicht soweit führen, dass man dem Volk Israels das Recht auf Leben und auf die Verteidigung des Staates abspreche, mahnte Kasa Bainesay-Harbor. Die Vize-Generalkonsulin appellierte an Deutschland, den falschen informationen in sozialen Netzwerken und dem wachsenden Antisemitismus mehr Bildung zur Geschichte Israels in den Schulen entgegenzusetzen. Und sie zeigte sich optimistisch: Israel werde gestärkt aus dem Krieg mit der Hamas hervorgehen.
„Wir stehen fest an der Seite Israels“, versichere ihr und der DIG der Stadtrat Thorsten Riehle. Spontan übernahm er ein Grußwort für die Stadt, weil Erste Bürgermeisterin Diana Pretzell in einem Zug festsass. Doch Riehle war es wichtig, die Bedeutung von „Nie wieder!“ zu betonen. „Man muss immer wieder an die Vergangenheit erinnern – diese Verantwortung tragen wir“, betonte er.
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