Mannheim. Die Lokalredaktion fastet - aber nur zum Teil. Während drei „MM“-Redakteure sich eine Challenge liefern und 40 Tage auf ihre jeweiligen Lieblingsdrogen - Energydrinks, Bier, Süßigkeiten - verzichten, verbringt eine Reporterin einen Thekenabend in einer Kneipe und führt Gespräche übers Fasten.
„Dass die Leute fasten, bekommt man ehrlich gesagt überhaupt nicht mit. Außer der Sebastian, der fastet ja gerade“, berichtet Jo Martin, Inhaber des Uhland in der Neckarstadt-Ost. Mit Sebastian ist „MM“-Redakteur Sebastian Koch gemeint. Ihn kennt Martin nämlich nicht nur aus der Zeitung, sondern auch als seinen Gast, der gern nach Feierabend auf ein Bier hereinschaut. Allerdings hat er sich gerade auf Verzicht eingeschworen. „Wenn er kommt, kann er gern ein Wasser haben“, sagt der Gastwirt.
Trinkverhalten hat sich geändert
Auch wenn die Fastenzeit, die offiziell vom 14. Februar bis 30. März dauert, im Uhland kein Thema ist, so würden doch einzelne Gäste Wasser trinken, meint Martin nach einigem Überlegen. Weniger Bier getrunken würde in dieser Zeit jedoch nicht; im Gegenteil, gerade in der vergangenen Woche sei viel getrunken worden. Allerdings hätte sich das Trinkverhalten in den vergangenen Jahrzehnten stark geändert.
„Es wurde früher viel mehr getrunken. Mehr Bier, Schnäpse dazu, mehr Wein“, berichtet Martin von der Zeit, als sich das Uhland noch in der Uhlandstraße befunden hatte. Schnäpse seien beinahe out, die würden heute kaum noch getrunken. Und das Trinkverhalten der jungen Leute hätte sich sogar extrem verändert - manche würden den ganzen Abend Cola oder Fanta trinken. „Das wäre in meiner Zeit undenkbar gewesen“, berichtet Martin.
Im alten Uhland in den Nuller-Jahren habe man noch „mit Fluppe im Mund“ hinter der Theke gezapft. „Es ging ab ohne Ende, und zum Bier wollten die Gäste noch eine Runde Ouzo - das macht heute kaum noch jemand.“ „Im Jungbusch ist das schon noch so, wo eher die jungen Leute sind“, wirft Jo Martins Sohn ein, der das Gespräch über den Tresen hinweg verfolgt.
"Mache jedes Jahr einen trockenen Januar"
Der Gastwirt überlegt, woran es liegt, dass das Trinkverhalten der Jugend sich verändert hat. Ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein könnte der Grund sein, Präventionsarbeit und das Wissen um die Gefahren des Alkohols, vermutet er. Dieses Wissen verändert nicht nur das Trinkverhalten der jungen Leute. Auch Babyboomer, die in früheren Jahren mitunter sorglos Alkohol getrunken haben, überdenken ihren Konsum.
„Ich mache jedes Jahr einen trockenen Januar, weil ich entgiften und die Kontrolle über meinen Konsum behalten will“, sagt ein Gast nach dem Kneipenabend im Gespräch mit dem „MM“. Oft würde er die trockene Zeit noch bis in den März hinein verlängern, weil es ihm sehr gut tue, eine Weile keinen Alkohol zu trinken.
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An der Fastenzeit orientiert er sich bei seinem Alkoholverzicht aber nicht. „Wenn Weihnachten und Silvester vorbei sind, ist der Winter einfach eine gute Zeit. Es gibt, wenn man nicht Jeck ist, nicht viele Anlässe, bei denen getrunken wird.“ Wenn die Temperaturen aber steigen, werde er irgendwann schwach. Es sei einfach gesellig und schön, draußen im Biergarten zu sitzen und Weinschorle oder Bier zu trinken, findet er.
Eine Besucherin, die zum Abendessen ins Uhland gekommen ist, nippt an einem Gin Tonic. Auf Nachfrage verrät sie schließlich, dass sie noch nie gefastet habe, die Idee eines trockenen Januars aber reizvoll finde und schon mal überlegt habe, den ersten Monat des Jahres einmal auf Alkohol zu verzichten. Ob sie noch einen Drink haben möchte? „Lieber nicht, ich muss noch Auto fahren“, sagt sie und bestellt ein Wasser.
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