Jungbusch. Immer nur an Weihnachten eine Feier mit Essen für Bedürftige auf die Beine stellen? Warum nicht auch an Ostern? Das jedenfalls dachte sich Richard Brox, der im Haus Bethanien ein verspätetes Ostermenü für 150 Leute organisiert hat, die sich an Festtagen keine Besonderheiten oder Restaurantbesuche leisten können. Das Haus Bethanien im Jungbusch ist eine Einrichtung für Frauen und Männer, die nicht selbstständig wohnen können.
Mit dabei waren auch die Besucherinnen und Besucher der Suchthilfeeinrichtung Café Anker, das sich ebenfalls im Jungbusch befindet. Es gab Jägerschnitzel, Spätzle und Gemüse von der Metzgerei Hauck, zum Mitnehmen eine Ostertüte von der Bäckerei Grimminger. Musiker Erazem spielte Gitarre und sang, während die Besucher drinnen und draußen gemütlich sitzen und ihr Essen genießen konnten.
„Ich war 30 Jahre lang ohne festen Wohnsitz und kenne das Haus noch von Anfang der 1990er. Ich würde mich freuen, wenn die Leute Ihnen gegenüber Mitgefühl zeigen, nicht Mitleid“, sagte Richard Brox direkt an die Besucher gerichtet und bedankte sich bei allen, die ihn bei der Verwirklichung des Projekts unterstützt hatten, darunter Thorsten Riehle und Gerhard Fontagnier, die ebenfalls gekommen waren. „Haus Bethanien ist ein Ankerplatz, ein sicherer Hafen, Marie-Louise Uhrig führt das Haus mit Herzblut“, sagte Riehle. „Das heutige Essen ist keine einmalige Aktion. Viele Menschen in Mannheim tragen dazu bei, dass das Zusammenleben funktioniert.“
Haus Bethanien in Mannheim ist fast 70 Jahre alt
Das Haus Bethanien gibt es nun schon seit fast 70 Jahren. Zuerst wurde ein „Verein zur Überwindung der Suchtgefahren“ gegründet, ein Wohnheim für 20 Männer geschaffen. Inzwischen nimmt das Haus auch Frauen auf. „Wir haben in den letzten Jahren immer mehr Anfragen von Frauen gehabt“, erzählte die Einrichtungsleiterin Marie-Louise Uhrig.
Manche Leute, die ins Haus kommen, haben nicht auf der Straße gelebt, ihnen konnte geholfen werden, bevor die Wohnungslosigkeit drohte. Ziel der Einrichtung ist es, die Bewohner so zu unterstützen, dass sie wieder eine eigene Wohnung führen können – das klingt einfach, doch wer einmal raus ist aus den Strukturen des Alltags, kommt nur schwer wieder rein. „Manche, die auf der Straße gelebt haben, schaffen es, durch die Stabilisierung hier im Haus wieder allein wohnen zu können“, sagt Uhrig. Doch die Wohnungssuche sei ein großes Problem, da es zu wenig sozialen Wohnungsbau gebe. „Deshalb kooperieren wir mit der Stadt und der GBG.“
Lothar, der seit acht Monaten im Haus lebt, ist für das kleine Café zuständig. „Ich war letztes Jahr drei Monate im Krankenhaus, danach konnte ich nicht mehr allein leben. Ich hatte die Wahl: Pflegeheim oder Bethanien. Jetzt wohne ich hier in einer Wohngemeinschaft“, sagte Lothar. Sechs Tage die Woche schenkt er den Bewohnern Kaffee aus, vor- und nachmittags, außerdem ist er der „Gehilfe des Hausmeisters“. Ihm sei es wichtig, etwas zu tun. „Er macht das richtig gut“, sagte Sozialarbeiter Benjamin Müllerchen. „Es gibt hier verschiedene Tagesstruktur-Angebote, zum Beispiel BiG – Bibel im Gespräch, Büchercafé, Kreativwerkstatt und auch mal eine Exkursion in den Luisenpark. Wir legen Wert auf Gemeinschaft und Miteinander.“
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