Kommunalwahl - Thomas Trüper und Nalan Erol von der Linken wollen günstigen Wohnraum schaffen und für gleiche Bildungschancen sorgen.

Erst die Politik, dann der Garten

Von 
Timo Schmidhuber
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Diese gusseiserne alte Straßenlaterne mit den schnörkeligen Verzierungen – das ist so ein Motiv, das Nalan Erol gerne vor die Linse nimmt. Das Fotografieren ist ein Hobby der Linken-Stadträtin, „schon seit der Kindheit“, die Frau mit den langen, schwarzen Haaren lächelt dabei. Was sie gerne fotografiert? „Selten Menschen, lieber die Natur, Bäume und andere Pflanzen.“ Davon gibt es jede Menge hier in der Kleingartenanlage Herzogenried – und eben auch kunstvoll-schöne Gegenstände wie die Straßenlaterne.

Für eine Hobby-Fotografin wie Nalan Erol ist die Kleingartenanlage also kein schlechter Ort – und ihr Partei- und Stadtratskollege Thomas Trüper hat hier einen Garten. Deshalb haben sich die zwei Spitzenkandidaten der Linken bei der Kommunalwahl dieses grüne Idyll an der Nordseite des Herzogenriedparks als Treffpunkt für das Gespräch mit dem „MM“ ausgesucht. Trüper betont allerdings immer, dass es der Garten seiner Frau sei. Die habe sich richtig reingearbeitet in den Anbau von Gemüse, Obst und Blumen. Er selbst mache eher die „groben Arbeiten“. Doch auch die Restaurierung der alten Straßenlaterne direkt vor dem Garten war sein Werk. Mit Hammer und Stahlbürste hat der gelernte Werkzeugmacher Trüper die alte Farbe weggeschlagen und weggekratzt – und die Laterne dann hellblau gestrichen. Tiefer in die Gartenarbeit einzusteigen, das wäre schon auch was für ihn, sagt der Rentner. „Aber ich habe keine Zeit wegen der Politik.“

Drei Sitze als Ziel

Die beschäftigt Trüper und Erol auch weiter. Ihr Ziel bei der Wahl ist es, „wieder auf drei Sitze zu kommen, wie bei der letzten Wahl“, erklärt Trüper. Damals holte den dritten Linken-Sitz Julien Ferrat, mit dem sich die Partei allerdings schon vor der Wahl überworfen hatte.

Eines der Kernanliegen der Mannheimer Linken ist – nicht erst in diesem Wahlkampf – das Wohnen. Ein Thema, das sich in den vergangenen Jahren zum vielleicht wichtigsten in Bundes- wie auch Kommunalpolitik entwickelt hat. „Wir bearbeiten das Thema Wohnen schon seit 2013 in vielen Facetten“, sagt Trüper, der mit Erol inzwischen auf der Terrasse der „Gartenklause“ Platz genommen hat, der Gaststätte in der Anlage. Über viele Linke-Anträge sei im Rat gar nicht abgestimmt worden, aber vieles habe die Stadtverwaltung in ihr Zwölf-Punkte-Programm zum Wohnen aufgenommen. „Wir haben sehr früh darauf hingewiesen, dass es in Mannheim an bezahlbarem Wohnraum mangelt.“ Die Ursache dafür liegt aus Trüpers Sicht auch darin, dass das Land „völlig versagt“ habe, weil es den sozialen Wohnungsbau nicht gefördert habe. Aber auch die Kommune könne etwas tun. Sie solle Baugrundstücke kaufen und behalten – und nur in Erbpacht gemeinwohlorientierten Bauträgern wie der GBG, Genossenschaften oder dem Mietshäusersyndikat zur Verfügung stellen. Gerade für die letzte noch freie Konversionsfläche im Bereich Spinelli/Käfertal-Süd hält Trüper das für dringend geboten. Die in Mannheim geltende Sozialquote (in Neubauten ab zehn Einheiten dürfen 30 Prozent der Wohnungen nicht teuerer als 7,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter sein) hält die Linke für zu gering. Ein weiteres wichtiges Thema ist für Trüper auch der Verkehr. Es gehe darum, den Menschen Alternativen zum eigenen Auto aufzuzeigen – Car-Sharing, Fahrrad, öffentliche Verkehrsmittel, die langfristig kostenlos sein müssten.

Nalan Erol liegt besonders das Thema Bildung am Herzen, genauer gesagt: gleiche Chancen für alle durch gute Bildung. Die Forderung der Linken: eine zweite Gesamtschule neben dem IGMH im Mannheimer Süden. Weil in dieser Schulform schon oft Kinder mit einer Hauptschulempfehlung gekommen und mit dem Abitur wieder gegangen seien, sagt Erol. Wichtig sind der Partei auch die Einrichtung von weiteren Ganztagsschulen sowie kostenlose, ganztägige Krippen- und Kindergartenplätze.

Und dann ist da noch die Art des Zusammenlebens, für das Erol und ihre Parteifreunde eintreten und das auch im 60-seitigen Wahlprogramm (unter bit.ly/2Wvoinx) skizziert ist: Sozial, solidarisch, feministisch und offen für alle, heißt es da.

Die Spitzenkandidaten

  • Seit 2009 sitzt Thomas Trüper im Gemeinderat. Er ist 68 Jahre alt, Rentner, wohnt im Herzogenried und ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft des Stadtteils. Trüper ist verheiratet, bei der Linken kandidiert er auf Listenplatz eins.
  • Trüper wuchs in Bayern auf, studierte evangelische Theologie in Heidelberg und machte eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger. Nach seinem Austritt aus der Kirche konnte er in diesem Bereich nicht mehr arbeiten und machte eine Ausbildung zum Werkzeugmacher. Beim Chemieunternehmen Weyl arbeitete er zunächst als Schlosser, später war er jahrelang freigestellter Betriebsrat.
  • Nalan Erol kam 2018 für die zuvor in den Bundestag gewählte Gökay Akbulut in den Gemeinderat. Die 45-jährige Apothekenhelferin ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt auf dem Waldhof.
  • Erol hat einen türkischen und einen deutschen Pass, sie ist Mitglied in der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF) und kam über die Arbeit in dem kulturell-politischen Verein zur Linken. Sie kandidiert auf Listenplatz zwei. imo

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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