Mannheim. Eine der größten Hürden bei der Integration ukrainischer Kinder in den Schulen ist die Sprache. Normalerweise erhalten Schülerinnen und Schüler, die wenig oder gar kein Deutsch sprechen, in so genannten Vorbereitungsklassen (VKL) intensiven Deutschunterricht. Das Problem: Die waren schon vor dem Ukraine-Krieg an vielen Schulen voll, mit zugewanderten Kindern aus anderen Ländern. Außerdem gibt es sie nicht überall, vor allem nicht an weiterführenden Schulen.
Inzwischen wurde hier aufgestockt, wie der geschäftsführende Schulleiter der Mannheimer Gymnasien, Gerhard Weber, berichtet: „Es passiert mittlerweile eine ganze Menge“, sagt der Direktor des Moll-Gymnasiums. So seien zusätzliche Vorbereitungsklassen, wie sie bereits an seiner Schule auf dem Lindenhof mit 24 Schülern und am Ludwig-Frank-Gymnasium mit 32 Schülern bestehen, auch an anderen Schulen zeitnah geplant. Nach den Osterferien werden VKL am Geschwister-Scholl-Gymnasium, am Elisabeth-Gymnasium und am Johanna-Geissmar-Gymnasium eingerichtet. Insgesamt könnten somit voraussichtlich 100 ukrainische Schülerinnen und Schüler beschult werden. Laut Weber werden sie an den jeweiligen Gymnasien acht bis zehn Stunden Unterricht von Fachlehrkräften erhalten, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Die übrige Schulzeit verbringen die Kinder und Jugendlichen im normalen Unterricht.
Deutschkenntnisse zwingend
Um überhaupt genug Personal zu haben, das sich dann um die zugewanderten Kinder, speziell eben in den Vorbereitungsklassen, kümmern kann, hat das Land Baden-Württemberg ein Portal eingerichtet, wo sich Lehrkräfte registrieren können. Genaugenommen existierte das Portal auch vorher schon, als Vertretungspool, in dem sich Lehrkräfte, auch pensionierte, einschreiben können, die einspringen, wenn eine Lehrkraft an einer Schule länger ausfällt. Dieses Portal wurde an die jetzige Bedarfslage angepasst, denn gesucht werden nun vor allem Personen, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten – sowie ukrainische Lehrkräfte mit deutschen Sprachkenntnissen.
Deren Einstellung soll möglichst schnell und pragmatisch erfolgen, wichtigste Voraussetzung ist ein Aufenthaltstitel, aber den erhalten Vertriebene des Ukraine-Krieges in der Regel ohnehin. In einem zweiten Schritt müssen sich die Bewerber auf dem Portal registrieren und Auskunft über Kompetenzen, Zertifikate und Abschlüsse geben.
Danach ordnen im Rahmen eines Matchings die zuständigen Schulämter die registrierten Personen den gemeldeten Bedarfen der Schulen zu. „Es folgt ein Vorstellungsgespräch an der Schule, und im Anschluss wird dem Regierungspräsidium Karlsruhe gemeldet, ob ein Vertragsangebot unterbreitet werden kann“, erläutert Sabine Hamann, Schulamtsdirektorin am Staatlichen Schulamt Mannheim. Nach Vertragsunterzeichnung könne die ukrainische Lehrkraft dann den Dienst aufnehmen. Seit Öffnung des Portals vor drei Wochen haben sich rund 100 Personen registriert, die an den Schulen zum Einsatz kommen möchten, darunter ukrainische Lehrkräfte, Erzieherinnen, aber auch Pensionäre und andere interessierte Personen.
Belastbare Zahlen, wie viele ukrainische Kinder und Jugendliche inzwischen schon an Mannheims Schulen sind, hat das Staatliche Schulamt nicht. Noch nicht. Eine landesweite Abfrage des Kultusministeriums in Stuttgart zur Schülerzahl sei noch nicht heruntergebrochen worden auf die Staatlichen Schulämter; eine Abfrage zu den Kapazitäten der Vorbereitungsklassen laufe gerade. Nach offiziellen Zahlen der Stadt Mannheim belaufen sich die Zuzüge aus der Ukraine auf aktuell 2405. Davon sind 306 unter sechs Jahren, 652 sind im Alter zwischen sechs und 17 Jahren.
Kontakt halten
Viele ukrainische Kinder und Jugendliche sind im Übrigen weiter mit ihren alten Klassen in Kontakt. Die ukrainischen Schulen versuchen, so viel wie möglich Unterricht online anzubieten und die Schüler, wo immer die sich gerade befinden, zu erreichen. Die deutschen Bundesländer haben in ihre Bildungsmediatheken sogar schon ukrainische Schulbücher zum Herunterladen eingestellt. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) stellt allerdings klar, dass Online-Unterricht der ukrainischen Seite nur als flankierende Maßnahme zu betrachten sei. „Die Integration in das deutsche Schulsystem hat Priorität“, betont KMK-Sprecher Torsten Heil.
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