Bundesgartenschau

Erinnerungsort für Gastarbeiter auf Spinelli-Areal eingeweiht

Von 
Peter W. Ragge
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Bänke, Bäume, Infotafeln: Der neue Erinnerungsort an die Mannheimer Gastarbeiter auf Spinelli ist jetzt eingeweiht worden. © Michael Ruffler

Mannheim. Sie sehen es als „Zeichen der Anerkennung, der Wertschätzung und beginnenden Aufarbeitung“: So hat Zahra Alibabanezhad Salem, Vorsitzende des Migrationsbeirats, für das Gremium den neuen Erinnerungsort für die Gastarbeiter auf dem Spinelli-Areal begrüßt. Die Grünanlage ist jetzt offiziell eingeweiht worden und wird auch nach der Bundesgartenschau erhalten bleiben.

Es soll ein „Ort der Identifikation, zum Wohlfühlen und Verweilen“ sein, beschreibt Landschaftsarchitekt Philip Haggeney (Büro RMPSL) seine Idee für die Anlage. Sie besteht aus acht verschiedenen Kiefern, welche die Herkunftsorte der 1955 bis 1973 im Ausland angeworbenen Arbeitskräfte symbolisieren. Dazu kommen Informationstafeln und die Möglichkeit, im Internet weitere Informationen abzurufen.

Diese „gelungene und stimmige Gestaltung, die zum Verweilen einlädt“ lobte Michael Schnellbach, Geschäftsführer der Bundesgartenschau. Er freute sich über die Ehre, dass der Erinnerungsort Teil der Bundesgartenschau sei und wertete die Grünanlage als „Beitrag zum Zusammenleben, zum Verständnis und Miteinander“ in einer von Vielfalt geprägten Stadt.

Teil der Stadtgeschichte

Oberbürgermeister Peter Kurz bezeichnete die Grünanlage als „Ehrung derjenigen, die eine große Leistung für unser Land unter schwierigen Bedingungen erbracht haben“. Die seit 1955 zunächst nur als Arbeitnehmer zugewanderten Menschen seien „Teil der Stadtgeschichte geworden“, die mehr Aufmerksamkeit verdienten, so der Oberbürgermeister. Das werde zwar von einem Teil der Bürger „nicht verstanden und als Verlust der eigenen Geschichte“ und „Bedrohung der eigenen Identität“ gesehen, „aber das müssen wir überwinden“, betonte der Oberbürgermeister mit Blick darauf, dass Mannheim bereits seit der Stadtgründung von zugewanderten Arbeitskräften geprägt werde.

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Die Gastarbeiter der 1950er bis 1970er Jahre seien allerdings geholt worden, „um die schmutzige Arbeit zu machen, die niemand mehr übernehmen wollte“, kritisierte Zahra Alibabanezhad Salem. Zudem seien sie „mit unverhohlenem Rassismus konfrontiert“ gewesen. Es habe „Jahrzehnte gedauert“, bis die deutsche Gesellschaft akzeptiert habe, „dass diese Menschen bleiben werden“. Der vom Migrationsbeirat lange geforderte Erinnerungsort sei nun aber eine Würdigung der Leistung „der Menschen, die unsere Stadtgesellschaft geprägt und zu dem gemacht haben, was sie heute ist“.

Geschichtsprofessorin wählt deutliche Worte

Sehr viel kritischer äußerte sich Maria Alexopoulou, Vertretungsprofessorin am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Uni Mannheim. Sie monierte, dass der Erinnerungsort „abseits der migrantisch geprägten Viertel“ geschaffen worden sei und damit wie die Migranten selbst an den Rand gedrängt würde. Das Wort Gastarbeiter sei „ein widerwärtiger Begriff“, und mit Bäumen und per Internet abrufbaren Interviews werde deren Leistung „nicht angemessen gewürdigt“. Mannheimer Behörden warf sie mehrfach „rassistische Praktiken“ vor, und mit dem erst 2000 geschaffenen Migrationsbeirat sei die Stadt auch „ein Negativbeispiel“.

Claus Preißler, der Integrationsbeauftragte der Stadt, lud sie daraufhin ein, „kritische Punkte mit ihr zu diskutieren“. Er ebenso wie einige danach von ihm in einer Diskussionsrunde befragte Migranten bezeichneten die Grünanlage als genau den richtigen Standort.

Redaktion Chefreporter

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