Landgericht - Im Prozess um einen Messerangriff auf der Schlosspark-Wiese gibt es überraschende Erinnerungslücken / Versuchter Totschlag als Tatvorwurf – fünf Angeklagte schweigen

Erinnerungslücken bei Prozess um Angriff im Schlosspark

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Auf der Schlosspark-Wiese kam es zu dem Angriff. © Markus Proßwitz

Mannheim. „Es war dunkel.“ „Keine Ahnung.“ „Ich kann mich nicht erinnern“. Sätze wie diese ziehen sich durch die Aussagen von zwei jungen Frauen und einem Mann, alle Auszubildende. Sie sollen im Prozess um die nächtliche Messerattacke auf der Schlosspark-Wiese am 13. Juni 2021 berichten, was sie gesehen haben.

Erstaunlicherweise scheinen jene Schilderungen, welche die Drei nach der blutigen Geburtstagsparty bei Polizeivernehmungen detailliert zu Protokoll gegeben haben, wie vom Wind des Vergessens verweht. In dem Verfahren vor der Großen Jugendkammer am Landgericht kommt den Zeugen insofern immense Bedeutung zu, als die fünf Angeklagten zum Tathergang schweigen. Und so gilt es bei der Beweisaufnahme herauszufinden, wie es dazu kam, dass ein Gespräch zwischen zwei jungen Männern unterschiedlicher Besuchergruppen eskalierte und nach einer Gewaltattacke ein 23-Jähriger mit Prellungen sowie zwölf Stich- und Schnittwunden auf dem Boden lag – was die Anklage als versuchten Totschlag zur Last legt.

Richter veweist auf die Wahrheitspflicht

Als Richter Joachim Bock von der ersten Zeugin wissen möchte, ob sie den Geschädigten gekannt habe, antwortet diese: „Für mich gibt es keinen Geschädigten!“ Die 20-Jährige äußert sich ausweichend und vage. Es fallen Sätze wie: „Geschlagen hat jeder von denen“, „Alles ging so schnell“. Aufs Vorlesen ihrer Aussagen damals bei der Polizei reagiert sie: „Oh, wenn das dort so steht, werde ich es wohl gesagt haben.“ Aber erinnern könne sie sich nicht.

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Auf Alkohol und Dunkelheit beruft sich der befragte 23-Jährige, der immer wieder betont: „Ist schon so lange her.“ Der Richter klärt mahnend auf, dass zur Wahrheitspflicht gehöre, alles zu sagen, was man wisse. Die Sitzung wird unterbrochen, damit der Zeuge über sein Aussageverhalten nachdenken kann. Auch nach der Pause will er von seinen früheren Schilderungen nichts wissen. Er behauptet, die Polizei habe ihn unter Druck gesetzt. „Ich habe ausgesagt, was man von mir hören wollte.“ Ohnehin habe er mit dem niedergestochenen Opfer abgesprochen, was er zu Protokoll geben solle.

Zeuge gibt an, Schilderungen erfunden zu haben

Als daran Zweifel auftauchen, gibt der Zeuge lakonisch an, einige seiner Schilderungen frei erfunden zu haben. Richter Bock appelliert vergebens: „Sie könnten wirklich zur Aufklärung beitragen!“ Der 23-Jährige beharrt darauf, nichts gesehen zu haben – und wenn doch, sich nicht mehr zu erinnern. Auch die Androhung eines Verfahrens wegen Strafvereitelung beeindruckt ihn wenig.

Alles nur von anderen gehört und kaum etwas selbst gesehen zu haben – so äußert sich eine 21-Jährige, die erklärt, betrunken gewesen zu sein. Über ihre frühere Schilderung wundert sie sich kokett: „Ach, das habe ich bei der Polizei gesagt?“ Kichern bei den jungen Männern auf der Anklagebank. „Keine Ahnung!“ lautet eine ihrer Dauerantworten.

„Hier braucht man schon einen gewissen Galgenhumor“, kommentiert Bock. Der Prozess geht am 8. März um 9 Uhr weiter. 

Freie Autorin

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