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Erfolgsgeschichten made in Mannheim: Ministerin Hoffmeister-Kraut bei Kontaktstelle Frau und Beruf

Johanna Fernández Castro bekam nur Job-Absagen trotz hoher Qualifikation. Sie googelte "Frau migrantisch arbeitslos Mannheim". Als sie da eine besondere Kontaktstelle fand, sollte es der Glückstreffer ihres Lebens werden

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Lea Seethaler
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Nicole Hoffmeister-Kraut (l.) und Christian Specht (r.) tauschen sich mit dem Team aus. © Lea Seethaler

Mannheim. „Irgendwann wusste ich nicht mehr, woran es lag. Dann hab’ ich bei Google ,Frau Migrationshintergrund arbeitslos Mutter Mannheim’ eingetippt“, erzählt Johanna Fernández Castro. Sie kam vor 13 Jahren aus Kolumbien nach Deutschland. Studierte hier, promovierte schließlich. Ab in den Beruf, war dann der Plan, nachdem die Kinder da waren. Doch es klappte nicht. „Irgendwie hatte ich das Gefühl, im Bewerbungsgespräch kippte die Stimmung immer, wenn ich mit Akzent gesprochen und die Kinder erwähnt habe“, sagt sie.

Mannheimer Kontaktstelle Frau und Beruf im Internet gefunden

Doch ihr verzweifeltes Googeln sollte ein Glücksfall sein. Sie stößt auf die Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim - Rhein-Neckar-Odenwald. Die ist spezialisiert auf solche Probleme - berät und leitet Frauen (wieder) in ihren Berufsweg. Bei Fernández Castro ging das über ein Mentoring-Tandem. Die Ehrenamtliche Susanne Krüger aus Mannheim half ihr. Sie beriet sie etwa zum Thema „Was bei der Bewerbung besser machen?“. „Einmal wöchentlich haben wir uns getroffen, und es ist eine Freundschaft geworden“, sagt Fernández Castro. Krüger nickt und strahlt. Heute arbeitet Fernández Castro in einer Führungsposition im Welcome Center der Uni Mannheim. Und will selbst als Mentorin Frauen beraten, die die Kontaktstelle aufsuchen.

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Landeswirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut in Mannheim: 30 Jahre Kontaktstelle Frau und Beruf

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Zu dieser kommt an diesem Tag auch Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Denn die Mannheimer Beratung war eine der ersten Kontaktstellen in Baden-Württemberg. 1994 wurde sie vom Land ins Leben gerufen. 30. Jubiläum, ein Grund zum Feiern. Die Ministerin nimmt sich viel Zeit, sucht das Gespräch mit den Beraterinnen. Sie hat Wertschätzung im Gepäck. Frauen aus den frühen Gründungsstunden, so etwa Beate Reichelstein, sind da, geben Einblicke.

Kontaktstelle Frau und Beruf: Alleinerziehende wichtige Zielgruppe

Die Frauen in der Beratung seien sehr unterschiedlich, auch ihre Anliegen. „Wir müssen sehr oft Frauen beraten, die hoch ausgebildet sind“, betont Mannheims Gleichstellungsbeauftragte Zahra Deilami. „30 Prozent der Frauen, die Beratung suchen, haben eine Migrationsgeschichte.“ Alleinerziehende seien zudem eine wichtige Zielgruppe.

v.l. Nicole Hoffmeister-Kraut, Christian Specht, Angela Wendt, Beate Reichelstein, Susanne Krüger, Johanna Fernández Castro, Nina Lehmann und Nour Alhalabi. © Lea Seethaler

Auch Frauen mit niedrigem Verdienst. OB Christian Specht ist an diesem Tag ebenfalls gekommen, um das Jubiläum zu begehen und die Ministerin zu begrüßen. Als jemand, der an der Grenze des Sozialraums vier und fünf aufgewachsen sei, sehe er, der frühe Ansatz der Kontaktstelle war richtig, Frauen so auch aus „familiärem Elend“ herauszuholen. Die damalige Frauenbeauftragte, Ilse Thomas, habe die Kontaktstelle initiiert und geprägt. Das Motto damals wie heute: ermutigen, berufliche Wünsche wahr zu machen. Unbürokratische Beratung ist dabei vor allem Hilfe zur Selbsthilfe, so das Team.

Kinderbetreuung zahlt in Fachkräftegewinnung ein

„Chancengleichheit zu schaffen, ist mir als Frau und als Arbeitsministerin ein Anliegen“, so Hoffmeister-Kraut. Die Kontaktstelle sei klares Bekenntnis, Frauen zurück in den Beruf zu begleiten. Es gehe um individuelle Lebensgestaltung. Darum, unabhängig zu werden, auch finanziell. Selbst im Alter, sind sich Specht und Hoffmeister-Kraut einig.

Historische weibliche Persönlichkeiten zieren die Wände in der Kontaktstelle Frau und Beruf: Beate Reichelstein und Ministerin Hoffmeister-Kraut. Die Ministerin sagt: Das sind Vorbilder! © Leif Piechowski

Und darüber, dass so nicht nur gegen Altersarmut etwas getan wird, sondern zudem gegen den Fachkräftemangel. Mangelnde Vereinbarkeit, auch durch die Betreuungslage, sei dabei ein großes Problem, betont auch Deilami. Fünf Millionen Frauen in Deutschland, hochausgebildet, hätten laut aktuellen Daten keinen Zugang zum Arbeitsmarkt wegen mangelnder Vereinbarkeit. „Ob deutsch oder ukrainisch, das ist hier die gleiche Herausforderung“, so Deilami. Hier sei der Bund ebenso gefragt, die Kommunen nicht allein zu lassen. „Es gibt keinen Mangel, sondern es gibt eine schlechte Gleichstellungspolitik, so könnte man das auch benennen“, so Deilami. Und zudem sei jeder Cent, der in Kinderbetreuung investiert werde, einer, der in Fachkräftegewinnung einzahle.

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Hoffmeister-Kraut sagt: Auch die Betriebe seien gefragt, eine „familienfreundliche Kultur“ zu bieten, etwa mit flexiblen Arbeitszeiten, wenn möglich. „Ich bin dreifache Mutter, ich weiß, wovon ich rede“, so die Ministerin. Deilami erklärt: Viele Frauen in der Beratung hätten hier studiert. Auch wenn sie einen Akzent hätten oder Ähnliches: Sie seien integriert, fühlten sich zugehörig. „Die sind empowered! Wir haben letztens ein Symposium organisiert, bei dem wir einmal Unternehmen empowered haben, damit sie diese Zielgruppe besser entdecken!“ „Ich danke dem Wirtschaftsministerium, dass es die Arbeit der Kontaktstelle fördert“, so Specht schließlich.

Eine weitere Erfolgsgeschichte: Nour Alhalabi findet dank Kontaktstelle Job

Hoffmeister-Kraut erwidert, anlässlich des Jubiläums des Landesprogramms gehe der Dank auch an die Stadt Mannheim, die die Finanzierung maßgeblich vor Ort leiste. Deilami ist darüber sichtlich glücklich. Die Kontaktstelle hat eine weitere Erfolgsgeschichte hervorgebracht.

Nour Alhalabi nahm auch am hiesigen Mentoring-Programm teil. Sie ist im Libanon aufgewachsen, besitzt die syrische Staatsbürgerschaft. Sie studierte Rechtswissenschaften und Journalistik, ist engagiert bei Menschen- und Frauenrechten. Seit sieben Jahren ist sie in Deutschland - und nun Sozial- und Verfahrensberaterin für Asylbewerber bei der Awo. Ein Job, der sie „sehr, sehr glücklich“ macht, sagt sie, und ihre Augen leuchten. Mit möglich gemacht hat es - ehrenamtlich - ihre Mentorin Nina Lehmann.

Mehr Infos im Netz unter www.frauundberuf-bw.de/kontaktstelle-frau-und-beruf-mannheim

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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