Mannheim. „Forever Young“ steht auf dem Riemen von einer ihrer Handtaschen - „Für immer jung“. Denn Birgit Reinemund, die FDP-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, wird zwar 65, „aber ich fühle mich nicht wie 65, das Datum bedeutet mir nichts“, sagt sie. Sie wird daher auch am Donnerstag an einem Infostand Wahlkampf machen, nur abends mit ihrem Mann und der Familie zusammensitzen.
Offiziell hat sie jetzt also das Ruhestandsalter erreicht. Beruflich ist sie schon länger weitgehend im Ruhestand. „Ich mache nur noch ab und zu Beratungsprojekte, helfe jungen Unternehmern und Start ups“, erzählt sie und freut sich, „dass mein Wissen andere zu schätzen wissen“.
Politisch will sie es noch einmal wissen, führt mit Volker Beisel die FDP-Liste für die Kommunalwahl an. Dabei sieht sie sich nicht als Politikerin, sondern als „Stadträtin aus Leidenschaft“, die erst sehr spät zur Politik gekommen ist. In Käfertal aufgewachsen und seit 30 Jahren Feudenheimerin, studierte und promovierte sie nach dem Abitur am Liselotte-Gymnasium in Tiermedizin. Zuerst in Niederbayern tätig, führte sie neun Jahre lang in Feudenheim eine Kleintierpraxis. Dann wechselte sie das Metier und nahm nach einer betriebswirtschaftlichen Weiterbildung 1998 das Angebot an, geschäftsführende Gesellschafterin einer Elektronikfirma zu werden.
Als Fraktionschefin war sie oft unbequem für die Stadtspitze
Als Unternehmerin wuchs ihr Frust über die immense Regulierung und die wachsende Bürokratie - und dagegen wollte sie etwas tun, nicht nur schimpfen. Also trat sie 2002 in die FDP ein und machte da ganz schnell - ungewollt - Karriere, wurde Vorstandsmitglied, fungierte von 2006 bis 2012 als Kreisvorsitzende und erzielte 2009 kurz hintereinander gleich zwei Erfolge: Sie zog im Sommer in den Gemeinderat und im Herbst dann auch noch über die FDP-Landesliste in den Bundestag ein. Dort berief die Fraktion sie auch noch in den wichtigen Finanzausschuss, sie wurde gar - obwohl Parlamentsneuling - zur Vorsitzenden des Gremiums gewählt und erwarb sich parteiübergreifende Achtung.
Das half aber nichts: 2013 flog die FDP aus dem Bundestag. Für Reinemund zahlte sich aus, dass sie trotz Berliner Mandat im Gemeinderat geblieben war. 2014 sowie 2019 wurde sie mit dem jeweils besten Stimmergebnis ihrer Partei als Stadträtin wiedergewählt. Sie übernahm den Vorsitz der Fraktion und erwies sich dabei oft als unbequem für die frühere Stadtspitze unter Oberbürgermeister Peter Kurz. Zugleich war sie eine der Architektinnen des bürgerlichen Bündnisses, das die Wahl des neuen Oberbürgermeisters Christian Specht ermöglicht hat.
Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag arbeitete sie drei Jahre als Geschäftsführerin der FDP-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz. Reinemund entspannt sich bei Tai Chi und beim Fotografieren, aber insbesondere bei der Malerei, der sie sich inzwischen mit großer Leidenschaft widmet. „Träume mit mir den Traum einer bunten, friedvollen Zukunft“ ist dabei ihr Motto. Dabei zeigt sie sich überzeugt, dass sie mit ihrer Kunst die Menschen intensiver berühren kann als mit allem, was sie als Unternehmerin und Politikerin getan hatte, wie sie mal sagte.
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