Schließung

Entsetzen über Kahlschlag im Mannheimer Theresienkrankenhaus

Bis Mitte 2026 sollen alle Stationen im Theresienkrankenhaus dicht sein. Im Mannheimer Gemeinderat zeigt man sich darüber schockiert. Von wie vielen betriebsbedingten Kündigungen die Rede ist.

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Steffen Mack
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Die Rückansicht des Theresienkrankenhauses. Mitte nächsten Jahres soll es geschlossen werden. © Christoph Bluethner

Mannheim. Vor wenigen Tagen berichtete das Theresien auf seiner Facebookseite über eine Ehrungsfeier für seine Jubilare. „Langjährige Mitarbeitende sind der Beleg für eine besondere Verbundenheit mit dem Arbeitgeber“, heißt es da, und: „Vertrauen trägt. Zuversicht leuchtet. Und Achtsamkeit verbindet uns – miteinander und mit Gott.“

Jetzt sind darunter Kommentare hinzugekommen. „Zum Dank haben sie gestern mitgeteilt bekommen, dass das Theresienkrankenhaus nächstes Jahr schließt“, schreibt ein User. Eine Frau meint: „Vertrauen, Zuversicht und Achtsamkeit – aha, das ist ja ein Widerspruch, zu dem, was wir hier grade erleben.“

Die für 2029 geplante Schließung wird um drei Jahre vorgezogen

Am Vortag hatte das Brüderklinikum Julia Lanz bekanntgegeben, die ursprünglich bis 2029 geplante Schließung des Krankenhauses – trotz einer Mitte 2024 ausgesprochenen fünfjährigen Bestandszusage – aus wirtschaftlichen Gründen „zeitnah“ vorzuziehen. Viele Beschäftigte müssen dem Vernehmen nach bis Ende des Jahres ins Diako wechseln. Mitte 2026 sollen dann alle Stationen im Theresien dicht sein.

Für noch mehr Entsetzen sorgt bei vielen, dass sich die Klinikleitung künftig auf vier medizinische Zentren konzentrieren will. Andere Abteilungen (Gefäßchirurgie, Urologie, Hals-Nasen-Ohren und Pneumologie mit Schlaflabor) werden geschlossen. Nach „MM“-Informationen wurde auf einer Personalversammlung nach betriebsbedingten Kündigungen gefragt. Die Antwort soll 350 gelautet haben. Laut einer anderen Quelle ist intern sogar von bis zu 400 die Rede. Die Sprecherin der beiden christlichen Krankenhäuser sagt, es seien 300 bis 350. Derzeit hätten Theresien und Diako zusammen noch rund 2.000 Beschäftigte.

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Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, Reimar Lamade, erklärt auf Anfrage, sie seien sehr betroffen. „Unser Ziel ist es, im Rahmen der Sozialplanverhandlungen gute Lösungen für jeden Einzelnen zu finden.“ Sie vertrauten auf den konstruktiven Austausch mit der Führung.

Erste Kündigungen sollen bereits rausgegangen sein

Erste Kündigungen gingen dem Vernehmen nach bereits raus. Und das Vertrauen vieler Beschäftigter in den Sozialplan soll nicht groß sein, der in der Personalversammlung erlittene Schock umso größer. Die Rede ist von Trauer, Enttäuschung, Wut und sehr schlechter Stimmung. Manche reagieren angeblich mit Krankmeldungen. Namentlich zitiert werden will indes niemand. In der Vergangenheit hat die Klinikleitung auf Kontakte zur Presse unwirsch reagiert.

Auch im Gemeinderat wird die Entwicklung mit großer Sorge gesehen, wie Mitteilungen verdeutlichen. So zeigt sich die CDU „völlig überrascht“ von den Ankündigungen. Die Sorgen der Beschäftigten und der Klinikbetreiber bezüglich der Wirtschaftlichkeit könne man nachvollziehen. Für Mannheim sei indes wichtig, neben der Universitätsmedizin als Maximalversorger noch ein weiteres Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung zu haben. Nun gelte es, den Erhalt des Diako zu sichern und in Gesprächen auch mit dem Uniklinikum Anschlussjobs für Beschäftigte zu schaffen, möglichst im kommenden Verbund mit Heidelberg. Da sei insbesondere Oberbürgermeister Christian Specht als Aufsichtsratsvorsitzender des Klinikums gefragt. Der lässt seinen Sprecher erklären, er stehe bereits in engem Austausch mit den Beteiligten.

Besorgnis auch über medizinische Versorgung in Mannheim

Die Mannheimer Liste spricht von einem schweren Schlag für die medizinische Versorgung. Stadtrat Achim Weizel, früher Chefarzt im Diako-Vorläufer Heinrich-Lanz-Krankenhaus, äußert Zweifel, ob die Einschnitte vom Klinikum aufgefangen werden könnten. Patienten müssten künftig womöglich mit längeren Wartezeiten rechnen. Und für die Beschäftigten der christlichen Häuser sei das ein enttäuschendes Ergebnis der Fusion unter dem Dach der Barmherzigen Brüder Trier.

Zwischen 300 und 400 Beschäftigte müssen mit einer Kündigung rechnen. © Christoph Bluethner

SPD-Fraktionschef Reinhold Götz erklärt: „Auch wenn sich die schwierige Situation am Standort Theresienkrankenhaus bereits abgezeichnet hat, trifft ein vollständiges Aus die Beschäftigten hart. Wir erwarten von der Konzernführung der Barmherzigen Brüder, dass den Mitarbeitenden ein angemessenes Anschlussangebot gemacht wird.“ Und der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch kündigt an, die Problematik in Stuttgart zu thematisieren.

Erste Gespräche über offene Stellen im Klinikum laut Betriebsratschef bereits

Klinikum-Betriebsratschef Ralf Heller berichtet auf Anfrage, dass wegen offener Stellen bereits erste Gespräche liefen. „Ich warne aber vor der Vorstellung, dass wir einfach so alle Gekündigten aus dem Theresien aufnehmen können.“ Schließlich gebe es im Zuge des Verbundes rigide Vorgaben für die Mannheimer Universitätsmedizin. Gleichwohl erwartet Heller sowohl von den Krankenhäusern als auch von der Lokalpolitik, „dass niemanden in die Arbeitslosigkeit entlassen wird“.

Bis vor Kurzem konnten sich Beschäftigte wegen des Fachkräftemangels in der Pflege ihren Arbeitsplatz quasi aussuchen. Das soll derzeit nur noch eingeschränkt gelten. Zum einen wegen der gesetzlichen Personalbemessung, die alle Kliniken erfüllen müssen – auch wenn einige wohl noch Luft nach oben haben. Außerdem hat die Krankenhausreform den Druck massiv verstärkt, ganze Abteilungen zu schließen und sich auf wenige Bereiche zu konzentrieren. Darauf verweist nun auch das Brüderklinikum.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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