Mannheim-Innenstadt - Café Crastan eröffnet nächste Woche im Modehaus AppelrathCüpper / Letztmals vor 60 Jahren von Kossenhaschen genutzt

Einziger Balkon der Mannheimer Planken erwacht aus Dornröschenschlaf

Von 
Christian Schall
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Mannheim. Es ist eine kleine Sensation, die auf den Planken, in P 5, bevorsteht: 60 Jahre nachdem das beliebte und kultige Café Kossenhaschen geschlossen wurde, erlebt die einstige Mannheimer Institution zumindest in Teilen eine Renaissance. Denn dort, wo von 1936 bis 1959 das Kaffeehaus residierte und heute AppelrathCüpper hochwertige Damenmode verkauft, eröffnet Ende nächster Woche in einem Bereich des Bekleidungshauses wieder ein Café.

Dass das neue gastronomische Angebot ausgerechnet im ersten Obergeschoss und in dem Bereich untergebracht ist, der an die Planken grenzt, ist kein Zufall. Denn mit der Eröffnung erwacht auch der Balkon über der Fußgängerzone, der einzige auf den Planken, aus seinem Dornröschenschlaf. 56 Gäste sollen - bei gutem Wetter - dort Platz finden und den Blick auf das Treiben unter ihnen genießen können. Dass es bald soweit ist, freut die Geschäftsleiterin des Modegeschäfts, Penelope Wasylyk: „Es hat mich von Anbeginn gestört, dass wir den Balkon nicht nutzen konnten.“

„Eine neue Epoche“

Der neue Café-Betreiber ist ein Bekannter in der Szene: Peppino Burgio. Bis zum Frühjahr servierte der Italiener Kaffeespezialitäten aus der eigenen Rösterei im Café Crastan in der ÖVA-Passage. Bedingt durch deren Umbau musste er das beliebte Café schließen und war seitdem auf der Suche nach einer neuen Bleibe in der Innenstadt. Von Anfang an war für ihn klar: Ein Standort außerhalb des Zentrums kommt nicht in Frage. Jetzt hat er ihn gefunden.

„Was war, ist für uns vergessen, sagt der Gastronom, „das hier ist eine neue Epoche.“ Nur der Name Crastan bleibt bestehen, wegen der gleichnamigen Rösterei aus La Spezia in Ligurien. Neu sind zum Beispiel die Mitarbeiter, es ist seit der Schließung in der ÖVA-Passage zu viel Zeit vergangen, um sie zu übernehmen. Die Sehnsucht seiner früheren Gäste, die laut Burgio auch aus Frankfurt oder Karlsruhe kommen, ist groß. Sie hätten ihm viele E-Mails geschrieben, um sich nach der Zukunft des Cafés zu erkundigen.

Das gastronomische Angebot wird ähnlich sein wie früher: Kaffeespezialitäten, Trinkschokolade, die bei Gästen beliebten italienischen Croissants, Florentiner und Focaccia, Antipasti, Schinken, Variationen italienischer Käsesorten und, je nach Saison, auch Suppen. Das Gebäck bezieht er aus der Toskana und aus Sizilien, von dort kommen auch die Orangen für frisch gepressten Saft.

„Wir haben die Karte um Aperitive erweitert“, kündigt Burgio an. Auf der Karte stehen unter anderem hochwertige Spumante, Weine und Poretti-Bier aus Italien. „Gute Qualität ist mir sehr wichtig“, betont er. Das etwa 90 Quadratmeter große Café mit 73 Sitzplätzen hat montags bis samstags von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Herzstück ist eine „außergewöhnliche Theke“, die Burgio in Italien bestellt hat.

Das einzige Relikt des alten Kaffeehauses ist der Balkon im ersten Obergeschoss mit dem markanten Geländer. Es zeigt Jagdszenen des Kurfürsten Carl Theodor. „Es ist eine Reminiszenz an das kurfürstliche Mannheim“, erklärt Hartwig Trinkaus von der Heinrich-Vetter-Stiftung, der die Immobilie gehört. Seit der Schließung von Kossenhaschen sei die Veranda nicht genutzt worden. „Der Balkon bleibt so, das Geländer ist gerade so hoch wie der Mindestanspruch“, erklärt Wasylyk.

Beim Umbau mussten die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden, unter den das Gebäude aus den 1930er Jahren fällt. Unter anderem bei der Markise: Sie hat zwar einen neuen Stoff in einem zum Sandstein der Fassade passenden Mokka-Ton erhalten, muss aber weiterhin per Hand aus- und eingefahren werden, mechanisch mit einer Kurbel. Bislang war der Stoff orange - mit unangenehmen Folgen: „Wenn Sie die Markise ausgefahren haben, war auch der Raum orange“, erinnert sich Wasylyk.

Große Unterstützung der Pläne

Indes lobt Burgio, der schon immer vom Balkon „beeindruckt gewesen“ sei, die „gute, gemeinsame Arbeit“ mit den Behörden. Er habe viel Unterstützung für seine Pläne erfahren, auch bei der Vetter-Stiftung. „Der Balkon hat Tradition, wir freuen uns, dass er wieder der ursprünglichen Nutzung zugeführt wird“, sagt Trinkaus. „Der Balkon ist etwas ganz Besonderes“, ergänzt Wasylyk, „die Passanten laufen nicht durch, aber man ist Teil der Fußgängerzone.“

Einen Testlauf gab es im April am Eröffnungswochenende der neuen Planken, bei dem das Modehaus Sekt und Häppchen serviert hat. „Der Andrang war so groß, dass wir den Balkon zeitweise schließen mussten“, erinnert sich die Geschäftsführerin.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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