Zwei Stunden lang ist Karlheinz P. verschwunden. Der 68-Jährige ist mit seiner Frau, seinem Sohn, dessen Tochter und der sechsjährigen Enkelin zum ersten Mal am Rheinauer See. Er umrundet mit seinem Sohn und der Enkelin, die gerade das Seepferdchen bestanden hat, eine kleine Insel, die vor dem Badestrand neben der Wakeboardanlage liegt, dann sagt ihm sein Sohn, er könne zurückschwimmen. Doch statt zurück schwimmt der 68-Jährige hinaus auf den See. Er „verschwimmt“ sich, wie sein Sohn am Montagmorgen vor dem Mannheimer Amtsgericht erzählt, und löst damit bei seiner Familie Panik und am See einen Großeinsatz aus.
Dass die Geschichte, die sich am 26. Juni, einem Sonntag vergangenen Jahres, ereignete, ein gerichtliches Nachspiel hat, liegt jedoch nicht an Karlheinz P., der wohlbehalten wieder das Ufer erreicht. Vielmehr soll es zu verbalen wie tätlichen Zwischenfällen zwischen Feuerwehr und Polizei - die die Schwiegertochter von Karlheinz P., gerufen hatte, nachdem die Suche dreißig Minuten erfolglos verlief - und Peter L. gekommen sein. L. gehört der Großteil des Sees inklusive Strand und Wakeboardanlage. Er soll, so liest es ein Vertreter der Staatsanwaltschaft in Saal 035 des Amtsgerichts vor, die Einsatzkräfte behindert, bedrängt und angegriffen haben.
Suchaktion mit Tauchern, Boot, Drohne und Helikopter
L. weist dies kategorisch zurück. Eloquent und ausführlich berichtet der studierte Germanist, was sich an jenem Nachmittag aus seiner Sicht am See zugetragen hat und lässt dabei kein gutes Haar an den Einsatzkräften. So hätten junge Fahrer der Wakeboardanlage um viertel vor vier - 45 Minuten nachdem Karlheinz P. plötzlich weg war - gemeldet, einen Mann mit roter Badehose und weißen Haaren auf einem Steg sitzen gesehen zu haben. Für L. war damit klar: „Der Herr war gar nicht mehr vermisst.“ Auch eine Überwachungskamera vom Grundstück seines Schwiegersohnes, das sich am See befinde, habe dies aufgezeichnet. Doch die wenig später angerückte Feuerwehr habe dies nicht zur Kenntnis nehmen wollen und eine Suchaktion mit Tauchern, Boot, Drohne, Helikopter gestartet.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Mann mit der roten Badehose sich zwar kurz auf dem Steg ausruhte, dann aber wieder ins Wasser stieg. Er also doch wieder abgängig war. Unstrittig ist auch, dass sich L. offenbar wenig kooperativ zeigte und einen Feuerwehrmann bei einem Gespräch mindestens mit beiden Händen berührt, wenn nicht gar geschubst oder gestoßen hat. L. hatte den Einsatzleiter der Feuerwehr, Wolfgang Kunkel, gefragt, ob sie, die Feuerwehr, denn überhaupt einen Plan habe, was Kunkel, so erzählt es dessen Kollege Christian Weigand, der als Zeuge vor Gericht geladen ist, aufgebracht habe. Es war dann aber L., der Kunkel während des Wortwechsels mit beiden Händen von sich wegstößt oder schubst.
Oberbürgermeister Peter Kurz stellt Strafantrag
Später, der Vermisste ist da wieder aufgetaucht, geht L. außerdem die Polizei an, solle es noch einmal einen Einsatz geben, werde er die Rettungskräfte nicht auf sein Grundstück lassen. Woraufhin der Polizist, Thorsten Hohenadel, ihm erklärt, wenn er Einsatzkräfte behindere, werde er festgenommen. „Daraufhin ist Herr L. brummelnd weggegangen, für mich war die Angelegenheit damit erledigt.“
Für einen ist die Sache aber nicht erledigt, und das ist Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz. Der hat nämlich den Strafantrag gegen L. gestellt. Und nicht etwa Wolfgang Kunkel, der von L. gestoßen worden war. Wie ein weiterer Polizist berichtet, habe Kunkel kein Interesse an einer Strafverfolgung gehabt.
Diesen Umstand nimmt L.s Verteidiger Edgar Gärtner zum Anlass, um anzuführen, dass es bereits seit längerem Streitigkeiten in anderen Dingen zwischen seinem Mandanten und der Stadt Mannheim gebe. „Man wird es nicht beweisen können, aber Herr Kurz ist nicht amused, begeistert, über Herrn L.“ Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, ob es richtig sei, L. zu kriminalisieren, oder ob es nicht auch eine andere Lösung geben könne.
Die Vorsitzende Richterin nimmt dies zur Kenntnis, verweist aber auf den zweiten Sitzungstag am Donnerstag - dann nämlich ist Wolfgang Kunkel, der damalige Einsatzleiter, aus dem Urlaub zurück und kommt zu Wort.
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