Neckarstadt-Ost

Einen Tag ohne Autos und Parkplätze in der Mannheimer Neckarstadt-Ost

Von 
Valerie Gerards
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Spielen oder Fahrradfahren: Beim Parking Day in der Langen Rötterstraße nutzen die Teilnehmenden die frei gewordenen Parkplätze – und auch die kleinsten freuen sich über den neuen Platz. © Valerie Gerards

Mannheim. Basteltische, Sessel und Teppiche in den Parkbuchten, DJ und Tanzfläche auf dem Parkplatz, Bobbycar fahren und Hüpfekästchen mitten auf der Straße: Der Parking Day Mannheim vermittelte am vergangenen Samstag einen Eindruck davon, wie das Leben in der Neckarstadt-Ost ohne Parkplätze und Verkehr aussehen könnte. Für einen Tag war der mittlere Teil der Langen Rötterstraße den Fußgängern vorenthalten.

Organisiert wird der Parking Day Mannheim von einem breiten Bündnis aus Verbänden, Klimabewegungen, Vereinen, Einzelhändlern, Einzelpersonen und Parteien. So waren etwa der ADFC, die Melanchthongemeinde, Surfrider Foundation, Start with a friend, Extinction Rebellion, die Freien interkulturelle Waldorfschule, der Stadtraumservice und die Klimaschutzagentur der Stadt Mannheim, Grüne Jugend und die Linke vor Ort.

Aufruf zu zivilem Ungehorsam

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Parking Day in der Mannheimer Neckarstadt Ost

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„Parkplätze sind eine öffentliche Fläche, die man ganz anders nutzen könnte; zum Spielen oder Fahrrad fahren, aber jedenfalls nicht als ausgelagerte Fläche von irgendwelchem Privateigentum“, macht Daniel Cox von Extinction Rebellion auf die Platzverschwendung durch Parkplätze im urbanen Raum aufmerksam. Die in Großbritannien gegründete Bewegung, die ihren Stand zusammen mit der Klimaliste hat, möchte durch Aktionen wie den Parking Day auch zu zivilem Ungehorsam aufrufen. Ihre Forderungen: Die Wahrheit in Bezug auf Klimakrise und Artensterben sagen, jetzt handeln, Bürgerräte als ergänzendes Gremium in der Demokratie einsetzen.

Wenn Parkplätze zu Parks werden – die weltweite Aktion „Parking Day“

Der Parking Day (Parkplatz-Tag) ist eine jährlich weltweit stattfindende Aktionsform, bei der Parkplätze im öffentlichen Raum temporär in Sitzfläche, Spielplatz, Kunstraum oder Ruheoase umgewandelt werden.

Es entstehen in den Städten Räume, an denen Menschen verweilen, entspannen, spielen, sich austauschen und treffen können.

Das Bündnis möchte mit seiner Aktion auf den Flächenverbrauch durch den Individualverkehr hinweisen. Der Parking Day animiert die Menschen der Stadt dazu, die urbanen Flächen als Lebensraum für Menschen neu zu entdecken. Ganz nach dem Motto: Parkplätze zu Parks.

Die Stadt Mannheim hat 2020 die Beantragung von Parklets (Parkplätze, die zu begrünten Sitzgelegenheit umgestaltet werden), für Gastronomiebetriebe erleichtert. Das soll dabei helfen, die gebotenen Corona-Abstandsregeln der Gäste im Freien umzusetzen.

Gastronomen des gesamten Stadtgebiets können einen entsprechenden Antrag stellen.

Timo und Jan verwandelten den Seitenstreifen mit Teppichen, Sessel und Yoga-Zubehör in ein kleines Wohnzimmer – samt Wurmkiste, die für die Kompostierung von Biomüll in der Wohnung konzipiert wurde. Die wenigsten Städter besitzen einen Garten, in dem sie kompostieren können, benötigen aber hochwertige Erde für ihre Balkonpflanzen. „Ich habe zwei Wurmkisten nach den Vorbildern der beiden größten Anbieter nachgebaut. Die gekaufte Version funktioniert aber einfach besser, und viel günstiger ist das selbst bauen eigentlich nicht“, erklärt Jan.

Um Platz für Grünes ging es bei der Klimaschutzagentur. Sie berät rund um das Thema Dachbegrünung, grüne Fassaden und Vorgärten anstatt graue Flächen und Steinwüsten, Energiesparen, Umweltbildung und Mehrweg in der Gastronomie. „Alles, was wir machen, ist komplett kostenfrei – das leistet sich die Stadt Mannheim“, erklärt Caroline Golly. Am Stand der Klimaschutzagentur konnten die Besucher ermitteln, wie groß der eigene Klimafußabdruck ist.

Fressgasse als Vorbild

Auch die Initiative Start with a friend war vor Ort. Sie bringt Mannheimer in Kontakt mit Menschen, die nach Deutschland eingewandert oder geflohen sind. „Es geht nicht um ein Sprachtandem, sondern um die Begegnung auf Augenhöhe und gemeinsame Aktivitäten, die man auch mich Freunden machen würde“, erklärt Aynur Metin, die Ansprechperson für neue Freundschaften ist.

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Völlig autofrei war die Lange Rötterstraße aber erst gegen Mittag, als das letzte Fahrzeug abtransportiert worden war: Die Polizei und mehrere Abschleppdienste waren den ganzen Vormittag im Einsatz, um die zehn Fahrzeuge zu entfernen, die von der Aktion und dem damit einhergehenden Parkverbot offenbar nichts mitbekommen hatten.

Wie der Aktionstag auch das Leben im Bereich der Langen Rötterstraße verändern könnte, zeigt sich in der Fressgasse, dem bisherigen Ort des Parking Day Mannheim. Hier werden etliche Parkplätze bereits als sogenannte Parklets, begrünte Sitzgelegenheiten aus Holz und Paletten, genutzt.

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