Nur besondere Stücke gestohlen

Einbruch in Mannheimer Buchladen: Täter ein Literatur-Liebhaber?

Seltene Sammlerstücke und alle Gummibärchen fehlen. Beim Mannheimer Traditionsgeschäft Bücher Bender wurde eingebrochen. Der Täter ging gezielt vor. Geschäftsführer Stefan Heeg hat eine Vermutung

Von 
Steffen Mack
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Die aufgebrochene Glasvitrine für Bibliophiles, jetzt mit drei Bildbänden oben als Platzhalter. © Steffen Mack

Mannheim. Buchhandlungen sind, jedenfalls die guten, liebevoll sortiert. Größe spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Schon gar nicht in einer Glasvitrine, über der Bibliophiles steht. Darunter fallen, laienhaft ausgedrückt, besondere Liebhaberstücke rund um Literatur. Bei Bücher Bender in O 4 indes stehen am Donnerstag nur drei dicke Bildbände in jenem Regal. „Als Platzhalter“, sagt Geschäftsführer Stefan Heeg, „damit es nicht ganz so leer aussieht.“ Unten weist ein Schild die Kunden auf den Grund hin, einen Einbruch.

Neben einem niedrigen dreistelligen Geldbetrag und sämtlichen Gummibärchen aus einer für Kinder gedachten Schale habe der Täter offenbar nur Bibliophiles mitgenommen, berichtet Heeg, relativ neue Kleincomputer („die hätte er im Internet leicht zu Geld machen können“) hätten ihn offensichtlich nicht interessiert. Dafür umso mehr eine Mappe von Mehrdad Zaeri mit Illustrationen, die der in der Neckarstadt lebende Künstler zu Otfried Preußlers berühmten „Krabat“-Jugendroman gefertigt habe. Wert: 1500 Euro. Zudem habe der Mann alle Einblattdrucke mitgenommen. Das sind häufig mit Holzschnitten versehene Liebhaberstücke, die man sich in der Regel entweder an die Wand hängt oder in Mappen aufbewahrt. „Das ist schon außergewöhnlich“, sagt Heeg. Die Polizei wundere sich auch.

Einbruch bei Bücher Bender: Nachts ein Geräusch gehört

Bücher Bender, ein Mannheimer Geschäft mit großer Tradition, wird hauptsächlich von der Familie Heeg betrieben. Mehrere Angehörige wohnen über dem Laden. Sein Schwager habe in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zwar ein Rumsen gehört, sagt Heeg. Das sei aber nicht ungewöhnlich. Drei Grossisten hätten Schlüssel und lieferten in den frühen Morgenstunden die täglichen Bestellungen. Denen sei nichts aufgefallen, obwohl die Tat womöglich schon vorher erfolgt sei.

Geschäftsführer Stefan Heeg zeigt eine Mappe – die andere wurde gestohlen – mit „Krabat“- Illustrationen des in Mannheim lebenden Künstlers Mehrdad Zaeri. © Steffen Mack

Der Täter müsse die Tür nach Einschätzung der Sicherheitsfirma, die sie provisorisch repariert habe, mit einem großen Stemmeisen aufgebrochen haben. Dann sei er offenbar zielstrebig zu jener Glasvitrine, berichtet Heeg. Danach habe der Unbekannte noch Schubladen durchwühlt und zwei Umschläge mit Bargeld gestohlen. In einem, für den Verkauf von UNICEF-Karten, hätten etwa 130, 140 Euro gesteckt. Im anderen, für eine Veranstaltung in der Abendakademie, ein ähnlicher Betrag. Die Tageseinnahmen seien in einem Tresor an einem sicheren Ort verwahrt. Den Gesamtwert der Beute könne er bisher nur auf 4000 bis 5000 Euro schätzen, noch sei nicht alles untersucht. Hinzu käme der an Tür und Glasschrank entstandene Sachschaden.

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Auch beim Bibliophilen griff der Unbekannte nicht wahllos zu. Er ließ laut Heeg einen Großteil der Sammlerstücke zurück. Darunter auch noch wertvollere als Zaeris „Krabat“-Illustrationen. Davon gibt es allerdings nur 50 Stück. Bücher Bender hat noch eine zweite in einer Schublade, die der Täter entweder nicht fand oder nicht auch noch wollte.

Buchläden in der Region angeschrieben und vorgewarnt

Es gebe zwar einige Nischen, in denen man so etwas verkaufen könne, erzählt der Geschäftsführer. Das sei aber nicht so einfach. Sein Schwager hat direkt nach dem Einbruch alle Buchläden der Region angeschrieben und vorgewarnt, sollte ihnen etwas aus der Beute angeboten werden. Allerdings hält Heeg auch für gut möglich, dass der Unbekannte die Stücke für sich gestohlen habe. „Wir vermuten es fast.“

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Nun freut sich natürlich niemand, wenn bei ihm eingebrochen wird. Aber stimmt es den Buchhändler nicht vielleicht doch auch ein wenig positiv, dass das vermutlich jemand aus Liebe zur Literatur getan hat? „Wenn er den Zaini gekauft hätte, wäre mir das sehr viel lieber“, meint Heeg. „Wenn ihm der Preis zu hoch war, hätte er mich gerne ansprechen können. Dann wären wir ihm bei den 1500 Euro entgegengekommen, etwa mit einer Ratenzahlung.“ So düster, dass man sich sogar über einen Kunden als Einbrecher ein bisschen freuen muss, ist die Lage der Branche ja keineswegs.

„Es gibt zwar immer weniger Menschen, die lesen. Aber auch viele, die sehr viel lesen“, sagt der Geschäftsführer. Das Buch sei schon oft zu Unrecht totgesagt worden. „Ich bin mir ganz sicher, dass es auch eine Zukunft haben wird.“

Bücher Bender, einer der zehn ältesten deutschen Buchläden, wurde 1775 gegründet. Nächstes Jahr wird ein großes Jubiläum gefeiert. Bei dieser Firmengeschichte ist ein solcher Einbruch natürlich nur eine winzige Randnotiz. Aber eine sehr kuriose. Zumal es laut Heeg so etwas in den fast 250 Jahren noch nie gab.

Sachdienliche Hinweise erbittet die Polizei unter 0621/125 80

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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