Schulsport - Für die neue Grundschule am Buga-Gelände soll es keine eigene Sporthalle geben. Das hat die Stadt bisher immer betont. Unter den Politikern zeichnet sich jetzt ein Umdenken ab.

Disput um fehlende Sporthalle im Mannheimer Neubaugebiet Spinelli

Von 
Bertram Bähr
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Seit dem Baubeginn der Spinelli-Grundschule an der Dürkheimer Straße (l.) im Oktober 2021 hat sich einiges getan. Seit Monaten drehen sich die Kräne, Betonteile wachsen empor. Auf der Freifläche im Bild wäre Platz für eine Sporthalle. © Bertram Bähr

Mannheim. Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her: Am 16. März 2021 stimmte der Gemeinderat einstimmig dem Neubau der zweizügigen Spinelli-Ganztagsgrundschule an der Dürkheimer Straße zu. Die Verwaltung betonte damals: „Eine eigene Turnhalle für die Schule wird nicht benötigt und ist nicht vorgesehen.“ An dieser Aussage gibt es inzwischen erhebliche Zweifel – nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei Stadträtinnen und Stadträten. Das wurde zum einen bei einer internen Gesprächsrunde des Gesamtelternbeirats (GEB) und der bildungspolitischen Sprecher der Fraktionen mit der Leitung der Bertha-Hirsch-Schule, zum anderen bei der Sitzung des Bildungsausschusses des Gemeinderats am vergangenen Donnerstag deutlich. Dazu Fragen und Antworten.

Wieso geht die Verwaltung davon aus, dass die Spinellischule keine eigene Sporthalle braucht?

Die Stadtverwaltung verweist auf die Sporthalle der Bertha-Hirsch-Schule (BHGS) im Rott. Zwischen ihr und dem Spinelli-Standort liegen 800 Meter, sie sei damit in einer „zumutbaren Entfernung“. Außerdem habe sie genügend Kapazitäten, um den Schulsport sowohl der BHS als auch der künftigen Spinelli-Schule abzudecken. In den drei Hallenteilen, so Bildungs-Fachbereichsleiter Lutz Jahre in der jüngsten Ausschusssitzung, seien 90 Sportstunden möglich. Die BHS benötige davon für den Fachunterricht lediglich 24 Stunden.

Wie ist die Position der Bertha-Hirsch-Schule dazu?

Ganz anders. Das hat die BHGS dem GEB und den bildungspolitischen Sprechern in der internen Gesprächsrunde erklärt. Der GEB teilt dazu öffentlich mit, in der Halle stünden eben keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung. Denn die BHGS brauche sie im Rahmen des Ganztags auch für Bewegungsangebote am Nachmittag. Der Elternbeirat und die Eltern der BHS hatten das in einem Schreiben an die Stadt bereits im Februar 2019 betont. Damals stand noch die längst geklärte Frage im Raum, ob es auf Spinelli eine eigenständige Schule oder lediglich eine Außenstelle der BHGS geben solle.

Gibt es weitere Argumente von BHGS und Eltern, die der Position der Stadt widersprechen?

Die gibt es in der Tat. An der Frage, ob ein 800 Meter langer Weg zwischen beiden Standorten für Kinder sinnvoll ist, scheiden sich die Geister. Das betonte im Ausschuss auch Stadträtin Stefanie Heß (Grüne). Sie kann nachvollziehen, „dass das für einen einstündigen Sportunterricht nicht machbar ist. Wenn die Kinder da erst einmal hinlaufen, sich dann umziehen, dann haben sie fünf Minuten Sport gemacht und müssen schon wieder zurücklaufen.“

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Wäre es nicht möglich, Sport-Doppelstunden abzuhalten?

Theoretisch ja. Aber laut Stundentafel haben die Kinder pro Woche lediglich drei Stunden Sportunterricht. Dass diese drei Stunden auf die fünf Tage verteilt werden, so der GEB, „ist konzeptionell ein wichtiger Baustein bei der Rhythmisierung des Unterrichts und nur mit kurzen Wegen möglich“.

Gibt es für Spinelli-Schulkinder Alternativen zur BHGS-Halle?

Die Stadt hat an der Dürkheimer Straße ein Grundstück zwischen Joseph-Bauer-Haus und neuer Schule freigehalten. Sie geht nach wie vor davon aus, dass der TV Käfertal dort eine Sporthalle bauen könnte. Sobald diese stehe, wolle die Stadt Hallenkapazitäten für den Schulsport „anmieten und die Funktion des Ankermieters übernehmen“, schrieb sie Anfang 2021.

Ab wann steht diese Halle voraussichtlich zur Verfügung?

Nach derzeitigem Stand ist völlig unklar, ob es überhaupt eine Halle geben wird. Abgesehen davon, dass während der Buga 2023 keine Bauaktivitäten in diesem Bereich zulässig sind, sieht sich der TVK nicht einmal annähernd in der Lage, dieses Projekt zu stemmen. Als es 2017 die ersten Gespräche mit der Stadt dazu gegeben habe, sei man von Baukosten in Höhe von einer Million ausgegangen, sagt TVK-Vorsitzender Jörg Trinemeier im Gespräch mit dem „MM“. Selbst diese Größenordnung sei für den Verein schon kaum noch vertretbar gewesen. Bereits im Sommer 2020 wurden die Kosten auf mindestens 3,2 Millionen Euro geschätzt. Daher „haben wir gegenüber der Stadt klar kommuniziert, dass wir uns nicht in der Lage sehen, für diese Sporthalle als Bauherr tätig zu werden“. Allenfalls könne der TVK sich vorstellen, dass die Stadt baut und der Verein im Rahmen seiner Möglichkeiten mitfinanziert und danach als Mieter und bei der Pflege der Halle mit ins Spiel kommt.

Ganztagsgrundschule auf Spinelli

  • Mit der Spinelli-Grundschule entsteht die 35. Grundschule Mannheims. Sie wird zuständig sein für das Neubaugebiet mit seinen später einmal rund 4500 Einwohnern.
  • Geplant ist eine Ganztagsgrundschule in verbindlicher Form. Das heißt: Die Ganztagsregelung gilt für die Kinder während ihrer gesamten Grundschulzeit.
  • Die Schule soll zweizügig werden. Sie bietet also Platz für insgesamt acht Klassen, zwei pro Stufe.
  • Der Neubau wird nach den derzeitigen Berechnungen einschließlich Außenanlage 16,645 Millionen Euro kosten. Nicht enthalten ist darin eine theoretisch denkbare Sporthalle. Für sie liegen Schätzungen bei mindestens 3,2 Millionen Euro. Das Gelände für eine Halle wäre vorhanden.
  • Im Oktober 2021 hat der Bau der neuen Grundschule begonnen. Mit einer Inbetriebnahme rechnet die Stadt zum Schuljahr 2023/24. Der Baukörper, der inzwischen erkennbar Form annimmt, soll vor Beginn der Buga im April 2023 fertig sein. 

Wäre die Stadt denn bereit, selbst zu bauen?

Nach derzeitigem Stand nicht. Noch am Donnerstag im Ausschuss betonte Lutz Jahre, man werde den Verein „durch Anmietung unterstützen“, wenn er eine Halle baue. Dabei sei doch längst klar, so der GEB, dass der Verein das nicht könne.

Also muss die Schule dauerhaft auf die Halle verzichten?

Das wäre so, wenn der Verein nicht bauen kann und die Stadt nicht bauen will. Aber das letzte Wort hat der Gemeinderat. Und unter den Politikern zeichnet sich ein Umdenken ab. Nach dem Gespräch mit den bildungspolitischen Sprechern berichtet der GEB von „erfreulicher Einigkeit“ und ist sich sicher: Der „notwendige Hallenneubau wird zeitnah im Sportausschuss behandelt“. Stadtrat Reinhold Götz (SPD) betonte am Donnerstag: „Wenn die Aussage aus der Elternschaft stimmt, bräuchten wir auf jeden Fall eine Sporthalle bei der Spinellischule.“

Geht es bei dieser Diskussion nur um den Bedarf der Schule?

Nein. Der TVK verweist darauf, dass hier ein Wohngebiet für rund 4500 Personen entsteht. Schon jetzt gebe es beim Verein „lange Wartelisten fürs Kinder- und Jugendturnen oder den Gesundheits- und Seniorensport“, sagt Vorsitzender Trinemeier. Angesichts des Zuzugs würden mittelfristig deutlich mehr Sportflächen gebraucht, die Hallenkapazitäten seien dabei der Engpass. Man steuere spätestens mit den neuen Bürgern und Familien auf einen Konflikt zu, „wenn da nichts gemacht wird“.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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