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Der Realitätscheck zur ARD-Serie "Die Notärztin"

Die erste Folge der in Mannheim spielenden ARD-Serie „Die Notärztin“ ist gelaufen. Notarzt Florian Schwöbel macht mit uns den Realitätscheck. Was stimmt? Und was ist erfunden?

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Roland Schmellenkamp
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Sabrina Amali spielt die Titelrolle in der neuen ARD-Serie „Die Notärztin“. Wir haben bei einem echten Notarzt nachgefragt, wie realistisch die Serie ist. © Volker Roloff/ARD

Mannheim. Schon nach einer Minute kommt die erste Kritik von Notarzt Florian Schwöbel: „Die Notärzte werden in Mannheim nicht von der Feuerwehr gefahren!“ So ist das aber in der Serie „Die Notärztin“ dargestellt - offensichtlich hat sich Regisseur und Drehbuchautor Jan Haering in Berlin informiert, da läuft das nämlich so. Schwöbel schaut sich den ersten Teil der neuen ARD-Serie, die in Mannheim spielt, an - der „Mannheimer Morgen“ macht mit ihm einen Realitätscheck. Allerdings sei es auch hier so, dass der Notfallsanitäter das Auto fährt und der Notarzt dabei ist.

"Die Notärztin", Minute 1:36: Notärztin rettet Mann aus Schacht

Notärztin und Notfallsanitäter sind mit Feuerwehr zusammen bei einem Mann, der tief in einem Schacht liegt. Florian Schwöbel: „Realistisch. Die Mannheimer Feuerwehr hat einen Höhenrettungszug, der würde da zum Einsatz kommen.“ Die Hauptdarstellerin sagt: „Ich bin Nina, Notärztin. Wie heisst du?“ Doch Schwöbel würde Patienten nicht duzen und sich auch nicht mit Vornamen vorstellen.

Ein Mann ist in den Kellerschacht gefallen. Feuerwehrmann Pio (Mark Zak, v.l.n.r), Markus (Max Hemmersdorfer) Nina (Sabrina Amali), Paul (Paul Zichner), Billy (Anna Schimigk) und weitere Feuerwehrmänner kommen am Einsatzort an. © Volker Roloff/ARD

"Die Notärztin", Minute 3:13: Eindrucksvolle Funken 

„Es gäbe hier mehrere Möglichkeiten, den Patienten zu retten, zum Beispiel ihn mit einer Trage nach oben zu ziehen und nicht, ein Gitter zum Gebäude aufzutrennen.“ Doch so können Funken sprühen, der Patient muss davor geschützt werden - für einen Film optisch eindrucksvoller als eine Trage. Was Schwöbel stört: „Die diskutieren und machen ihre Arbeit nicht!“ In der Realität habe die bestmögliche Versorgung des Patienten oberste Priorität, Probleme werden in der Regel nach dem Einsatz und nicht vor dem Patienten diskutiert.

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Neue ARD-Serie "Die Notärztin" spielt in Mannheim

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Normalerweise würde man laut Schwöbel bei solch einem Unfall direkt nach dem Eintreffen beim Patienten die Vitalparameter (Puls, Sauerstoffgehalt im Blut, Blutdruck) kontrollieren und noch im Schacht die Erstversorgung beginnen. Dann wird der Verunfallte im Film auf eine Spezialtrage gehoben und im Kopf- und Fußbereich angehoben. „Realitätsfern: Das würde man wegen möglicher Verletzungen an der Wirbelsäule schonend machen und ihn zum Beispiel vorsichtig auf die Seite drehen und die Trage drunter schieben.“

Notarzt Florian Schwöbel. © Prival

"Die Notärztin", Minute 4:14: Patient bedroht Sanitäter

Der Verunfallte ist im Rettungswagen, aber als die Notärztin von „Polizei“ redet, springt er auf, bedroht den Sanitäter, schnappt sich Medikamente und rennt weg - ein Simulant! „Da wären mindestens zwei weitere Sanitäter in der Nähe gewesen und die Feuerwehr würde bei dem Geschrei sofort kommen“, lautet der Kommentar von Schwöbel. „Beim Triggerwort Polizei können Leute aggressiv werden, das habe ich schon mehrfach erlebt!“ Realistisch sei auch, dass manche Leute es auf die Schmerzmittel abgesehen haben: „Wir hatten kürzlich jemanden, der in zwei Tagen fünfmal in der Notaufnahme war.“

"Die Notärztin", Minute 6:08: Unterhaltung über den Vorfall

Ärztin und Sanitäter unterhalten sich über den Vorfall, „eine realistische Konversation“. Anders ist es kurz darauf, als der Feuerwehr-Chef einem Feuerwehrmann sagt, dass der seinen Kram wegräumen soll und dieser widerspricht: „Das würde hier keiner machen.“

„Die Notärztin“: Hintergründe zur Produktion

  • Die Serie „Die Notärztin“ wurde im Sommer in Hamburg und Berlin gedreht, sie spielt in Mannheim. Sechs Folgen werden ab 13. Februar in der ARD zu sehen sein, jeweils dienstags um 20.15 Uhr. Bereits seit 6. Februar sind sie in der ARD-Mediathek abrufbar.
  • Regisseur Jan Haering ging es darum, Spannung aus dem Alltag und nicht aus möglichst spektakulären Einsätzen zu ziehen. Wichtig sind in der Serie auch Teamkonflikte: zwischen Ärzten und Feuerwehr, ein Kollege, der gern andere arbeiten lässt, eine Liebesbeziehung oder private Probleme, die sich in die Arbeit ziehen: So kann ein Kollege keine Überstunden machen, weil er alleinerziehend ist.
  • Serien wie „Die Notärztin“ werden nicht von den öffentlich-rechtlichen Sendern gedreht, dies machen Firmen. In diesem Fall die Polyphon GmbH im Auftrag der ARD-Gemeinschaftsredaktion „Serien im Hauptabendprogramm“ unter Federführung des SWR

Anmerkung des Journalisten: Mehrere Schauspieler „berlinern“ deutlich! Aua! Das geht doch gar nicht bei einer Serie, die in Monnem spielt!

"Die Notärztin", Minute 8:24: Fahndung nach dem Dieb

Die Ärztin fragt den Feuerwehr-Chef, ob nach dem Dieb gefahndet werde, sie habe nämlich das Gefühl, er sei gesundheitlich gefährdet. Schwöbel: „Das würde ich nicht dem Feuerwehr-Chef sagen, sondern der Polizei.“ Wirklichkeitsnah sei aber, dass sie den Vorfall schildere. Das gelte auch für die nächste Szene: Der Sanitäter möchte Urlaub haben, was wegen Personalmangels abgelehnt wird. Auch das Bett für die Notärztin in der Nähe des Einsatzfahrzeuges sei normal.

"Die Notärztin", Minute 12:27: Jugendliche sitzt auf dem Rand eines Flachdachs

Nächster Einsatz: Eine Jugendliche hat sich in ihr Zimmer eingesperrt, die Feuerwehr bricht die Tür auf: „Realistisch.“ Doch sie ist nicht da, sondern sitzt oben auf dem Rand eines Flachdachs. An der Szene äußert Schwöbel Kritik: Ein Feuerwehrmann geht langsam auf die Jugendliche zu, um sie von der Kante wegzureißen. Normalerweise würden die Einsatzkräfte zuerst ein Gespräch beginnen. Gut dargestellt sei aber das Gespräch der Notärztin mit der Mutter: „Psychologie ist ein großer Teil unserer Arbeit.“

"Die Notärztin", Minute 23:33: Kochen auf der Wache

In der Serie wird auf der Wache gekocht, es wirkt wie eine Familienfeier. „Beim Rettungsdienst in Mannheim hat man bei der vorhandenen Einsatzfrequenz dafür leider normalerweise keine Zeit.“

"Die Notärztin", Minute 34:08: Medikamenten-Missbrauch 

Nächster Einsatz bei Nacht: Der Dieb der Medikamente ist mit einem Kumpel beim Museumsschiff, der ist bewusstlos und hatte offenbar viel von den gestohlenen Medikamenten intus. Schwöbel schüttelt den Kopf: „Ich hätte hier unter anderem über eine Maske Sauerstoff gegeben.“

Interview

In Mannheim gedreht: Serie "Die Notärztin" startet am Dienstagabend

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Der Dieb will weg, die Ärztin spricht ihn auf eine mögliche Blutvergiftung an und wirft ihm Antibiotika zu: „Völlig unrealistisch! Das haben wir gar nicht dabei, nur Medikamente für lebensbedrohliche Situationen. Sonst müssten wir eine ganze Apotheke mitführen!“

"Die Notärztin", Minute 37:51: Einsatz bei einem Verkehrsunfall

Der nun folgende Einsatz bei einem Verkehrsunfall ist wiederum realistisch. Die ohnmächtige und schwer verletzte Fahrerin bekommt einen Tubus und wird dann im Lungenbereich abgehört. Schwöbel: „Sehr gut! So kann man feststellen, ob der Schlauch auch in der Lunge ist.

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Es ist auch realistisch, dass durch einen Autounfall die Lunge verletzt werden kann. Und die muss, wie hier zu sehen ist, sofort behandelt werden, sonst können lebensbedrohliche Konsequenzen drohen.“

"Die Notärztin", Minute 41:34: Übergabe im Krankenhaus

Die verletzte Frau trifft im Krankenhaus ein, die Notärztin bleibt im Flur vor dem Raum stehen, in die die Trage geschoben wird. „Völlig unrealistisch: Der Notarzt übergibt an die Ärzte im Krankenhaus. Das ist ein wesentlicher Teil der Rettungskette.“

"Die Notärztin", Minute 43:26: Gespräch mit Kollegen

Notärztin und ein Feuerwehrmann unterhalten sich über die Vorfälle. Schwöbel: „Das ist realistisch. Es ist eine Herausforderung, sich mit den schlimmen Vorfällen zurechtzufinden, ein Gespräch mit den Kollegen nach Einsätzen ist normal und hilft dabei, das Erlebte zu verarbeiten.“

Wie realistisch ist die ARD-Serie "Die Notärztin"? Das Fazit

„Ich habe schon deutlich schlechtere Serien aus dem medizinischen Bereich gesehen“, sagt Schwöbel. „Sie haben sich bemüht, die Einsätze realistisch zu zeigen, nur Einzelheiten sind nicht ganz korrekt. So arbeitet wahrscheinlich zur besseren Übersicht oft nur ein Teammitglied und die anderen stehen herum.

Im Notfall in der Realität arbeiten jedoch oft alle Beteiligten parallel, um dem Patienten möglichst schnell und optimal zu helfen. Auch haben sie sich vor allem die besonderen Fälle ausgesucht. Alltag sind Einsätze wegen zum Beispiel einem Schlaganfall, Herzinfarkt, Atemnot oder anderem optisch nicht so Spektakulärem.“ Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei werde gezeigt, sein Eindruck sei jedoch, dass diese in Mannheim deutlich harmonischer und professioneller ablaufen als in der Serie gezeigt.

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