Mannheim. Es brodelt gewaltig im Handel und der Gastronomie in der Mannheimer Innenstadt. Grund dafür sind vor allem die hohe Anzahl an Demonstrationen, unter denen die Wirtschaft in der City zu leiden hat. Mit jeder größeren Versammlung müssen die Geschäftsleute Umsatzeinbußen hinnehmen, beklagen sie. Die Initiative Mannheimer Innenstadt City Einzelhandel und Gastronomie ließ ihren Ärger kürzlich nun vor allem am Parking Day und der Organisatorin Ines Joneleit aus.
So wurde Joneleit auf der Facebookseite der Initiative im Vorfeld des Parking Day in einem mittlerweile gelöschten Post vom 13. September als „Wolf im Schafspelz“ bezeichnet. Sie wolle die Fressgasse mit der Demo, die am 21. September stattfand, „okkupieren“. Weiter hieß es: „Liebe Frau Joneleit, wir werden Sie mit allen Würden empfangen.“ So werde der wirtschaftliche Schaden eingeklagt, und mit weiteren Anzeigen wurde gedroht. „Des Weiteren brauchen Sie auch keines unserer Geschäfte mehr frequentieren“, schloss der Post ab.
Joneleit und der Parking Day bekommen Frust des Mannheimer Handels ab
Joneleit selbst ist nach eigenen Aussagen am Freitagabend vor dem Parking Day zufällig auf den Post gestoßen: „Ich habe es als Bedrohung wahrgenommen und den Versuch, mich einzuschüchtern“, sagt sie dieser Redaktion. „Ich war gespannt, ob etwas passiert.“ Zuvor habe sie zwar „durchaus wahrgenommen, dass manche Akteure aus dem Handel nicht so zufrieden sind“. Der „gewisse Unterton“ des Posts habe sie aber dennoch sehr irritiert.
Verantwortlich für den Facebook-Auftritt der Initiative ist Alexander Fuessl, Betreiber des Südlandhauses in der Fressgasse. Bereits am 4. September hatte er zu einer Gegendemo zum Parking Day aufgerufen. Im ebenso mittlerweile gelöschten Post hieß es: „Wer Arbeitsplätze vernichten will und sich einer gesellschaftlichen Verantwortung entzieht, indem er die Erreichbarkeit der Geschäft verhindert, sollte zur Rechenschaft gezogen werden.“ Man habe sich dann dochh gegen eine eigene Demo entschieden, um die Sache nicht eskalieren zu lassen, so Fuessl.
Mannheimer Handel: Umsatzeinbußen wegen vieler Demos
Den durch den Parking Day wirtschaftlich entstandenen Schaden will er aber weiterhin bei Joneleit einklagen. „Wir haben vor etwa vier Wochen angefangen, uns massiv über die Vielzahl der Demonstrationen zu beschweren“, sagt er dieser Redaktion. Nun sei wieder ein Samstag mit entsprechendem Umsatzverlust hinzugekommen, obwohl sie die Organisatoren darum gebeten hätten, den Parking Day abzusagen oder in das jetzt stattfindende Erlebniswochenende einzubinden.
So sollte es aber nicht kommen. Also hatte die Innenstadt am Wochenende vom 20. bis 22. September mit drei Versammlungen zu kämpfen: der Demo von Fridays For Future am Freitag sowie der Kidical Mass und dem Parking Day am Samstag. Hinzu kommen in den Wochen und Monaten zuvor neben weiteren Versammlungen vor allem aber auch die vielen Pro-Palästina-Demos.
Doch der Zorn Fuessls und der Initiative richtet sich allein auf Joneleit und den Parking Day. Der Grund: Zusammen sitzen beide als Teil der City Factory des Projekts FutuRaum und beraten über die Entwicklung der Innenstadt, etwa die Umgestaltung der Fressgasse. Joneleit habe sich in Fuessls Augen nun nicht an die getroffene Einigung gehalten, dass die Fressgasse nicht mehr für Autos gesperrt werde. Das war für das Anliegen des Parking Days teilweise der Fall. „Das ist geschäftsschädigendes Verhalten, das sich bewusst gegen die arbeitende Bevölkerung richtet“, unterstellt Fuessl.
„Vielleicht hätte man sich im Vorfeld besser abstimmen müssen“, gibt sich Joneleit einsichtig. Sie sei ob der Aufregung aber auch verwundert: „Der Parking Day richtet sich nicht gegen den Handel. Im Gegenteil.“ Es gehe vor allem um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt, was wiederum auch der Wirtschaft zugute komme. „Der Parking Day soll zeigen, was man mit dem Platz machen kann, der mit einem Pkw besetzt ist. Vielen ist nicht bewusst, wie viel Raum durch Parkplätze genommen wird“, erklärt sie. Es gehe nicht darum, die Autofahrer aus der Innenstadt fernzuhalten, sondern darum, zu zeigen, dass Autos statt an den Straßenrand etwa in Parkhäuser gehören. So seien am Parking Day sowohl die City als auch alle Parkhäuser jederzeit erreichbar gewesen.
Auch IHK-Präsident Manfred Schnabel äußert sich
„Ich finde die Kritik ist zu kurz gegriffen“, sagt Joneleit in Richtung Fuessl. Zumal es bei FutuRaum vor allem auch um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt gegangen sei, „dass die Fressgasse ein Wohlfühlort sein soll zum Einkaufen“, erläutert Joneleit. Ein Thema, mit dem sich auch der Parking Day befasse. Seit 2017 werde der veranstaltet, davon mehrmals auch schon in der Fressgasse. Der Parking Day sei deswegen nicht unbekannt gewesen.
Die Versammlungsfreiheit wolle Fuessl nicht angreifen, betont er. Doch das Maß sei voll, die Belastung nicht mehr tragbar. Die Initiative befürworte deswegen genauso wie die Mannheimer CDU eine Änderung des Versammlungsrechts: „Wir sind für eine Einschränkung, so dass nicht zu jeder Zeit und mit jeder Möglichkeit in einer Geschäftsphase demonstriert werden kann. Da sollte man Orte wählen, an denen kein Schaden entsteht.“
Auch IHK-Präsident Manfred Schnabel hatte sich zu Wort gemeldet. In einer Mitteilung vom 18. September sah Schnabel andere Grundrechte durch die Demos in der Innenstadt berührt, konkret meinte er das Recht auf Ausübung des Berufs. Die Verwaltung sollte deswegen „alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Wirtschaft und Leben in der Innenstadt möglichst wenig zu beeinträchtigen“. Von den Organisatoren forderte er zudem, etwa bei Ort und Routenführung „die Belange der Betriebe und Menschen in der Innenstadt zu berücksichtigen“.
Die Stadt nehme die Belange der Wirtschaft ernst, sagt Petar Drakul, Leiter des FuturRaums und Beauftragter von Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) für die Innenstadt: „Die Belastung der Innenstadt-Wirtschaft durch Dauer-Demos ist immens. Das müssen wir anerkennen und selbstverständlich aufgreifen.“ Drakul, der „beide Seiten versteht“, ist nun bemüht, die Wogen zu glätten: „Ich kann nachvollziehen, dass die Wirtschaft nervös reagiert. Persönliche Angriffe bringen aber niemanden weiter.“
Drakul betont, dass Joneleit, „keine Regeln gebrochen“ habe, eine vorherige Abstimmung aber möglich gewesen wäre. Er hofft nun auf einen Lernprozess bei den Beteiligten und dass der bei FutuRaum begonnene Dialog konstruktiv weitergeführt wird - auch, wenn die Interessen verschieden sein mögen. „Es lief nicht gut. Wir wollen wieder dahin, wo wir im Juli waren. Nämlich, dass wir mehr bewirken können, wenn wir zusammenarbeiten.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Frust im Mannheimer Handel wegen Demos: Dialog geht anders