Mannheim. Wer nicht geimpft ist, muss in Baden-Württemberg seit Mittwoch weitere Einschränkungen in Kauf nehmen. Wie sehen die Menschen in Mannheim diese neuen Regelungen? Wir haben uns umgehört.
Werner Finger und seine 13-jährige Tochter Felicia sind geimpft. Die Karlsruher finden die neue Regel in Ordnung, weil sie ihnen in Restaurants ein besseres Sicherheitsgefühl gibt. Sie glauben, dass die neue Warnstufe dafür sorgt, dass sich mehr Leute testen lassen, allein schon, um Geld zu sparen.
Ein Ehepaar aus dem Raum Heidelberg, das anonym bleiben will, ist sauer. „Wir sind eben von einem Café abgewiesen worden, weil wir einen Schnelltest und keinen PCR-Test haben“, moniert sie. „Ein kerngesunder Mensch wird abgewiesen.“ Sie fühlt sich dadurch unter Druck gesetzt, sich impfen zu lassen. „Ich bin dazu nicht bereit und zu freiheitsliebend.“ Für die beiden gehört es eigentlich dazu, nach einem Einkaufsbummel noch einen Kaffee zu trinken. Restaurantbesuche fallen für sie erst einmal aus. „Wir bleiben weg“, sagt sie.
Eine Mannheimerin, die ebenfalls anonym bleiben will, sieht darin einen versteckten Impfzwang. „Die Schnelltests waren doch gut“, sagt sie. „Die Leidtragenden sind die Gastronomen.“
PCR-Testmöglichkeiten in der Stadt
In Baden-Württemberg müssen seit Mittwoch Ungeimpfte unter anderem in geschlossenen Räumen wie in der Gastronomie, Kino und Fitnessstudios statt einem Schnelltest nun einen PCR-Test vorlegen.
Diese bekommt man in Mannheim unter anderen in der Neckarstadt am Stromwerk, in Neckarau auf dem Parkplatz von Zweirad Stadler. Die Kosten betragen 79 Euro. Buchung unter: www. schnelltestzentrum-mannheim.de
Am Nationaltheater und am Fernmeldeturm kostet der PCR-Test zwischen 54,90 (im Laufe des nächsten Tags), 74,90 (Morning Express) 124,90 (Rapid, nach 20 Minuten) Euro. Buchung unter www.15minutentest.de.
Viel Verständnis vorhanden
Dario Fontanella, Inhaber des gleichnamigen Eiscafés, versteht, dass man Maßnahmen ergreifen muss, und hält sich streng daran. Die meisten Leute wüssten Bescheid. „80 Prozent der Kunden haben Verständnis.“ Dennoch mussten er und seine Mitarbeiter am Mittwoch gut zwei Dutzend Gäste wegschicken. Er ist zudem verärgert, dass sich nicht alle Betriebe an die Auflagen halten. „Deswegen sind wir auch in diese Situation gekommen.“ Doch viele seiner Gäste wüssten es zu schätzen, man sich bei ihm sicher fühlen kann.
Zu ihnen gehört Hanspeter Weiß, der bereits geimpft ist. „Angesichts der Tatsache, dass die Zahlen rasant steigen, ist es die einzige Möglichkeit, die Pandemie in den Griff zu bekommen.“ Dennoch glaube er nicht, dass viele Ungeimpfte einen PCR-Test machen, um einen Kaffee trinken zu gehen. „Es gibt noch die Möglichkeit sich impfen zu lassen.“
Sabriye Kalca genießt den Besuch mit ihren Kindern im Eiscafé. Es sei wohl der letzte für längere Zeit. Sie musste, um aus der Quarantäne zu kommen, einen PCR-Test machen – und nutzt nun die Gunst der Stunde. Einen teuren Test für einen Restaurantbesuch möchte sie künftig nicht machen. Dass sie künftig nicht mehr in den Innenraum von Restaurants gehen kann, ist für sie kein Anreiz fürs Impfen. „Dann ist es halt so.“
Silja hat sich impfen lassen, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und zur Uni gehen kann – wenn auch widerwillig, wie die 19-jährige Studentin verrät. Die PCR-Pflicht findet sie nicht gut. „Es ist eine Sauerei“, schimpft sie. Sie befürchtet, dass es manche dazu bringen könnte, die Tests zu fälschen. Ihre Großtante Renate dagegen war froh, dass sie sich impfen lassen konnte. Die 68-Jährige fühlt sich durch die PCR-Tests in Lokalen sicherer. „Ich kann aber die Sicht der jungen Leute verstehen.“
Walter und Benita Calandi, die Inhaber des Restaurants Perché No, haben bisher noch keinen Verlust an Gästen zu beklagen. „Die meisten sind genesen oder geimpft“, sagt Benita Calandi. Es sei an diesem Mittwoch zwar etwas ruhiger, was aber auch am Wetter liegen könnte. „Wir hoffen, dass die Gastronomie nicht darunter leiden muss und es keinen Rückgang gibt“, sagt sie. „Ich wünsche mir, dass wir alle wieder unser altes Leben zurückbekommen.“
Michelle Klaus, Sandra Schüttler und ihre Tochter Denise genießen den Restaurantbesuch im Freien. „Es ist eine Impfpflicht durch die Hintertür“, sagt Michelle Klaus, die geimpft ist. „Ein ungeimpfter Azubi etwa hat so keine Chance, am Leben teilzunehmen“, spielt Sandra Schüttler auf die Kosten des PCR-Tests an. Denise Schüttler, die nicht geimpft ist, fühlt sich dadurch hin- und hergerissen, ob sie sich doch den Piks verabreichen lassen soll. „Ich weiß nicht, ob ich auf alles verzichten möchte.“ Künftig wollen die Frauen selbst kochen oder den Lieferdienst nutzen.
Ärger über kurzfristige Aktionen
„Wir haben diese Woche einen Kundenrückgang von 50 Prozent“, sagt Roman Kress, der zwei vegane Restaurants in Mannheim betreibt. Über die Neuregelung ist er nicht glücklich. „Ich finde es nicht in Ordnung, wenn man Leute, die sich nicht impfen lassen wollen, abstraft und sie aus dem Alltag ausgrenzt“, sagt er „Wir halten uns natürlich an die gesetzlichen Vorgaben.“ Dennoch ärgert er sich über die kurzfristigen Aktionen, an die sich die Gastronomen halten müssen.
Ungeimpfte, die ins Fitnessstudio möchten, benötigen auch einen PCR-Test. Für Teamleiter Claude Hemmer kein großes Thema. „97 Prozent der Besucher sind geimpft“, sagt er. Amir findet die Neuregelung schlecht. Er ist geimpft. „Leider“, sagt er: „Ich möchte nämlich Sport machen und nicht jeden Tag Geld für einen PCR-Test ausgeben.“ Er glaubt, dass künftig viele Ungeimpfte wegbleiben.
„Es gibt schon ein paar Mitglieder, die sich ziemlich aufgeregt haben“, räumt Trainerin Miriam vom Venice Beach auf den Planken ein. Es gebe aber die Möglichkeit, die Mitgliedschaft pausieren zu lassen und die verbliebene Zeit später dranzuhängen. Raffaele ist geimpft, die neuen Auflagen findet er gut. Er ärgert sich dagegen über Leute, die den Ernst der Lage nicht sehen. „Manche verstehen die Statistiken einfach nicht“, mahnt er.