Mannheim. „Ein Glücksfall“ kommentiert David Linse, Persönlicher Referent von Oberbürgermeister Christian Specht, das, was derzeit im Rathaus auf dem Tisch liegt. Es ist das Angebot einer privaten Investorengruppe, die leerstehenden Teile der U-Halle zu pachten, umzubauen und zu betreiben. Sie planen einen „Ort für Bildung, Begegnung und Bewegung“. Aus einem Raum soll ein Museum, aus einem eine „wandelbare Erlebnis- und Kulturhalle“ werden, mit einem gemeinsamen Empfang in der Mitte.
U-Halle: Der frühere Güterbahnhof der US-Streitkräfte auf Spinelli
Bei der U-Halle handelt es sich um den früheren Güterbahnhof der amerikanischen Streitkräfte auf dem Spinelli-Areal. Aus der Luft gesehen bilden zwei etwa 330 Meter lange Gebäudeschenkel und ein kurzes, verbindendes Stück ein U – daher der Name. Ursprünglich umfasste die riesige Lagerhalle 20.000 Quadratmeter. Schon zur Bundesgartenschau 2023 wurden Außenwände aufgebrochen, Dächer geöffnet. Damals diente der Hallenkomplex für Blumenschauen, Veranstaltungen und Ausstellungsbeiträge.
In diesem Jahr wurden noch bei drei weiteren Teilflächen Dach und Wände entfernt. Das war schon vor der Bundesgartenschau entschieden worden, weil die Halle in der Frischluftzone liegt. Übrig sind nun 8000 Quadratmeter. Ein Großteil steht aber leer. Der Heilbronner Gastronomiebetrieb Küffner, der einen Pachtvertrag über zehn Jahre abgeschlossen hat, betreibt Spinelli-Kitchen für Firmenevents und Familienfeiern sowie nur an Wochenenden im Sommer die Weinbar Apero. Zudem hat der Verein Stadtbild das Lapidarium eingerichtet, also eine öffentlich zugängliche Sammlung historischer Skulpturen und Bauteilen zerstörter oder erneuerter historischer Gebäude sowie der Originale von Denkmälern, die früher auf Bauhöfen verrotteten.
Pläne für Jugendzentrum und Sporthalle schon länger gescheitert
Eigentlich wollte die Stadt in der U-Halle ein Zentrum für Umwelt, Freizeit und Spiel, eine Art Jugendzentrum spezialisiert auf Natur-, Umwelt- und Erlebnispädagogik, gründen und das Jugendkulturzentrum Forum von der Neckarpromenade in die U-Halle verlegen. Das hat sich angesichts von Kosten von mehr als 20 Millionen Euro und der Finanzlage der Stadt als völlig unrealistisch erwiesen. Auch Pläne privater Investoren, eine Trendsporthalle im südöstlichen Gebäudeteil zu errichten, scheiterten - weil die Halle nicht isoliert sowie heizbar ist und die Investitionen den Betreibern zu hoch waren. Auch die Suche nach anderen Mietern war vergeblich. Die Stadt hat im vergangenen Sommer hier einige Veranstaltungen durchgeführt und das Lager vom Spielmobil eingerichtet. Ein Großteil der Fläche ist aber ungenutzt.
Dabei handele es sich um eine „Location mit Potenzial“, ist Kai Kemper überzeugt: „Es ist ein Raum voller Möglichkeiten“, so der Chef der Mannheimer Kommunikations-, Event- und Kreativagentur GO7. Er wurde bekannt durch das Autokulturfestival während der Corona-Pandemie, hat für die Bundesgartenschau Sponsoren akquiriert und von der Sommerbühne Viernheim über die Freiwilligentage der Metropolregion bis zu Firmenevents schon viele Großveranstaltungen organisiert. Er ist aber nur einer der Akteure hinter dem Konzept. Mit dabei sind auch die Gastronomen sowie für die Konzeptentwicklung in erster Linie Carsten Kollmeier.
Der Mannheimer, der lange in Berlin lebte und nun wieder in die Region zurückgekehrt ist, hat sich einen Namen mit besonderen Museumskonzepten gemacht. Im Schwetzinger Schloss zeigte er schon vor über 20 Jahren Werke von Chagall, Dalí, Rembrandt oder zuletzt 2012 Joan Miró. In Berlin initiierte er die Dali-Ausstellung am Potsdamer Platz, das Da Vinci Museum, das Spionagemuseum oder das Samurai-Museum. Sie wollen „gemeinsam einen Ort schaffen, der Menschen verbindet, Wissen erlebbar macht und Mannheim ein neues kulturelles Zentrum bietet“, so formuliert es Kai Kemper. Dabei sei Kollmeier „der Erlebnisentwickler“, der schon gezeigt habe, dass er solche Häuser auf privatwirtschaftlicher Grundlage erfolgreich führen könne.
Zwei Ideen für Mannheim: Museen zu Kaltem Krieg oder Energie
Für die Teile der U-Halle, die als Museum dienen soll, haben die Investoren der Stadt gleich zwei mögliche Konzepte vorgelegt. Präferieren würden sie, weil es gut zur früheren Kasernennutzung passt, ein Cold War Museum. Gerade in einer Zeit, in der es wieder politische Spannungen und Krieg in Europa gebe, wolle man die Zeit des Kalten Krieges „für die junge Generation verständlich machen – interaktiv, greifbar, erlebbar“, formulieren die Initiatoren. Dabei solle der Bogen weit gespannt werden, vom Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion nicht nur bei der Rüstung, sondern auch im All, über Spionage und der Rolle vom Sport (Stichwort Olympiaboykott) bis zur Friedensbewegung. In Berlin hat Kollmeier so ein Museum zeitweise betrieben. „Es wäre perfekt für den Ort, aber es ist nur eine Idee, ein Angebot“, stellt Kai Kemper klar. „Wir sind da offen“, betont er, und wenn es in der Kommunalpolitik dagegen Bedenken gebe, habe man schon eine zweite Idee: ein Energiemuseum mit dem Arbeitstitel „Elektropolis“.
Die zweite Halle solle als „wandelbare Erlebnis- und Kulturhalle“ dienen – etwa für wechselnde Projektionsausstellungen wie van Gogh, Dali, Cezane, für einen digitalen Zoo oder zu Harry Potter oder Titanic. Man könne da aber auch interaktive Angebote machen, von Spielen bis zu Verkehrserziehung. Und das alles im schnellen Wechsel. Als gemeinsamer Empfang mit Kassen, Souvenir-Shop und mehr soll die kleine Querhalle dienen, die während der Bundesgartenschau dem Nationaltheater und Konzerten diente und deren Wände mit riesigen Insekten-Bildern versehen sind.
Investoren planen ein Verkehrskonzept „ohne Belastung für den Stadtteil“
Das Ziel sind 300.000 Besucher pro Jahr je Halle. „Aber da strömen nicht 10.000 Besucher an einem Abend hin wie in der SAP Arena“, stellt Kemper klar. Man wolle zwar Besucherandrang, „aber planbar, steuerbar, gezielt, verträglich für die Anwohner“. Das bedeutet, dass sich Besucher Tickets nur per Internet vorab für bestimmte Zeiträume kaufen können, sodass nur 250 Besucher auf einmal eingelassen werden. Man wolle „eine klare Kapazitätssteuerung“ und zudem Kombitickets mit dem öffentlichen Nahverkehr. Für die Besucher, die per Auto kommen, gibt es das Quartiersparkhaus am Wintertsbuckel. Von dort sind Elektro-Busse zur U-Halle geplant. „Es ist ein Konzept, das den Anwohnern entgegenkommt und Verkehrs- oder Parkprobleme vermeidet“, lobt David Linse: „Die Halle würde belebt, aber ohne Belastung für den Stadtteil.“
Für OB-Referent Linse ist das nicht der einzige Vorteil des Konzepts. Zudem seien „keinerlei öffentliche Investitionen oder Zuschüsse nötig, denn das wäre derzeit nicht darstellbar“, betont er. Um welches Investitionsvolumen es konkret geht, wollen weder er noch Kai Kemper beziffern. „Nicht unerheblich“, sagt Linse nur. Dem Vernehmen nach handelt es sich um fünf bis sieben Millionen Euro. „Wir sind dabei“, sagt Kemper dazu nur, die Gelder zu akquirieren, schließlich sei man noch in einer frühen Phase und habe keinerlei Verträge mit der Stadt, sondern müsse auf die nötigen Beschlüsse warten, bis man konkret loslegen könne. Auch um Zuschüsse von Bund, EU oder Stiftungen werde man sich bemühen.
Der Zeitplan sieht vor, dass bei einem Vertragsabschluss bis Jahresende der Umbau und das Marketing im Jahr 2026 laufen und ab 2027 der Betrieb beginnt.
Auch das Außengelände haben die Investoren im Blick. Zwischen den Hallen oder auf dem Asphaltstreifen nördlich davon könne man, passend zu den Museumsthemen und kostenfrei zugänglich, weitere Angebote machen. Von einem „offenen Kultur- und Bildungspark“ ist im Konzept die Rede. „Aus unserer Sicht spricht nichts gegen die Nutzung dieses Außengeländes“, erklärt Linse dazu. Grenzen seien aber gesetzt durch die umweltrechtlichen Auflagen, die im Außenbereich außerhalb der befestigten Fläche beginnen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Neues Konzept für die U-Halle: Es wäre ein Gewinn