Bilanz 3 Jahre Pandemie

Corona in Mannheim: Von Reiserückkehrern über Ausgangssperre bis zum Impfbus

Genau drei Jahre, nachdem die ersten Corona-Infizierten in Mannheim gemeldet wurden, ist die Lage hier längst stabil. Mit zwei Mitteln zur Bekämpfung der Pandemie fand die Stadt bundesweit Beachtung

Von 
Steffen Mack
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Vor dem städtischen Impfbus bildeten sich – wie hier im Herbst 2021 vor dem Nationaltheater – zeitweise lange Schlangen. © Thomas Tröster

Mannheim. Über Mannheims ersten Corona-Patienten weiß man nicht viel. Nur, dass der 54-Jährige eine Woche vorher von einer Iran-Reise zurückgekehrt war. Vor genau drei Jahren meldete die Stadt, dass er mit sogenannten resipatorischen Symptomen - in Regel schwerer Atemnot - im Theresienkrankenhaus behandelt werden musste. In der Pressemitteilung vom 2. März wurde auch von weiteren Infizierten berichtet: einem 68-jährigen Südtirol-Urlauber und einem 24-Jährigen, der im - seither berüchtigten - rheinischen Heinsberg Karneval gefeiert hatte. Beide kamen in häusliche Isolation.

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Der 54-Jährige im Krankenhaus konnte nach 16 Tagen als geheilt entlassen werden. In die Medien wollte er nicht - als „Patient Zero“ steht man eher ungern da. Aber eigentlich bezeichnet dieser Ausdruck den Ausgangspunkt aller Infektionen. Davon kann bei den armen Mann ja keine Rede sein. Das Virus kam von überall nach Mannheim. Am 1. April wurden die ersten Todesfälle gemeldet, zwei über 80-Jährige.

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Insgesamt sind bisher 548 Menschen, die ihren Erstwohnsitz in dieser Stadt hatten, in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Das ist fast jeder Sechshundertste. Auf Bundesebene ist es sogar rund jeder Fünfhundertste. Berücksichtigt man dabei noch die besondere Sozialstruktur der Metropole, ist Mannheim - zumindest gemessen an den Todesopfern - noch vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen.

Ob das vor allem an der Qualität der Gesundheitsversorgung oder auch am Engagement der Stadtverwaltung lag, darüber mag man geteilter Meinung sein. Fakt ist: Hier wurde viel gegen das Virus unternommen. Am 3. Dezember verhängte die Kommune auf eigene Faust eine nächtliche Ausgangssperre, die Hauptnachrichten im bundesweiten Fernsehen begannen mit Bildern aus Mannheim. Später übernahm das Land diese Vorschrift, bis sie der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof einkassierte.

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Dass einige der staatlichen Eingriffe in der Pandemie - besonders die langen Schul-Schließungen - zu weit gingen, ist heute zwar Konsens. Aber man sollte auch die Nöte der Verantwortlichen sehen, angesichts der steigenden Infizierten- und vor allem Todeszahlen aktiv zu werden. Zumal es auch in Mannheim nicht wenige Menschen gab, die sich noch mehr Verschärfungen wünschten. Dabei zeigte sich ja später in China, wie eine Null-Covid-Strategie selbst bei völligem Ignorieren von Bürgerrechten und individuellen Freiheiten voll nach hinten losging.

Da die allermeisten Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene entschieden wurden, blieben den Kommunen kaum Spielräume. Auch beim Impfen, wobei Mannheim die wenigen nutzte. So vermittelte die Stadt, als die Terminvergabe über das Land lange chaotisch verlief, Senioren eigenmächtig einen Piks in der Maimarkthalle. Bundesweite Beachtung fand der Impfbus, der zunächst in sozialen Brennpunkten, später an zentralen und gut besuchten Orten zum Einsatz kam. Nach Schließung der großen Impfzentren wurde hier auch eines der ersten lokalen eröffnet, erst im Rosengarten, zuletzt in Neckarau.

Dem Impfen wird - in Kombination mit der ansteckenderen, aber in der Regel harmloseren Omikron-Variante - von Experten auch der größte Anteil daran bescheinigt, dass sich das Leben normalisieren konnte. Trotz weitaus höherer Zahlen: Im Oktober 2020 wurde Mannheim mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 50 zum Hochrisikogebiet erklärt, über 200 kam die Ausgangssperre. Als im März 2022 der Höchstwert von 2150 erreicht wurde, fiel das kaum auf.

Nur noch vier auf Intensivstation

Aktuell liegt die Inzidenz bei etwa 100, Tendenz steigend. Erfasst wird aber auch nur noch ein Bruchteil der Fälle, weil die dafür entscheidenden PCR-Tests immer weniger gemacht werden. Schon vor einem halben Jahr ging Gesundheitsamtschef Peter Schäfer davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Infizierten drei Mal höher liegen dürfte. Heute sagt er auf Anfrage, die Dunkelziffer lasse sich nicht mal mehr abschätzen. Einen Grund zur Besorgnis sehe er aber nicht, die Menschen handelten jetzt eben eigenverantwortlich. „Das bedeutet: Wer sich krank fühlt, sollte zuhause bleiben.“ Und mit Masken könne man sich freiwillig schützen.

Auch in den Mannheimer Krankenhäusern gilt die Situation als stabil. Derzeit müssen nur vier Patienten intensivmedizinisch behandelt werden. Zwar hat Zahl der Infizierten auf den übrigen Stationen -aktuell 63 - seit Mitte Februar wieder deutlich zugenommen. Aber diesen Trend gibt es vielerorts, ein Zusammenhang mit Fasnachtsfeiern erscheint nicht abwegig. Und bei den meisten Betroffenen wird das Virus erst nach der Aufnahme entdeckt.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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