Mannheim. Nachdem die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Verantwortliche im Neckarauer Pflegeheim Haus am Park unter anderem wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen hat (wir berichteten), weist der Heimbetreiber, die Mössinger BeneVit-Gruppe, die Vorwürfe zurück. Es gäbe „keine Hinweise auf Pflichtverletzung leitender Mitarbeiter“, eine „lückenlose Dokumentation“ sei zudem vorhanden, heißt es in einer Pressemitteilung.
„Kein Fehlverhalten“ erkennbar
BeneVit-Geschäftsführer Kaspar Pfister könne bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus am Park, nach den ihm „vorliegenden Unterlagen, kein Fehlverhalten erkennen“, wird er in der Mitteilung zitiert. „Schon gar nicht eine strafbare Handlung. Wir werden die Staatsanwaltschaft Mannheim bei ihren Ermittlungen tatkräftig unterstützen und eine umfängliche Dokumentation vorlegen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Beweislage zur Einstellung der Ermittlungen führen wird“, so Pfister.
Wie die Staatsanwaltschaft am Montag mitteilte, dauern die Ermittlungen an. "Weitere Informationen betreffend das Ermittlungsverfahren" seien derzeit nicht möglich, hieß es weiter von der Staatsanwaltschaft. Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz, fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung: Das sind die Straftatbestände, weshalb die Ermittlungsbehörde hinsichtlich der Vorgänge im Haus am Park die Ermittlungen aufnahm, nachdem es dort zu einem massiven Corona-Ausbruch gekommen war - die Strafanzeige hatte das Rechtsamt der Stadt Mannheim am 15. November erstattet, auf Veranlassung des Gesundheitsamtes (wir berichteten am 13. Dezember).
Bei BeneVit hatte es massive Probleme mit der Impfbereitschaft des Personals gegeben: „Wir haben bereits im November 2020 bei einer Umfrage aller BeneVit-Mitarbeiter eine geringe Impfbereitschaft mit rund 30 Prozent festgestellt, so auch in Mannheim“, sagte Pfister im November auf Nachfrage dieser Redaktion zu den Vorgängen im Haus am Park. „Die Leitung in Mannheim soll sich Ende letzten Jahres intern kritisch zur Impfung geäußert haben“, sagte Pfister zudem damals auf Anfrage nach möglicher Impfskepsis auf Leitungsebene des Mannheimer Hauses. Damals erläuterte Pfister auch: Eine Impfung dieser sei aber inzwischen erfolgt. Zudem habe nun auch die Pflegedienstleitung „mit Impfschutz begonnen“.
Pfister hatte sich dann im November nach den Vorfällen für eine Impfpflicht für alle in der Pflege Tätigen ausgesprochen. „Noch besser für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Meine Geduld mit impfunwilligen Mitarbeitern ist nun endgültig zu Ende. Als BeneVit-Gruppe werden wir konsequent dagegen vorgehen und ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Anrechnung von Urlaub und Mehrarbeit freistellen“, kündigte Pfister damals an. Dem ließ er nun Taten folgen: In seinen Pflegeheimen sind nun 62 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigestellt, weil sie sich nicht gegen Corona impfen lassen wollten. Bei 13 werde das Arbeitsverhältnis beendet, so Pfister.
Die Reißleine gezogen
- BeneVit-Geschäftsführer Kaspar Pfister hat in seinen Pflegeheimen 62 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freigestellt, weil sie sich nicht gegen Corona impfen lassen wollten.
- Laut Pfister hätten sich 241 Mitarbeitende nach der Ankündigung entschieden, sich doch impfen zu lassen, elf Mitarbeiter legten ein ärztliches Attest, acht legten einen Antikörper-Nachweis vor. „Bei 13 Mitarbeitern wird das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beziehungsweise Aufhebungsvertrag beendet“, sagte Pfister. Gleichzeitig seien 68 Mitarbeiter eingestellt worden oder aus Mutterschutz oder Elternzeit zurückgekehrt.
- Anfang des Jahres hatte Pfister noch „mit Zuckerbrot“ versucht, die Bereitschaft für Impfungen zu erhöhen: mit Eierlikör für Geimpfte bis 1000 Euro Bonus an Einrichtung oder Pflegedienstteam, wenn die Impfquote über 60 Prozent liegt. (dpa)
Dass die Staatsanwaltschaft ein Verfahren eingeleitet hatte, teilte das Ministerium für Soziales und Gesundheit des Landes Baden-Württemberg dem Mannheimer Landtagsabgeordneten Boris Weirauch (SPD) mit. Weirauch hatte im Landtag eine Kleine Anfrage gestellt, nachdem es in dem Heim zu den Todesfällen gekommen war. Aus der Antwort des Ministeriums ergibt sich, dass 13 Bewohner starben - und damit mehr als bis dahin bekannt war. Wie der „MM“ am 13. Dezember in diesem Zusammenhang bereits berichtete, habe das Heim das Gesundheitsamt nicht rechtzeitig über den Corona-Ausbruch informiert und sogar zugelassen, dass drei positiv getestete Bewohner noch an einem Herbstfest im Innern der Einrichtung teilnahmen und so das Virus weiter verbreiteten. Dass „keine positiv getesteten Bewohner bei interner Veranstaltung zugegen“ gewesen seien, heißt es wiederum nun von BeneVit. „Wir haben erneut sehr intensiv die gesamten Dokumentationen des Mannheimer Haus am Park ausgewertet und können keine Anhaltspunkte finden, die einen Anfangsverdacht auf Pflichtverletzung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestätigen“, so Pfister. Die Hygieneregeln seien im Haus konsequent eingehalten, Anwesenheitslisten, Testprotokolle und Pflegedokumentationen geführt und dem örtlichen Gesundheitsamt fristgerecht übermittelt worden, heißt es in der Pressemitteilung.
Nach „vorläufiger Einschätzung des Gesundheitsamts der Stadt Mannheim könnte pflichtwidriges Verhalten der Einrichtungsleitung zur Weiterverbreitung des Virus in der Einrichtung beigetragen haben“, heißt es dagegen in dem Papier des Ministeriums (wir berichteten am 13. Dezember). Danach wurden bereits am 8. Oktober vier Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnbereichs per Antigen-Schnelltest positiv auf das Coronavirus getestet - aber das Gesundheitsamt wurde demnach nicht informiert. „Da hätten alle Alarmglocken schrillen müssen“, warf Politiker Weirauch der Einrichtungsleitung vor.
Im November hatten dieser Redaktion zudem Angehörige berichtet, dass es im Vorfeld des Ausbruchs eine größere Feier im Heim gegeben haben soll - mit „zu laschen Bedingungen“. BeneVit bestätigte damals dem „MM“, dass am 10. Oktober ein „kleines Herbstfest“ für Bewohner stattgefunden hatte.
Auf Nachfrage dieser Redaktion, ob der massive Corona-Ausbruch seinen Ursprung in der Feier haben könnte, sagte Pfister damals: „Diese Spekulation haben wir auch gehört und sind dem auch nachgegangen. Allerdings haben wir keine konkreten Hinweise, dass dies zutreffend ist.“ BeneVit vermutete zu dieser Zeit, dass die Übertragung durch einen Angehörigen, der sich aufgrund zweifacher Impfung nicht testen lassen wollte und später seine Infektion meldete, oder eine ungeimpfte Mitarbeiterin erfolgt sei, die im Laufe des Dienstes Symptome entwickelt habe.
Mannheim war Auslöser
Jetzt betont BeneVit: „Nach äußerst sorgfältiger Prüfung, besteht kein Anlass für Kritik. Besonders der Vorwurf, positiv getestete Bewohner hätten an einer hausinternen wohnungsübergreifenden Veranstaltung teilgenommen“, treffe nicht zu. „Sowohl die Testergebnisse wie auch die Liste der Teilnehmenden, belegen dies eindeutig“, heißt es in der Mitteilung von BeneVit. Nach Pfisters Information „sei die Infektion durch ungeimpfte, ungeschützte Mitarbeitende hineingetragen worden“, meldete der SWR dazu am Samstag. Die Ereignisse im Neckarauer Pflegeheim hätten ihn dazu bewogen, diesen Schritt - gemeint sind die Freistellungen der ungeimpften Mitarbeiter (Anm. d. Red) - zu gehen, erklärte Pfister am Samstag gegenüber dem SWR. (mit pwr, dpa)
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