Schulleiterwechsel

Berufliche Schulen in Mannheim sind technisch "gut aufgestellt"

Die Leiter der beruflichen Mannheimer Schulen Siemens, List und Gothein gehen in den Ruhestand. Ihre Bilanz: durchwachsen. Technisch gut aufgestellt, baulich mal so, mal so. Aber auf einem Gebiet mangelt es besonders.

Von 
Bertram Bähr
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Im Aushängeschild der Werner-von-Siemens-Schule (WvSS), der hochmodernen Lernfabrik: Nach einem langen Berufsleben ziehen die scheidenden LeiterAlbert Weiß (v.l., WvSS), Peter Sauter (Eberhard-Gothein-Schule) und Peter Bischof (Friedrich-List-Schule) Bilanz. © Christoph Blüthner

Mannheim. Die duale Ausbildung war schon einmal beliebter. Das zeigt sich daran, dass längst nicht alle Stellen besetzt werden können. „Insgesamt gilt es, die Attraktivität des beruflichen Schulsystems zu stärken“: Diesen Satz aus der aktuellen städtischen Schulstatistik können Albert Weiß (63), Peter Bischof (65) und Peter Sauter (64) denn auch unterschreiben. Aber die Leiter der Werner-von-Siemens- (WvSS), Friedrich-List- (FLS) und Eberhard-Gothein-Schule (EGS) loben auch, dass die Stadt um den Wert ihrer beruflichen Schulen weiß. Und so verabschieden sich die Drei – zumindest, was das angeht – in wenigen Tagen mit einem guten Gefühl in den Ruhestand.

„Was in den vergangenen zehn Jahren angestoßen wurde, ist sehr positiv“, blickt Weiß im gemeinsamen Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ auf seine Zeit als Chef der WvSS zurück. Der Schulträger, also die Stadt, habe die beruflichen Schulen bei der Modernisierung stark unterstützt. Was Fachräume und Ausstattung angehe, sei die WvSS „auf dem höchsten Level“, freut er sich. Nicht zuletzt die Lernfabrik 4.0, in Zusammenarbeit mit der FLS vor einem Jahr eröffnet, hat in der gesamten Region eine Leuchtturmfunktion.

Wechsel an drei beruflichen Schulen

  • Von den drei Leitern, die an beruflichen Schulen in Pension gehen, ist Peter Bischof (65) nicht nur der älteste, sondern mit 17 Jahren im Amt der dienstälteste.
  • An der kaufmännischen Friedrich-List-Schule in C 6 war er schon als Referendar, nach Jahren als Regierungsschuldirektor am Regierungspräsidium kehrte er 2005 als Chef zurück.
  • Bischof ist außerdem geschäftsführender Leiter der beruflichen Schulen in Mannheim.
  • Als neuer Chef der Werner-von-Siemens-Schule wurde Albert Weiß 2012 ins Amt eingeführt.
  • Im gewerblich-technischen Bereich zeichnet die WvSS für Elektro-, Automatisierungs- und Informationstechnik verantwortlich. Der Schulleiter, der vor wenigen Tagen seinen 63. Geburtstag feierte, startete beruflich als Technischer Zeichner, holte dann sein Abi nach und studierte in Karlsruhe Mathematik und Physik.
  • An der kaufmännischen Eberhard-Gothein-Schule im Quadrat U 2 arbeitete Peter Sauter (64) 33 Jahre lang.
  • Dort wurde er neben seiner Lehrertätigkeit zum Experten für die Datenverarbeitung. Die Leitungsstelle trat er 2015 an. 

Die einzelnen beruflichen Schulen als Kompetenzzentren, die in die Region ausstrahlen: Diese Entwicklung haben die drei Schulleiter maßgeblich mitgestaltet. Ein Gutachten vor sieben Jahren sei dabei sehr hilfreich gewesen, erinnert sich Albert Weiß. Der Schulentwicklungsplaner Detlef Garbe riet darin „dringend“, die beruflichen Schulen „weiter hochwertig auszustatten“. Was erfolgt sei, so freut sich der WvSS-Leiter rückblickend.

Baulich große Unterschiede

Im gewerblich-technischen Bereich zeichnet die WvSS für Elektro-, Automatisierungs- und Informationstechnik verantwortlich. Sie kooperiert mit über 350 Betrieben aus der Region, wobei das Spektrum vom kleinen Handwerksbetrieb bis hin zum Weltkonzern reicht. Die kaufmännischen Schulen FLS und EGS haben es in aller Regel mit vielen kleineren Betrieben zu tun, bei der EGS zum Beispiel auch mit Arzt- und Zahnarztpraxen oder Apotheken.

Die technische Ausstattung ist das eine, die baulichen Gegebenheiten das andere. Was das betrifft, gehen die drei Leiter mit unterschiedlichen Zufriedenheitsgraden in den Ruhestand. Während an der EGS keine allzu großen Maßnahmen anstehen, ist die Sanierung der kompletten Gebäudehülle an der FLS weit vorangeschritten.

Die WvSS dagegen leidet stark unter der maroden Substanz und den baulichen Unzulänglichkeiten. Abriss und kompletter Neubau stehen im Raum – aber bis es soweit ist, können noch etliche Jahre ins Land gehen (wir berichteten ausführlich).

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Gemeinsam ist den drei scheidenden Schulleiterin die Sorge um den Fachkräftemangel und die Tendenz, dass viele Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden können. Erst vor wenigen Tagen hatten deshalb Industrie- und Handelskammer Rhein–Neckar und Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald Alarm geschlagen.

Auszubildende fehlen

Zwar sind manche Ausbildungsberufe nach wie vor attraktiv – an der WvSS wachsen beispielsweise die Elektronikerklassen, an der EGS sind Berufsbilder im medizinischen Bereich beliebt. Andere dagegen – wie kaufmännischer IT-Bereich, Tourismus, Banken und Versicherungen – seien „Problemkinder“, stellt FLS-Leiter Peter Bischof fest.

Im laufenden Schuljahr, so die städtische Statistik, liegen die Gesamt-Schülerzahlen an öffentlichen und privaten berufsbildenden Schulen mit 14 713 „zum ersten Mal unter 15 000“, im dualen System ist seit 2008 ein Rückgang um 21,7 Prozent zu verzeichnen.

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Dabei mangelt es nicht an Werbung für die Berufe. „Wenn man sieht, mit welch vielfältigen Maßnahmen duale Ausbildung schmackhaft gemacht wird, muss man sagen: Alles, was möglich ist, ist ausgereizt“, sagt Albert Weiß. Die EGS, so Sauter, habe vor Corona 2018 und 2019 große Hausmessen zur Berufsorientierung organisiert – bei denen Firmen und deren Auszubildende die Tätigkeitsfelder vorstellten und ins direkte Gespräch mit interessierten Jugendlichen kamen.

Leitung als „Glücksfall“

Auch die FLS biete seit zwölf Jahren eine Ausbildungsplatzbörse, berichtet Bischof – zuletzt mit 38 Betrieben aus den verschiedensten Branchen. Daraus ergäben sich in jedem Jahr fünf bis zehn Ausbildungsverträge. Und dennoch, so Weiß: „Es kommen nicht genug Jugendliche – oder welche, die die Firma nicht einstellen kann.“ Etwa, weil sie einfach noch nicht so weit sind. Hier greife zum Beispiel die einjährige Berufsfachschule, in der auf eine Ausbildung intensiv vorbereitet werde.

Hört man da zum Ende eines langen Berufslebens Resignation oder Ratlosigkeit heraus? „Nein“, betont Peter Bischof. Von Kolleginnen und Kollegen hat er immer mal wieder den Spruch gehört: „Ihren Job wollte ich nicht machen.“ Für Bischof aber ist und war es ein Glücksfall – und eine Entscheidung, die er jederzeit wieder so treffen würde. Peter Sauter und Albert Weiß sehen das genauso.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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