Der Teleskoparm des Bergungsfahrzeugs fährt aus, wird im Container von Menschen in Schutzanzügen mit drei Fässern beladen und erscheint mit der Fracht wieder in der Sonne. Die runden Behälter sind mit Ruß und Asche bedeckt und sichtbar vom Feuer mitgenommen.
Im nächsten Moment dreht sich das Fahrzeug um 180 Grad und stellt die Fässer zur Begutachtung wieder ab. Es scheint, als seien sie nicht sonderlich schwer, da eine Person sie ohne sichtbare Anstrengung von der Schaufel nehmen kann. Die Bergung des ehemaligem Gefahrstoffs nach dem Chemieunfall im Mannheimer Handelshafen verläuft auch am Donnerstagnachmittag entspannt. Sorgen macht sich vor Ort anscheinend niemand mehr.
Zum Teil ohne Schutzmasken
Auch die Feuerwehrleute bekommen eine Pause nach neun Tagen Dauereinsatz. Zwar sind weiterhin dicke Schläuche verlegt und die Einsatzkräfte sind im Notfall bereit einzuschreiten, von angespannter Stimmung ist allerdings nichts zu spüren. Allein die Menschen, die die Fässer direkt anfassen müssen und zur Bergung in den Container gehen, tragen noch Schutzanzüge. Bei der Begutachtung stehen die Ermittler jedoch auch ohne Schutzanzüge keinen halben Meter neben den abreagierten Chemikalien. Auch neben den geöffneten Türen des Containers haben die Menschen keine besonderen Masken oder Kleidung an.
Unbeteiligte dürfen nicht näher an den Einsatzort. Das sei aber nur deshalb so, um den Einsatz nicht zu stören, erklärt ein Sicherheitsmann am Tor zum Terminal. Und betont: „Gefährlich ist hier nichts mehr.“
Genauso sei es, hat kurz zuvor Sicherheitsdezernent und Erster Bürgermeister Christian Specht bei einer Pressekonferenz an der Hauptfeuerwache erklärt: „Wir können ausschließen, dass es noch zu Reaktionen kommt.“ Er selbst sei ebenfalls ohne Schutzmaske am Einsatzort gewesen. „Dennoch behandeln wir jedes Fass, das wir bergen, so, wie wenn es Gefahrgut wäre“, sagt Specht: „Wir möchten auch das kleinste Risiko ernst nehmen.“
Dass die Risiken für die Einsatzkräfte gleichwohl minimal seien, könne man der vorsichtigen Vorgehensweise im Vorfeld zuschreiben. „Zunächst den Container zu kühlen, lange zu kühlen, auch keinen anderen Stoff einzuführen, das hat sich als die richtige Entscheidung herausgestellt“, blickt Christian Specht zurück.
Am ersten Tag der Bergung konnten die Einsatzkräfte 100 Fässer herausholen – und damit in etwa die Hälfte des Containerinhalts. Der Rest werde bis Freitagmorgen geborgen sein, zeigt sich der Dezernent am Donnerstagnachmittag zuversichtlich. Der Container werde dann „komplett ausgeräumt“ sein, „die Fässer registriert, dokumentiert, untersucht, von der Staatsanwaltschaft freigegeben“.
Ursachenforschung steht noch aus
Danach könne der Abtransport zur BASF beginnen. Und endlich auch das Terminal wieder freigegeben werden. Die betroffenen Firmen erwarteten, dass sie ihre Arbeit rasch wieder aufnehmen können. Schließlich sei an diesem Standort „eines der zentralen Terminals. Hier wird umgeschlagen vom Binnenschiff auf Lkw, auf Bahn und umgekehrt.“
Mit der Krisenbewältigung zeigt sich Specht sehr zufrieden. „All das, was wir im Einsatz hatten, hat funktioniert“, von den Sirenen über die Warn-Apps bis zur analytischen Taskforce. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten habe hervorragend geklappt. Besonders würdigt Specht den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr. Das zeuge „vom ganz großartigen Ehrenamt in unserer Stadt“. Vor der Arbeit der Einsatzkräfte, die mit Atemschutzmasken und -anzügen zugange sind, hat er großen Respekt: „Nach einer halben Stunde ist man da schon durchgeschwitzt, selbst am Abend und in der Nacht. Das war schon eine großartige Leistung.“
Zur Ursache des Gefahrgut-Unfalls hat der Sicherheitsdezernent noch keine Erkenntnisse: „Was diese Reaktion ausgelöst hat, lässt sich nicht sagen.“ Deswegen sei es wichtig, ganz akribisch vorzugehen: „Jedes einzelne Fass wird nummeriert, fotografiert, dokumentiert. Und die Experten stehen dabei und analysieren das.“ Schließlich gehe es um ein „chemisches Alltagsprodukt. Zeitgleich mit diesem Container fahren zig andere mit dem gleichen Inhalt über die Weltmeere oder werden an Häfen gelöscht, ohne dass seit vielen Jahren etwas passiert ist.“ Auch deshalb habe der Hersteller, die BASF, „ein großes Interesse daran, dass das aufgeklärt wird“.
Müssen die potenziellen Gefahren, die vom Hafen ausgehen, neu bewertet werden? Eine Gefahrenbeurteilung gebe es nach jedem größeren Einsatz, antwortet Specht. Dem will er nicht vorgreifen.
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