Musik

Benefizkonzert in Mannheim: Verklärung der besonderen Art

Lehrende der Musikhochschule spielen zugunsten der Aktion „Wir wollen helfen“ ein Konzert mit Werken von Bedrich Smetana und Arnold Schönberg in der Aula der Universität

Von 
Uwe Rauschelbach
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Professoren der Musikhochschule, darunter Rektor Rudolf Meister, spielen in der Aula des Schlosses für den guten Zweck. © Christoph Blüthner

Mannheim. Tragische wie tröstliche Erfahrungen sind in der Musik Bedrich Smetanas und Arnold Schönbergs in besonderer Weise konserviert. Deshalb kommt ihnen, nicht nur wegen der runden Geburtstage Smetanas (200.) und Schönbergs (150.), eine hohe Relevanz in einem Konzert zu, das künstlerische Ambitionen mit einem karitativen Zweck verknüpft. Lehrende der Mannheimer Musikhochschule stellen ihr professionelles Können der Aktion „Wir wollen helfen“ des „Mannheimer Morgen“ zur Verfügung. In der Aula der Universität geben sie mit Smetanas Klaviertrio g-Moll und Schönbergs „Verklärte Nacht“ ein Konzert, das zudem über seine örtliche wie zeitliche Randlage triumphiert.

Mit dem aus baulichen Gründen geschlossenen Rittersaal muss dieses für Sonntagvormittag angesetzte Benefizkonzert auf seinen angestammten Aufführungsort verzichten. Der Saal soll ab Frühjahr wieder zur Verfügung stehen, wie der Rektor der Musikhochschule, Rudolf Meister, hofft. Dann nämlich wollen Lehrende und Studierende während der Vorlesungszeit an jedem Montagabend ein Kammerkonzert in wechselnden Formationen veranstalten. Den Musizierenden soll das Spielpraxis bringen, den Zuhörenden musikalischen Genuss.

Dankbare Unterstützung und emotionale Klänge im Advent

Meister äußert sich im Rahmen der Hilfsaktion dankbar für die langjährige und „reibungslose“ Zusammenarbeit mit dem „Mannheimer Morgen“. Auch Peter W. Ragge, zweiter Vorsitzender des Vereins „Wir wollen helfen“ dieser Zeitung, spricht den Vertretern der Musikhochschule einen großen Dank aus. In der Adventszeit komme die Unterstützung vor allem Kindern und älteren Menschen zugute, deren Lebensverhältnisse unter mangelnder finanzieller Absicherung litten. Etwas Spielzeug und ein warmes Essen – dank des Verzichts der Künstler auf Gagen kann es für solche vermeintlich hoffnungslosen Fälle doch noch Weihnachten werden.

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Von Schmerzerlebnissen der besonderen Art weiß auch Bedrich Smetanas Klaviertrio zu berichten, wie Meister erläutert. In seiner Musik sei die tiefe Trauer über den frühen Verlust der Tochter eingeflossen, sagt Meister, der sich dann selbst an den Flügel setzt. Schon das Geigensolo Marco Rizzis bringt dramatische Akzente einer Komposition zur Geltung, die von heftigen Bewegungsimpulsen durchdrungen ist. Dazwischen tun sich Lichtungen auf, die das Trio mit lyrischem Empfinden betritt, ohne den Verlockungen des Idyllischen zu erliegen. Die Synchronizität im Trio mit Francis Gouton am Cello ist bestechend, zugleich eignet dieser in tiefen Seelengründen wurzelnden Musik vor allem im zweiten Satz etwas Verspieltes, geradezu sorgloses.

Die wehmütige Passage des dritten Satzes mit seiner Mischung aus innerem Rückzug und trotzigem Aufbegehren rührt ans Herz; mit Gespür für die in Trübnis wuchernden und ins Helle emporwachsenden Stimmungen schaffen die drei Instrumentalisten ein Konzerterlebnis auf hohem Niveau.

Ein filigranes Gewebe, bis zum Zerreißen gespannt

Für die Aufführung von Arnold Schönbergs „Verklärte Nacht“ hat sich ein Streichsextett formiert, das dieses spätromantische Werk mit seiner Tradition und Moderne bruchlos verknüpfenden Ästhetik würdigt. Viviane Hagner und Elena Graf (Violine), Hideko Kobayashi (Viola) und Francis Gouton (Cello) als Angehörige der Musikhochschule musizieren mit Gastmusikerin Naomi Ogino (Viola), Petru Iuga verstärkt das Cello am Kontrabass. Gemeinsam heben sie das Stück wie aus einem dunklen Urgrund empor; feine Grade der dynamischen Differenzierung lassen sich ausmachen – ein filigranes Gewebe, das bis zum Zerreißen gespannt erscheint, etwa wenn das Stück nach einem expressiveren Ausdruck strebt.

Der Vortrag im Sextett ist von hoher Eindringlichkeit geprägt; mit emphatischer Zuwendung wird die narrative Textur der „Verklärten Nacht“ zum Klingen gebracht: Richard Dehmels Gedicht über das brisante Geständnis einer Schwangeren beschreitet den inneren Weg von erschütterter Verzweiflung bis zu barmherziger Annahme. Mögen die beiden Menschen, die da im alle Geheimnisse aufdeckenden Mondlicht durch den „kahlen, kalten Hain“ spazieren, auch nicht Josef und Maria heißen, so gemahnt der von Schönberg musikalisch nachvollzogene Weg von der Dunkelheit der Nacht in einen versöhnlichen Morgen an eine alte Geschichte. In dieser ist zwar nicht von einem Mond, aber von einem umso heller strahlenden Stern die Rede. So etwas kann sich selbst an einem Sonntagvormittag und in einer Einrichtung ereignen, die nüchterner Ratio und faktischer Wissenschaft verpflichtet ist. Eine Verklärung der besonderen Art eben.

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